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Mitglieder, Militär, Artikel 4 und 5Wann tritt der Nato-Verteidigungsfall ein?

Lesezeit 3 Minuten
Ein Panzer-Kommandant der Bundeswehr guckt aus der Kommandantenkuppel eines Leopard-Panzers und blickt durch ein Fernglas.

Ein Panzer-Kommandant der Bundeswehr bei einer Nato-Militärübung in Litauen im Ende Oktober.

Nach den Raketeneinschlägen will Polen ein Verfahren für Artikel 4 des Nato-Vertrags prüfen. Worum geht es in dem Artikel und wann kommt es zum Bündnisfall? Ein Überblick.

In Polen sind am Dienstagabend zwei russische Raketen-Irrläufer eingeschlagen und haben zwei Menschen getötet. Unmittelbar im Anschluss berief die Regierung in Warschau eine Sitzung des nationalen Sicherheitsrates ein. Der Vorfall ist deshalb besonders brisant, da Polen Mitglied der Nato ist. Im Nordatlantikvertrag, der die Rechte und Pflichten der Mitglieder des Verteidigungsbündnisses regelt, sind zwei Artikel für diesen Fall besonders relevant. Polens Regierung gab am späten Abend bekannt, das Verfahren für Artikel 4 des Vertrags zu prüfen.

Was steht in den Artikeln 4 und 5?

Artikel 4 sieht Beratungen der Nato-Staaten vor, wenn einer von ihnen die Unversehrtheit seines Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die eigene Sicherheit bedroht sieht. Sobald es ein Mitglied des Bündnisses verlangt, sind die anderen Mitglieder verpflichtet, unverzüglich zu Beratungen über militärische Maßnahmen zusammenzukommen.

Artikel 5 des Vertrags regelt, dass ein Mitgliedsstaat einen bewaffneten Angriff auf sich als einen Angriff auf alle Mitgliedsstaaten definieren kann. Das ist der sogenannte gemeinsame Verteidigungsfall. Beide verlangen, dass zunächst das betroffene Mitgliedsland – in diesem Fall also Polen – tätig wird.

So hieß es dann am Dienstagabend auch zunächst aus Nato-Kreisen, dass man erst einmal die Sitzung des polnischen Sicherheitsrats abwarten und weitere Infos von vor Ort abwarten wolle. Es sei auch die Entscheidung Polens, wie die Nato mit der Sache befasst werden soll. In einer Pressekonferenz gab die polnische Regierung bekannt, das Verfahren für Artikel 4 zu prüfen.

Welche Länder gehören zur Nato?

Gegründet wurde die Nato 1949 von zwölf Mitgliedsstaaten: Belgien, Dänemark, Frankreich, Island, Italien, Kanada, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Portugal, Großbritannien und die USA. Im Laufe der Zeit kamen zahlreiche weitere Staaten hinzu. Deutschland wurde 1955 in das Bündnis aufgenommen. Neuestes Nato-Mitglied ist seit 2020 Nordmazedonien. Insgesamt gibt es 30 Mitglieder. Weitere Staaten gelten als Partner. Bosnien und Herzegowina, Finnland und Schweden sind Beitrittskandidaten.

Wer kann überhaupt Nato-Mitglied werden?

Nach eigenen Angaben verfolgt die Nato eine „Politik der offenen Tür“. Das heißt: Prinzipiell kann jedes europäische Land Mitglied des Bündnisses werden. Allerdings gibt es bestimmte Voraussetzungen: „Von Ländern, die eine Nato-Mitgliedschaft anstreben, wird auch erwartet, dass sie bestimmte politische, wirtschaftliche und militärische Ziele erreichen, um sicherzustellen, dass sie sowohl Beiträge zur Sicherheit des Bündnisses leisten als auch Nutznießer davon werden“, heißt es auf der Webseite der Organisation.

Neue Mitglieder werden zum Beitritt eingeladen. Es besteht ein Konsens, dass kein Land als Mitglied aufgenommen wird, das sich in einer Konfliktsituation befindet – wie etwa die Ukraine.

Allerdings muss jedes bestehende Mitglied der Neuaufnahme eines neuen Mitglieds zustimmen. Am Veto der Türkei scheitert gerade die Nord-Erweiterung über Schweden und Finnland.

Worum geht es bei der Nato-Osterweiterung?

Als Osterweiterung wird die Aufnahme von Staaten nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion bezeichnet. Bisher gab es fünf Nato-Osterweiterungen: 1999 wurden Polen, Tschechien und Ungarn aufgenommen, 2004 Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei und Slowenien. Albanien und Kroatien kamen 2009 hinzu, 2017 Montenegro und 2020 schließlich Nordmazedonien.

Wie steht Russland zur Nato?

Vor allem durch die Osterweiterung der Nato fühlt sich Russland provoziert – immer wieder gibt es Vorwürfe, das Bündnis habe sich nicht an Absprachen gehalten. Einen Beitritt der Ukraine zur Nato will Russland verhindern – und damit auch eine mögliche Stationierung von Nato-Truppen und Raketensystemen an der russischen Grenze.

Russland möchte von der Nato umfassende Sicherheitsgarantien dahingehend erhalten, dass keine weiteren Ländern im Osten (Ukraine, Georgien) aufgenommen werden und in den vorhandenen Nato-Mitgliedsländern in russischer Nachbarschaft „abgerüstet“ wird.

Wie groß ist die Truppenstärke der Nato?

Im vergangenen Jahr umfassten die Streitkräfte der Nato-Staaten nach vorläufigen Angaben etwa 3,3 Millionen Soldatinnen und Soldaten. Dabei variiert die Größe der Truppe je nach Mitgliedsland. Die größte Zahl stellten die USA mit gut 1,35 Millionen Streitkräften. (mab/dpa/RND)