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„Wann kümmert sich Habeck darum?“Iran droht mit „Überprüfung“ der Nukleardoktrin – und deutsche Exporte steigen

Lesezeit 4 Minuten
General Amir Ali Hadschisadeh, Kommandeur der Luft- und Raumfahrtabteilung der iranischen Revolutionsgarden, steht auf einem Raketen-Testgelände. Der Iran droht nach dem Angriff auf Israel mit der Entwicklung einer Atombombe. (Archivbild)

General Amir Ali Hadschisadeh, Kommandeur der Luft- und Raumfahrtabteilung der iranischen Revolutionsgarden, steht auf einem Raketen-Testgelände. Der Iran droht nach dem Angriff auf Israel mit der Entwicklung einer Atombombe. (Archivbild)

Nach Irans Angriff auf Israel bleibt die Lage angespannt. Norbert Röttgen kritisiert derweil die deutsche Wirtschaftspolitik.

Während Teheran mit der Änderung seiner Atomdoktrin droht, sind die deutschen Exporte in den Iran zuletzt gestiegen. Angesichts der angespannten Lage nach Irans erfolglosem Angriff auf Israel wird daran nun Kritik laut. „Deutsche Exporte in den Iran sind deutlich gestiegen. Exportiert werden vor allem Maschinen, die dem Mullah-Regime als Bauteillager für ihre Drohnen-Produktion dienen“, kritisierte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen am Donnerstag auf X (vormals Twitter). „Wann kümmern sich Herr Habeck und das Wirtschaftsministerium darum, diesen Handel einzustellen?“, fügte Röttgen an.

Trotz verschärfter Sanktionen gegen den Iran sind die deutschen Exporte in das Land zu Jahresbeginn deutlich gestiegen. Von Januar bis Februar wuchsen die Ausfuhren um gut ein Fünftel (22 Prozent) auf 241 Millionen Euro, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte.

Deutsche Exporte in den Iran wachsen um gut ein Fünftel

Die Importe sanken um mehr als 13 Prozent auf 41,2 Millionen Euro. Zu Jahresbeginn wurden hauptsächlich Maschinen sowie Chemie- und Pharma-Erzeugnisse aus Deutschland in den Iran exportiert. Aus dem Iran importiert wurden im Januar und Februar vor allem Nahrungsmittel, darunter vor allem Pistazien sowie Textilien wie geknüpfte Teppiche.

Vor dem Hintergrund der militärischen Spannungen in Nahost hat ein iranischer Kommandeur unterdessen Andeutungen gemacht, dass das Land einen neuen Kurs bei seinem Atomprogramm einschlagen könnte.

Iran droht nach Angriff auf Israel mit „Überprüfung der nuklearen Doktrin“

Sollte Israel den Iran mit Angriffen auf iranische Atomanlagen drohen und das Land damit unter Druck setzen wollen, sei eine „Überprüfung der nuklearen Doktrin und Politik der Islamischen Republik“ sowie ein Abkommen von alten Grundsätzen „möglich und denkbar“, sagte der Kommandeur für nukleare Sicherheit, Ahmad Hagh-Taleb, laut der Nachrichtenagentur Tasnim am Donnerstag.

Bisher hatte Irans Staatsführung immer betont, nicht nach Nuklearwaffen zu streben und das heimische Atomprogramm für rein zivile Zwecke zu nutzen.

Nach dem Großangriff des Irans auf Israel am Wochenende haben sich die Spannungen zwischen den verfeindeten Staaten erheblich verschärft. Es besteht die Sorge vor einer Ausweitung des Konflikts im Falle eines harten israelischen Gegenschlags. Hintergrund der Attacke des Irans ist ein mutmaßlich israelischer Angriff auf das iranische Botschaftsgelände in der syrischen Hauptstadt Damaskus, bei dem Anfang April zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden getötet wurden.

„Wir streben nicht nach Atomwaffen, wenn wir es tun würden, hätten wir es verkündet“

Bereits in den vergangenen Monaten hatten frühere iranische Spitzenpolitiker Andeutungen gemacht, dass die Islamische Republik technisch in der Lage sei, Kernwaffen zu bauen. Irans ehemaliger Atomchef Ali Akbar Salehi wurde in zwei Interviews darauf angesprochen, dementierte jedoch militärische Absichten.

„Wir streben nicht nach Atomwaffen (…) wenn wir es tun würden, hätten wir es verkündet“, fügte er hinzu. Trotzdem hatte auch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) nach Salehis Worten Sorgen geäußert, dass der Iran über die technischen Möglichkeiten eines Atombombenbaus verfüge.

Derzeit reichert der Iran Uran bis zu einem Reinheitsgrad von 60 Prozent an, für Atomwaffen werden Experten zufolge mehr als 90 Prozent benötigt. Kritiker hatten in der Vergangenheit Zweifel an einer zivilen Nutzung von derartig hoch angereichertem Uran geäußert.

Irans Staatsoberhaupt hat Massenvernichtungswaffen verboten

Dass sein Land nicht nach Atomwaffen strebe, begründete der frühere Atomchef auch mit einer Fatwa, einem religiösen Rechtsgutachten, durch Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei. Irans Staatsoberhaupt hatte darin Massenvernichtungswaffen verboten. Chamenei hat in allen strategischen Fragen in der Islamischen Republik das letzte Wort.

Der Iran hatte sich 2015 in einem Abkommen verpflichtet, sein Atomprogramm stark einzuschränken. Im Gegenzug wurden Sanktionen aufgehoben. Der Pakt, der den Bau iranischer Atombomben verhindern sollte, wurde 2018 vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump aufgekündigt. Im Gegenzug baute Teheran die Anreicherung von Uran stark aus und schränkte IAEA-Kontrollen ein.

Den Angriff auf Israel, der aufgrund der israelischen Luftabwehr nahezu folgenlos blieb und Teheran in der arabischen Welt einigen Spott eingebracht hat, nutzt das Regime im Iran unterdessen auch für innenpolitische Propaganda, wie die Journalistin Natalie Amiri bei X berichtete.

Iran nutzt Angriff auf Israel für Propaganda

„Brüsten, herunterspielen, dementieren und dann wieder zündeln“, beschrieb Amiri die „Überlebensstrategie“ des Regimes in Teheran anhand eines von der staatlichen Nachrichtenagentur Irna veröffentlichten Videos über Irans Angriff auf Israel. Dort sind Aufnahmen von Raketenstarts, iranischen Drohnen, Gefechtsständen und angeblichen Explosionen in Israel zu sehen.

Wie es im Nahen Osten weitergeht, bleibt zunächst offen – und dürfte auch von der israelischen Antwort auf den iranischen Angriff abhängen. UN-Generalsekretär António Guterres hat am Donnerstag jedenfalls ein düsteres Bild der Lage im Nahen Osten gezeichnet.

Vor dem Sicherheitsrat warnte er am Donnerstag davor, dass sich der Krieg im Gazastreifen nach dem iranischen Angriff auf Israel zu einem „umfassenden regionalen Konflikt“ ausweiten könnte. „Der Nahe Osten steht am Abgrund. In den letzten Tagen ist es zu einer gefährlichen Eskalation gekommen – in Worten und Taten.“ (mit dpa/afp)