Yoon soll wegen der Ausrufung des Kriegsrechts verhört werden, weigerte sich bisher aber. Ein Ausblick auf die möglichen Szenarien.
Nach gescheiterter Verhaftung von YoonMögliche Szenarien für Südkorea
Den Ermittlern in Südkorea rennt die Zeit davon: Am Montag endet eine Frist zur Vollstreckung eines Haftbefehls gegen den vom Parlament wegen der kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts entmachteten südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol. Ein erster Versuch seiner Verhaftung war am Freitag am Widerstand von Yoons Sicherheitsdienst gescheitert. So könnte es weitergehen:
Ermittler könnten erneuten Verhaftungsversuch anstreben
Die Ermittler könnten nochmals versuchen, den Haftbefehl gegen Yoon vor Ablauf der Frist am Montag zu vollstrecken. „Über das weitere Vorgehen wird nach weiterer Prüfung entschieden“, hatte das Büro für Korruptionsermittlungen (CIO) nach dem Abbruch des Versuchs der Verhaftung am Freitag erklärt.
Sollte Yoon innerhalb der Frist verhaftet werden, hätte das CIO 48 Stunden Zeit, um entweder einen sogenannten formellen Haftbefehl zu beantragen, um ihn länger festzuhalten, oder es müsste ihn danach freilassen.
Yoons Anwälte beharren darauf, dass der von einem Gericht erlassene Haftbefehl „unrechtmäßig“ und „illegal“ sei. Sie haben angekündigt, weitere rechtliche Schritte dagegen einzuleiten. Der präsidiale Sicherheitsdienst warf den Ermittlern vor, „unrechtmäßig“ in die Präsidentenresidenz eingedrungen zu sein.
Sollte der aktuelle Haftbefehl auslaufen, könnte das CIO einen neuen Antrag stellen für einen neuen Haftbefehl mit der gleichen Sieben-Tage-Frist.
Ermittler könnten strengeren Haftbefehl erwirken
Sollte es den Ermittlern nicht gelingen, Yoon innerhalb der derzeitigen Frist zu verhaften, könnten sie aber auch versuchen, einen weitreichenderen Haftbefehl zu erwirken. Dieser würde es ermöglichen, Yoon länger als die nach dem aktuellen Gerichtsbeschluss zulässigen 48 Stunden festzuhalten. Beobachter halten ein solches Szenario für möglich, da Yoon sich bereits drei Mal geweigert hat, zur Vernehmung zu erscheinen und sich dem derzeit gültigen Haftbefehl widersetzt.
Ein strengerer Haftbefehl werde in der Regel ausgestellt, wenn „ein Verdächtiger sich weigert, bei den Ermittlungen zu kooperieren“, sagt der Politikexperte Park Sang Byung der Nachrichtenagentur AFP.
Auch die Vollstreckung eines solchen Haftbefehls ist aber fraglich, da Yoon in seiner Residenz weiterhin von seinem Sicherheitsdienst, zu dem auch Soldaten gehören, abgeschirmt wird.
Der Interims-Präsident könnte sich einschalten
Angesichts der verfahrenen Lage hat das CIO und die oppositionelle Demokratische Partei an den Interims-Präsidenten Choi Sang Mok appelliert, Yoons Sicherheitsdienst zur Kooperation aufzufordern. „Es ist praktisch unmöglich, den Haftbefehl zu vollstrecken, solange die Sicherheitsbeamten (...) ihren Schutz fortsetzen“, erklärte das CIO.
Choi, ein Mitglied von Yoons Regierungspartei PPP, hat sich bislang nicht zu der gescheiterten Verhaftung vom Freitag geäußert. Er halte es für unwahrscheinlich, dass er der Bitte der Ermittler nachkommen wird, sagt der Politikwissenschaftler Shin Yul von der Myongji-Universität.
Choi steht innerhalb seiner Partei bereits unter großem Druck, da er zwei neue Richter für das Verfassungsgericht ernannt hat, in dem zuvor drei von neun Sitzen vakant waren. Die Entscheidung hat die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das Gericht die vom Parlament beschlossene Amtsenthebung von Yoon bestätigt, da dafür mindestens sechs Richterstimmen nötig sind. Wären die Sitze vakant geblieben, hätten die Richter einstimmig für Yoons Entmachtung stimmen müssen.
Ermittler könnten auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichts warten
Das Verfassungsgericht hat bis Mitte Juni Zeit, um zu entscheiden, ob Yoon abgesetzt wird oder wieder seine Amtsgeschäfte übernehmen kann. Bis dahin ist Yoon suspendiert und bleibt offiziell Staatschef des Landes. Experten gehen davon aus, dass es für die Ermittler viel einfacher wäre, Yoon zu verhaften, wenn ihm der Präsidententitel aberkannt würde.
Das Verfassungsgericht hat angekündigt, das Amtsenthebungsverfahren aufgrund der Schwere des Falles zu beschleunigen. Yoons Anwälte argumentieren jedoch, dass das Gericht den vorgesehenen Zeitrahmen von 180 Tagen ausschöpfen müsse, um „die Umstände zu untersuchen, die zur Ausrufung des Kriegsrechts geführt haben“. (afp)