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Jahrestag der Vereinten Nationen70 Jahre voller Misserfolge

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Der Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York.

Washington – Es waren bedeutungsschwere Sätze, die Ende Juni 1945 durch das Opernhaus von San Francisco hallten. US-Präsident Harry Truman sah eine Ära auf die Welt zukommen, in der alle Menschen in Würde und Freiheit leben könnten. Minuten später wurde die Charta der Vereinten Nationen unterzeichnet. Sie bildet seither das Grundgesetz der internationalen Gemeinschaft. 70 Jahre sind seit diesem Tag vergangen, und man wird sagen müssen, dass die Vereinten Nationen eine Enttäuschung sind. Gegründet auf den Trümmern des folgenreichsten Krieges der Geschichte sollten die UN fortan Kriege verhindern. Geschehen ist das Gegenteil: Die Mitgliedsstaaten haben Trumans Appell, die Ideale der Charta zu wahren, in den vergangenen Jahrzehnten wissentlich und aus egoistischen Motiven heraus missachtet.

70 Jahre nach Verabschiedung der UN-Charta gehören Kriege wie zuvor weiter zu dieser Welt. Angesichts der Vielzahl von Konflikten hat Papst Franziskus von einer Art drittem Weltkrieg gesprochen, „der stückweise geführt wird“. Doch die Vereinten Nationen sind wie gelähmt.

Eigeninteressen vor Frieden

Das liegt vor allem an der Selbstblockade des wichtigsten UN-Gremiums, dem Sicherheitsrat. Wie zu Zeiten des Kalten Krieges sind die fünf Vetomächte USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich mehr damit beschäftigt, Eigeninteressen über die Aufgabe der Friedenserhaltung und des Friedensschaffens zu stellen. Besonders deutlich wird das am Beispiel Syrien. Trotz einer Viertelmillion Toten ist es dem Sicherheitsrat nicht gelungen, eine wirksame Resolution zu verfassen. Es ist atemberaubend, wie zynisch sich Russland verhält. Solches Verhalten hat Tradition. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs glaubten nicht nur Berufsoptimisten, es werde nun ein Goldenes Zeitalter der internationalen Kooperation aufziehen. Doch spätestens nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 waren es die USA, die jegliches Interesse an einer kooperativen Haltung verloren und das auch offen zeigten. Die Regierung von George W. Bush suchte zwar formal nach einer UN-Zustimmung für den Einmarsch in den Irak, erklärte die Vereinten Nationen aber umgehend für irrelevant, als diese Zustimmung nicht erfolgte.

Das war ein Sündenfall, der wieder zu einer Blockade im Sicherheitsrat geführt hat. Wenn entscheidende Mitglieder die UN missachten, dann muss sich niemand wundern, dass sie als eine wirkungslose Organisation wahrgenommen werden. Eine Lösung des Problems wird seit langem debattiert. Der Sicherheitsrat muss erweitert werden – mindestens. Besser wäre es, wenn die fünf Siegermächte des Zweiten Weltkriegs ihr Vetorecht verlören.

Reform unmöglich

Doch dazu wird es nicht kommen, denn eine Reform des Sicherheitsrats ist so unwahrscheinlich wie die Wiederwahl von George W. Bush zum US-Präsidenten. Russland will weiter zu den großen Fünf gehören; China will Japan oder Indien nicht im Sicherheitsrat haben; die USA könnten sich wohl mit einer Erweiterung abfinden, solange die neuen Mitglieder kein Vetorecht erhalten; Großbritannien und Frankreich werden ihre Sitze nicht für einen EU-Sitz aufgeben. Zur Friedenssicherung und zur Friedenserhaltung taugen die Vereinten Nationen wenig. Politisch sind sie enttäuschend. Man darf aber nicht vergessen: Die UN sind das Weltsozialamt – ohne Flüchtlingshilfswerk, Weltgesundheitsorganisation, Welternährungsprogramm wäre die Welt ein noch dunklerer Ort.

Vor allem aber hat noch niemand eine Idee gehabt, wie eine Alternative aussehen könnte. Womöglich gibt es sie auch gar nicht. Dazu hat wiederum der frühere US-Botschafter Stevenson eine gute Geschichte erzählt. Als Adam Eva einen Heiratsantrag machte, zögerte Eva. Worauf Adam fragte: „Gibt es hier noch einen anderen?“