Massenproteste in KasachstanRegierung kappt Bevölkerung das Internet
Nur-Sultan – In der von schweren Unruhen und militärischem Einschreiten gegen Demonstranten erschütterten Republik Kasachstan scheint abermals das Internet abgeschaltet worden zu sein. Die Webseiten des Präsidialamts und anderer Regierungsbehörden waren in der Nacht zu Donnerstag ebenso wenig zu erreichen wie jene von Flughäfen und Polizeibehörden, wie die russische Staatsagentur Tass berichtete.
Auch aus Deutschland waren Internetseiten wie die der staatlichen Nachrichtenagentur Kazinform und anderer Medien nicht abrufbar. In der Millionenstadt Almaty herrschte laut Tass ein kompletter Internetausfall, soziale Netzwerke als zentrales Koordinierungsinstrument von Demonstranten waren damit lahmgelegt.
Kritiker bemängeln fehlende Pressefreiheit in Kasachstan
Bereits am Mittwoch war das Internet in dem autoritär regierten Land über Stunden abgeschaltet gewesen - vermutlich, um neue Versammlungen zu erschweren. Mehrere Fernsehsender stellten den Betrieb ein.
In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die ehemalige Sowjetrepublik auf Platz 155 von 180 Ländern. „Die Regierung Kasachstans hat in den vergangenen Jahren fast alle Oppositionsmedien mit Schadensersatzklagen und gezielten Angriffen auf Journalisten zum Schweigen gebracht“, heißt es auf der Webseite der Organisation.
„Kritische Fernsehsender gibt es nicht mehr, im Radio laufen kaum Informationsbeiträge, sondern vor allem Musik und staatlich vorgeschriebene Nachrichten. Verleumdung ist eine Straftat und wird bei Kritik an der Regierung geahndet. Viele Journalisten zensieren sich selbst.“
Kasachstan: Regierung ordnet Hilfe aus Russland an
Die Lage in Kasachstan war zuletzt dramatisch eskaliert. Auslöser der größten Protestwelle seit Jahren war Unmut über deutlich gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen, zumal die Menschen ohnehin schon unter Misswirtschaft und Armut leiden.
Als Reaktion auf die Proteste entließ Präsident Kassym-Jomart Tokajew die Regierung, bevor in der Nacht zu Donnerstag das Militär in Almaty einschritt. Tokajew rief das von Russland geführte Militärbündnis OVKS zu Hilfe, das prompt die Entsendung von Soldaten ankündigte - sogenannten Friedenstruppen. Diese sollten für begrenzte Zeit entsandt werden, „um die Lage in dem Land zu stabilisieren und zu normalisieren“. (dpa)