Wenn der Iran die Hisbollah zum Kampf ruft, droht Israel ein Blutbad, das den Hamas-Terror verblassen lässt.
Kommentar zur HisbollahIsrael würde sich in einem dramatischen Überlebenskampf wiederfinden
Der 7. Oktober 2023, der Tag des Hamas-Überfalls auf Israel, hat sich vielen Menschen als historisches Datum ins Gedächtnis eingebrannt. Entsetzt blickte die Welt plötzlich auf den schlimmsten Massenmord an jüdischen Männern, Frauen und Kindern seit dem Holocaust.
Bedrückend allerdings war auch, was danach geschah. Israel ließ die Zahl von Todesopfern seiner Offensive in Gaza mittlerweile weit ins Fünfstellige steigen.
Der seit Beginn des Gazakriegs beunruhigendste Vorfall geschah am 1. April 2024. Bei einem vermutlich israelischen Luftangriff auf Irans Botschaft in Damaskus wurden iranische Generäle getötet. Damit nähert sich der Nahe Osten, statt den ohnehin gefährlichen Gazakrieg endlich einzudämmen, einem noch schlimmeren Horror: einem zwischenstaatlichen Krieg zwischen dem Iran und Israel.
Das Problem: Der im Iran als „Schlächter von Teheran“ gefürchtete Diktator hat recht
Irans Präsident Ebrahim Raisi nennt den Luftschlag eine grobe Verletzung internationalen Rechts. Das Problem ist: Raisi hat recht. Der im Iran als „Schlächter von Teheran“ gefürchtete Diktator ist zwar alles andere als ein Experte für Rechtsfragen, erst recht für Menschenrechte. Doch die Völkerrechtswidrigkeit des Angriffs auf Irans Botschaft ist in der Tat unbestreitbar.
Israel hat schon oft iranische Offiziere außerhalb ihres Landes angegriffen. Diesmal aber war die Attacke verbunden mit einem verächtlich wirkenden Übergriff auf iranisches Hoheitsgebiet. Der Angriff auf die Botschaft ist aus iranischer Sicht noch provokativer als die im Jahr 2020 vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump befohlene Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani. Der starb im Irak, nach einem Drohnenangriff auf seine Wagenkolonne.
Was nun? Das Regime in Teheran steht unter Druck, es wird Rache nehmen. Niemand darf sich wundern, wenn der Iran dazu die von ihm militärisch und finanziell unterstützte „Achse des Widerstands“ nutzt. Dazu zählt neben der Hamas in Gaza und den Huthi-Rebellen im Jemen die Hisbollah im Libanon, eine Miliz mit Zehntausenden schwer bewaffneten Kämpfern und mehr als 100.000 Raketen. Wenn der Iran die Hisbollah zum Kampf ruft, droht Israel ein Blutbad, das den Hamas-Terror verblassen lässt.
Israel würde sich in einem dramatischen Überlebenskampf wiederfinden
Zwar glauben Israels führende Politiker und Militärs, sie könnten auch den von der Hisbollah zu erwartenden Angriffswellen trotzen. Tatsächlich dürfte ein Großteil der Raketen gut abzufangen sein. Und die Hisbollah müsste, sollte sie Israel angreifen, um ihre eigenen Waffenlager und Kommandozentralen im Libanon fürchten. Dennoch würde Israel sich in einem dramatischen Überlebenskampf wiederfinden. Experten verweisen unter anderem auf die Verletzlichkeit der Strom- und Wassernetze. Schon bald könnte sich eine ähnliche Lage wie in der Ukraine ergeben, wo derzeit die zivile Infrastruktur einer Demokratie von außen zerstört wird.
Es klingt verstörend, ist aber wahr: Es gibt Kräfte, für die eine solche düstere und chaotische Szenerie im Nahen Osten politisch nützlich wäre.
Irans Mullahs zum Beispiel, innenpolitisch angeschossen durch zurückliegende Massendemonstrationen, würden versuchen, ihre Bevölkerung wie in alten Zeiten gegen den „Erzfeind Israel“ aufzuhetzen. Israels Premier Benjamin Netanjahu könnte unter Hinweis auf den eskalierenden Krieg alle Forderungen nach Neuwahlen fürs Erste zurückweisen. Für Wladimir Putin ergäbe sich eine willkommene Ablenkung der Weltöffentlichkeit von Russlands Krieg in der Ukraine. China könnte den idealen Zeitpunkt gekommen sehen für den Griff nach Taiwan. Und Donald Trump könnte im US-Wahlkampf höhnisch Punkte sammeln nach dem Motto: Habe ich es euch nicht gesagt? Joe Biden, diesem Nichtskönner, entgleitet aber auch wirklich alles.