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Russland steht blamiert auf der Weltbühne

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Der russische Außenminister Sergej Lawrow geht während des G20-Gipfels in Bali, Indonesien. 

Der russische Außenminister Sergej Lawrow während des G20-Gipfels in Bali, Indonesien.

Beim G20-Gipfel wird Russlands internationale Isolation offensichtlich, während zeitgleich die Bilder der befreiten ukrainischen Stadt Cherson um die Welt gehen. Der Entwurf des Abschlusspapiers ist eine Ermunterung für den Westen, die Ukraine weiter mit Geld und Waffen zu unterstützen.

Was auch immer Sergej Lawrow mit dem Kurze-Hosen-Foto auf Bali bezweckt hat, der Schuss ist nach hinten losgegangen. Die Welt feixt über den russischen Außenminister, der sich mit den amerikanischen Vorzeigeprodukten iPhone und Applewatch sowie einem T-Shirt des US-Künstlers Jean-Michel Basquiat präsentierte.

Dass Lawrow auf Bali auch den Schulterschluss mit seinem chinesischen Amtskollegen Wang Yi suchte, kann über die internationale Isolation Russlands nicht mehr hinwegtäuschen. Präsident Wladimir Putin war von vornherein zu Hause geblieben, um sich die Demütigung des Geächteten auf internationalem Parkett zu ersparen. Lawrow verstärkte mit seinen Auftritten den Außenseitereindruck. Kanzler Olaf Scholz wiederum heizte diskret die anti-russische Stimmung an, indem er nach einem kurzen Gespräch mit Lawrow nur erklärte, auch dieser habe „zwei Sätze“ gesagt. Mit solchen Worten tut man Unbedeutendes ab.

G20-Gipfel: In Abschlusserklärung heißt der Krieg „Krieg“ – und nicht „Spezialoperation“

Der Entwurf der Abschlusserklärung lässt hoffen, dass sich weltweit die Reihen für die Ukraine weiter schließen. In dem Papier ist von „Krieg“ die Rede, nicht mehr von Spezialoperation – was ja die Begrifflichkeit des Aggressors Russland ist. In dem Papier warnen die Unterzeichnerstaaten vor dem Einsatz von Atomwaffen. Es verweist auf die Verurteilung des russischen Angriffs durch eine große Mehrheit der UN. Zudem enthält es eine Verurteilung des Kriegs „auf Schärfste“ durch die „meisten Mitglieder“ der G20.

Auch wenn bis zum Schluss um alle Stimmen und die Details der Formulierungen gerungen wird und wahrscheinlich nicht alle G20-Mitglieder die klare Verurteilung des Kriegs unterzeichnen werden, setzt dieser Gipfel ein hoffnungsfrohes Signal für den Abwehrkampf der Ukraine gegen die russischen Invasoren. Zumal die Bilder des befreiten Cherson zur gleichen Zeit um den Globus laufen wie die Bilder des G20-Treffens auf Bali. Die Tapferkeit der Ukrainerinnen und Ukrainer trägt einmal mehr entscheidend dazu bei, dass die Welt an eine erfolgreiche Verteidigung glaubt und dem angegriffenen Land den Rücken stärkt.

G20-Gipfel auf Bali: Russland präsentiert sich schwach, blamiert und schuldig

Nun sind Worte noch keine Taten. Ein solches Signal der G20 darf aber als Aufforderung und gegenseitiges Einverständnis gewertet werden, die Ukraine weiter mit Geld und Waffen zu unterstützen. Russland treibt diese Einigkeit der großen Mehrheit der G20-Staaten noch tiefer in die Defensive. Militärisch, moralisch und politisch steht der Kremlherrscher mit dem Rücken zur Wand. Russland präsentiert sich schwach, blamiert und schuldig auf der Weltbühne.

Der Teil des Entwurfs des Abschlusspapiers zur Ukraine ist eine positive Überraschung: Die G20 war nie eine Veranstaltung, die den Weltenlauf wirklich zum Besseren wenden konnte. Vielmehr formulierten die Industriestaaten wachsweiche Absichtserklärungen zum Kampf gegen Hunger und Klimawandel. Dann traf man sich ein Jahr später wieder, um sich erneut auf ähnliche Formulierungen zu einigen.

G20-Gipfel: wenig Ehrgeiz beim Klimaschutz

Was den Kampf gegen den Hunger in der Welt und gegen den aktuell drohenden Hungertod von 50 Millionen Menschen angeht, darf man auch von diesem G20-Gipfel enttäuscht sein. Von den Hinweisen der G20, wonach sie „tief besorgt“ über die globale Ernährungskrise seien und „alle verfügbaren Werkzeuge“ genutzt werden sollten, um Menschen vor Hunger zu schützen, wird noch kein Reiskorn mehr an die Hungernden verteilt.

Beim Thema Klimaschutz zeigen die G20 dem Entwurf des Abschlusspapiers zufolge ebenfalls nur wenig Ehrgeiz. Man kann fast den Eindruck gewinnen, dass die unverbindlichen Formulierungen vom G20-Gipfel im vergangenen Jahr ins neue Dokument kopiert wurden.