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Kommentar

Donald Trump
Putins Mann in Washington

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Ist Russlands Präsident Putin (links) aus irgendeinem Grund in der Lage, US-Präsident Trump zu steuern?. Susan Walsh

Ist Russlands Präsident Putin (links) aus irgendeinem Grund in der Lage, US-Präsident Trump zu steuern?. Susan Walsh

Die spezielle Beziehung zwischen dem US-Präsidenten und Russland ist jedenfalls in hohem Maße verdächtig. Eine Analyse von RND-Chefautor Matthias Koch.

Früher oder später, ahnten viele, schubst Donald Trump die Ukraine unter den Bus. Jetzt, da es tatsächlich passiert, zuckt das Publikum dennoch zusammen: Dass es so schnell geht, und es so hässlich wird, hatte keiner auf dem Zettel.

Punkt für Punkt übernahm Trump in den letzten Tagen vier zentrale russische Vorgaben. Die Ukraine soll die von Russland eroberten Gebiete aufgeben. Sie soll akzeptieren, dass sie niemals Nato-Mitglied wird. Sie soll Neuwahlen abhalten. Und sie soll, das ist Trump und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin besonders wichtig, im Fall eines Friedensabkommens keine militärische Absicherung durch die USA bekommen; darum sollen sich bitte allenfalls die Europäer kümmern.

Der Mann aus Moskau scheint Trump beeindruckt zu haben

Wie oft er in letzter Zeit Putin am Telefon hatte, möchte Trump nach eigenen Worten „lieber nicht sagen“. Der Mann aus Moskau scheint ihn jedenfalls beeindruckt zu haben. Bei einer Pressekonferenz in Mar-a-Lago setzte der US-Präsident jetzt noch eins drauf und gab den von Russland überfallenen Ukrainern sogar die Schuld am Krieg: „Ihr hättet ihn nie anfangen sollen“.

Die westliche Welt blickt auf einen Tiefpunkt ihrer Geschichte. Erstmals folgt ein amerikanischer Präsident dem russischen wie ein treuer Untergebener seinem Herrn: in Taten, in Worten und sogar im Stil, einschließlich der in Moskau üblichen makabren Verdrehung der Tatsachen.

Eine alte Frage bekommt neue Relevanz: Ist Putin, der gelernte KGB-Offizier, aus irgendeinem Grund in der Lage, Trump zu steuern? Zuletzt kochte die Debatte darüber im Jahr 2018 hoch, als Trump Putin in Helsinki zu einem Gipfel traf und alle Mitarbeiter gebeten wurden, den Raum zu verlassen.

Besitzt der Kreml Kompromat?

Niemand glaubt, Trump sei im klassischen Sinn ein Agent Moskaus. Doch bei der Frage, ob Putin möglicherweise belastendes Material über Trump – russisch: Kompromat – in der Hand habe, wiegen viele bedächtig die Köpfe, schon seit Jahrzehnten.

Als Gegner internationaler Militärbündnisse fiel der damalige Immobiliengeschäftsmann Trump schon im Jahr 1987 auf. Seinerzeit gab er 94.801 Dollar aus, um in ganzseitigen Zeitungsanzeigen, etwa in der „New York Times“, davor zu warnen, amerikanische Steuergelder zur Verteidigung ferner Verbündeter einzusetzen. Im selben Jahr übrigens rüttelte der damalige US-Präsident Ronald Reagan, ebenfalls Republikaner, nicht etwa an der Nato, sondern an Russlands Dominanz in Europa und hielt in Berlin seine „Tear-down-this-wall“-Rede.

Putin spielt mit Trump „wie auf einer Geige“

Wollte Trump sich zu der Zeit in Moskau angenehm machen, wo er über ein Hotelprojekt Verhandlungen führte? Gaben ihm russische Gesprächspartner die Idee, vielleicht auch das Geld, für die Anzeigenkampagne?

Immer wieder wurde seither in einer Fülle von Aufsätzen, Interviews und Büchern behauptet, schon damals habe ein diskretes Zusammenwirken Trumps mit der russischen Mafia begonnen, unter anderem zum Zweck der Geldwäsche. Der KGB wurde angeblich über jedes Detail informiert und riet zu Geduld beim „Kultivieren dieses wertvollen Aktivpostens“.

Trumps Reisen, Kontakte und Geschäfte lassen sich in vielen Fällen nachzeichnen, die Frage nach den politischen Kausalitäten jedoch bleibt offen. Handelt Trump heute so, weil er unter Druck steht? Oder sind andere Motive ausschlaggebend, seine Eitelkeit etwa oder seine Bewunderung für starke Männer? Trumps früherer Nationaler Sicherheitsberater John Bolton sagt, Putin sei in der Lage, mit Trump zu spielen „wie auf einer Geige“. Dabei nutze der Kremlherr die extreme Empfänglichkeit Trumps für Schmeicheleien aller Art.

Die europäischen Verbündeten finden so oder so keinen Trost. Sie haben nur die Wahl zwischen diversen Varianten von Fassungslosigkeit.