„Politiker dürfen sich auch zu Hause nicht mehr wohlfühlen“, war aus der Gruppe zu hören, die gegen eine Unterkunft in Dresden protestierte.
Protest gegen GeflüchteteRechter Mob zieht vor Privathaus von Ministerpräsident Kretschmer
Teilnehmer einer Protestversammlung gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft im Dresdner Norden sind am Sonntag zum Wohnhaus von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gezogen. Auf einem bei X (vormals Twitter) geposteten Video ist zu sehen, wie Dutzende Menschen hinter einem Banner mit der Aufschrift „Nein zum Heim“, unter „Kretschmer muss weg“-Rufen eine Wohnstraße entlang laufen.
„Politiker dürfen sich auch zu Hause nicht mehr wohlfühlen, wenn sie über die Köpfe hinweg entscheiden“, hetzte ein Mann die Menge über Mikrofon auf. Nach Medienberichten riegelte die Polizei das Gebiet um Kretschmers Wohnhaus ab.
Michael Kretschmer: Protest am Haus von Sachsens Ministerpräsident
Eine pöbelnde Menge sei in Kretschmers privates Lebensumfeld „eingedrungen“, postete Justizministerin Katja Meier (Grüne) am Nachmittag auf X. Solche „Heimsuchungen“ seien kein Ausdruck legitimer politischer Auseinandersetzung, sondern „ein schändlicher Angriff auf unsere Demokratie“. Vize-Ministerpräsident und Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) sprach laut Mitteilung von einer „inakzeptablen Missachtung der Demokratie“.
Die Versammlung vor der alten Schule, zu der die rechtsextreme Partei „Freie Sachsen“ aufgerufen hatte, deren Aufzug und ein Gegenprotest blieben „ohne Vorkommnisse“, sagte ein Sprecher des Lagezentrums der Polizei auf Anfrage. Vor drei Wochen hatten Unbekannte versucht, an dem für die Nutzung als Flüchtlingsunterkunft vorgesehenen Gebäude Feuer zu legen. Die Flammen erloschen jedoch, ehe sie die zuvor mit brennbarer Flüssigkeit versehene Fassade erreichten.
Michael Kretschmer ist seit Dezember 2017 Ministerpräsident in Sachsen. Der CDU-Politiker ist außerdem einer von fünf stellvertretenden Bundesvorsitzen der Christdemokraten. Zuletzt forderte Kretschmer erneut eine Obergrenze für Migration in Deutschland: „Dafür muss man über eine Zahl sprechen. Wie viele Menschen können wir aufnehmen, können wir integrieren?“
Auch Kretschmer kämpft mit der CDU in Sachsen gegen besonders hohe Umfragewerte der AfD: Bei der letzten Landtagswahl landete die CDU mit 32,5 Prozent nur knapp vor der AfD (28,4 Prozent), Umfragen sehen für die kommende Wahl die AfD sogar vorne. (mab/dpa)