Kommentar zur Corona-Lage in DeutschlandDas Impf-Debakel muss beendet werden
Der Corona-Gipfel von Kanzlerin und Ministerpräsidenten hätte heute ein Signal der Hoffnung aussenden können: Die Inzidenzzahlen sinken, von lokalen Ausreißern abgesehen. Und auch die Belegung der Intensivbetten ist seit Jahresbeginn bundesweit langsam rückläufig. Doch die Bürgerinnen und Bürger müssen sich auf weitere Wochen des schon seit Mitte November geltenden Lockdowns einstellen. Wirtschaft und gesellschaftliches Leben in Deutschland bleiben im Winterschlaf. Mit kaum absehbaren Folgen für Unternehmen, Selbstständige, für Restaurants und Kulturbetriebe, Schülerinnen und Schüler und Kita-Kinder.
Die Aussichten bleiben trübe. Dazu trägt ganz wesentlich das Debakel von Bundesregierung und EU bei der Impfstoffbeschaffung bei: Es wurde viel zu spät und viel zu wenig Impfstoff bestellt. Mit der Folge, dass wir nicht nur die erneute Verlängerung des Lockdowns in Kauf nehmen müssen, sondern auch der Sommerurlaub nicht mehr zu retten ist. Geht es in Deutschland im gleichen Impftempo weiter, werden wir auch am Ende des Jahres noch nicht zur Normalität zurückgekehrt sein.
Großbritannien impft fünfmal soviel
Großbritannien impft derzeit im Tagesschnitt fünfmal soviele Menschen wie Deutschland. In Israel, das schon als „Impf-Weltmeister“ gilt, planen die Menschen bereits ihre Sommerferien.
Dagegen stellt die Bundesregierung lediglich ein vages Impfangebot für alle bis Ende September in Aussicht. Wohlgemerkt nur für die erste Dosis. Mit dem lapidaren Hinweis, es gebe nun mal nicht genügend Dosen. Können das Großbritannien und Israel wirklich so viel besser?
Das könnte Sie auch interessieren:
Offenbar gab es dort kein Planungsversagen wie in der EU, die beim Impfstoff mit einem Best-Case-Szenario rechnete. Und dass es zu Produktionsengpässen, Verzögerungen und Problemen durch Mutationen des Virus kommen kann, war ebenfalls nicht eingepreist. Doch die Verantwortung für dieses Desaster übernimmt niemand. Allenfalls gibt es hier da den verschämten Hinweis, dass es Fehler gegeben habe.
Selbst die Trump-Regierung dient als Vorbild
Um das Jahr 2021 noch halbwegs zu retten, muss die Politik in Berlin und in Brüssel alle verfügbaren Kräfte und Ressourcen mobilisieren, um die Impfstoff-Produktion anzukurbeln. Dafür muss der Staat auch Geld in die Hand nehmen und finanzielle Anreize für die Hersteller schaffen. Die Bundesregierung war schnell dabei, den Touristikkonzern TUI mit Milliarden vor dem Konkurs zu retten. Wo bleiben die direkten finanziellen Förderungsmaßnahmen und planungsrechtlichen Vereinfachungen für den Bau von Impfstoff-Produktionsstätten? Übrigens: In den USA legte noch die Trump-Regierung ein 18 Milliarden Dollar schweres staatliches Impfstoffprogramm auf. Die EU muss sich das zum Vorbild nehmen.
Denn es steht mehr auf dem Spiel als der rein physische Schutz vor der unsichtbaren Gefahr Corona. Wird der Impf-Notstand nicht beendet, droht der EU und damit auch Deutschland ein gewaltiges Debakel. Es wird der Eindruck entstehen, dass die Gemeinschaft weniger handlungsfähig ist als der einzelne Staat. Mit unabsehbaren Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.