Erste Ergebnisse aus Studie„Mehr als nur Einzelfälle“ – wie rassistisch ist die deutsche Polizei?

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Polizisten kontrollieren eine Person. Eine Studie hat untersucht, ob es Racial Profiling oder andere rassistische Strömungen in den deutschen Behörden gibt. (Symbolbild)

Polizisten kontrollieren eine Person. Eine Studie hat untersucht, ob es Racial Profiling oder andere rassistische Strömungen in den deutschen Behörden gibt. (Symbolbild)

Nach langem Widerstand des ehemaligen Innenministers Horst Seehofer wurde eine Studie zu Rassismus in der deutschen Polizei erstellt. Nun liegen erste Ergebnisse vor. Von „Einzelfällen“ kann man offenbar nicht so einfach sprechen.

Hat die Polizei in Deutschland ein Rassismusproblem? Zwischenergebnisse einer umstrittenen Studie zur Einstellung von Polizeikräften lassen vermuten, dass es zumindest um „mehr als nur Einzelfälle“ geht. Das berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ).

Die Studie war umstritten, weil der damals amtierende Bundesinnenminister Horst Seehofer Forderungen nach einer Untersuchung zum eigentlich verbotenen „Racial Profiling“ bei der deutschen Polizei blockierte. Damals hatte es gehäuft Vorwürfe und Verdachtsmomente gegen mehrere oder einzelne Polizeibeamte wegen ihrer Nähe zu rechtsextremem Gedankengut und Rassismus gegeben. Seehofer sprach dabei stets von „Einzelfällen“ und kritisierte einen vermeintlichen „Generalverdacht“ gegen die Sicherheitskräfte.

Rassismus: Nur ein paar schwarze Schafe bei der Polizei?

Eine Studie kam dann aber doch: Im Auftrag des Bundesinnenministeriums haben Forschende der Deutschen Hochschule der Polizei in fast allen Bundesländern Polizistinnen und Polizisten zu ihren Erfahrungen und Weltanschauungen befragt. Hinzu kamen Mitarbeitende des Bundeskriminalamtes und der Bundespolizei. Die Untersuchung wurde von Dezember 2021 bis Oktober 2022 durchgeführt.

Nur aus Hamburg und Baden-Württemberg gibt es keine Ergebnisse, weil Personalräte und Gewerkschaften die Teilnahme ablehnten. „Untersucht wurden Arbeitszufriedenheit, aber auch Einstellungen zu Demokratie, Autoritarismus und Minderheiten in der Gesellschaft, sowie beobachtetes Fehlverhalten im Dienst“, schreibt die SZ.

Das Zwischenergebnis: Die Forschenden gehen davon aus, dass sich „allenfalls eine kleine Anzahl von Personen findet, die ein konsistent menschen- und demokratiefeindliches Weltbild aufweist“, zitiert die SZ aus dem Bericht. Also sind es doch nur ein paar schwarze Schafe bei der Polizei? Offenbar nicht, denn es gebe „mehr als nur Einzelfälle, bei denen die individuelle Einstellung kaum mit den Leitbildern der Polizei in Einklang zu bringen“ sei, heißt es in dem Bericht.

Laut SZ identifizierten die Forschenden sogar einen „klar erkennbaren Personenkreis“, die sich offenbar nur „ambivalent, unentschlossen oder zaghaft“ zu bestimmten Themen wie Demokratie und Diversität äußern wollen. Aus Sicht der Autoren der Studie gebe es in diesem Kreis noch einige Unwägbarkeiten, die näher untersucht werden sollten.

Muslime und Obdachlose werden besonders oft Opfer von Abwertungen

Dem Bericht zufolge sprachen einige Polizeibeamte auch über Erfahrungen mit Diskriminierung. Demnach gebe es einige Darstellungen von Vorurteilen gegen einzelne Bevölkerungsgruppen. Zwei Minderheiten werden dabei offenbar besonders oft abgewertet: Muslime und Obdachlose. Zudem hielten die Studienautoren fest, dass manche Teilnehmende manche Nationalitäten mit Vorurteilen verbanden: „So wurde beispielsweise von dem Bulgaren gesprochen, der bestimmte problematische Eigenarten aufweise.“ Auch das eigentlich illegale „Racial Profiling“, also verstärkte Kontrollen bestimmter Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ist offenbar kein Randphänomen.

Außerdem berichteten laut SZ einige teilnehmende Polizeibeamte in den Befragungen auch von Sexismus, Ausgrenzung, rassistischen Äußerungen und Mobbing im Kreise der Kollegen. Und nicht zuletzt gab die Studie den Teilnehmenden auch Raum, um über eigene Gewalterfahrungen zu erzählen. So erlebten rund 75 Prozent der Befragten körperliche Gewalt oder persönliche Beleidigungen binnen der zwölf Monate vor der Studie.

Insgesamt resümieren die Autoren laut dem SZ-Bericht, dass sich in der Polizei „menschenfeindliche Positionen“ genauso feststellen ließen wie „in der Gesamtbevölkerung“. „Überdurchschnittlichen Werten“ sollte jedoch in Zukunft größere Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Die Teilnahme an der Untersuchung variierte stark von Bundesland zu Bundesland. Laut SZ lag der niedrigste Wert im Vergleich zur Gesamtzahl der Polizisten bei rund 6 Prozent, in der Spitze nahmen 33 Prozent der Polizeibeamten eines Bundeslandes an der Studie teil. Der Durchschnitt habe bei etwa 16 Prozent gelegen. (RND mit dpa)

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