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„Fallbeispiel Kölner Dom“Immer mehr Drohnen über NRW registriert – Wer steckt dahinter?

Lesezeit 3 Minuten
20161019
Studenten der Fresenius Hochschule lassen Drohnen fliegen.
Mediapark
Autor: Dirk Riße
© Thomas Banneyer / KSTA

Archivbild: Studenten der Fresenius Hochschule in Köln lassen Drohnen fliegen.

Im Jahr 2024 wurden 232 Drohnensichtungen in NRW gemeldet. Bei den meisten Fällen konnten keine Piloten ermittelt werden.

Die Szenerie war gespenstisch: Mitte Januar flogen am Abend plötzlich mehrere Drohnen über dem Chemiepark in Marl. Der Werkschutz rief die Polizei – die wegen des Verdachts der „Agententätigkeit zu Sabotagezwecken“ ermittelt. Laut NRW-Innenministerium ist die Zahl von Drohnensichtungen seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs stark angestiegen. Oft sind aber auch private Drohnen illegal unterwegs.

Vor wenigen Tagen berichtete Minister Herbert Reul (CDU) im Innenausschuss über die Drohnen-Statistik für 2024: Demnach wurden 232 Fälle bei der Polizei gemeldet, mehr denn je. Selbst wenn man 88 Vorfälle rund um die EM-Stadien in NRW abzieht, sei „ein Anstieg gegenüber dem Jahr 2023 zu verzeichnen“.

Wer steckt hinter den Drohnen?

Schwer zu sagen. Bei den 232 Vorfällen wurden im vergangenen Jahr nur 76 Piloten ermittelt – und davon alleine 41 rund um Stadien. Das Innenministerium hat aber einen Verdacht: „Insbesondere militärische Liegenschaften, Anlagen der Chemieindustrie und generell der kritischen Infrastruktur (KRITIS) kommen als Ziele für mögliche Spionage- und Ausspähversuche in Betracht“, heißt es im Bericht an den Innenausschuss.

Seit der russischen Invasion in der Ukraine registriere die Spionageabwehr ein „erheblich gestiegenes Meldeaufkommen zu Drohnenüberflügen bei militärischen Liegenschaften und KRITIS.“ Damit sind Einrichtungen der Kritischen Infrastruktur gemeint. „Dieser Umstand lässt eine russische Urheberschaft grundsätzlich plausibel erscheinen“, so das Innenministerium: „Allerdings liegen der zuständigen Behörde für Spionageabwehr bislang keine konkreten Erkenntnisse vor.“

Wie ist die Situation in Köln?

Von den besagten Drohnensichtungen in NRW im vergangenen Jahr fielen 21 in die Verantwortung des Polizeipräsidiums Köln – was auch das Stadtgebiet von Leverkusen einschließt. 2023 gab es nur zehn gemeldete Drohnensichtungen bei der Kölner Polizei, 2022 sogar nur sieben.

„Ein Fallbeispiel für eine bekanntgewordene Drohnensichtungen gab es im Bereich des Kölner Doms“, so ein Polizeisprecher: „In diesem Fall handelte es sich bei dem Drohnenpiloten nach aktuellem Kenntnisstand um einen Touristen.“ Tatsächlich steigen am Dom immer wieder mal Drohnen unerlaubt auf. Über sensiblere Fälle schweigt die Polizei. Ob es Zwischenfälle zum Beispiel an Militäranlagen gab, bleibt daher geheim.

Und der Airport Köln/Bonn?

Laut Deutscher Flugsicherung (DFS) wurden 2024 bundesweit 161 „Behinderungen“ an den großen Flughäfen gemeldet, davon zwölf in Köln (im Jahr davor waren es noch acht). Gefasst werden die Drohnenführer fast nie. Die Flugzeugpiloten melden ihre Sichtung dem Tower, der ruft die Polizei. Bis die Beamten da sind und das riesige Gebiet um einen Flughafen herum abgesucht haben, ist meistens kein Täter mehr zu finden.

„Leider sind sich einige Drohnenbetreiber immer noch nicht bewusst, dass sie mit dem Aufstieg einer Drohne Teilnehmer am Luftverkehr sind und damit allen Regularien und Gesetzen unterliegen“, so ein Sprecher der DFS. Jeder Vorfall wird angezeigt, der Vorwurf: gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr. Darauf stehen bis zu zehn Jahre Haft.

Wie stoppt die Polizei verdächtige oder unerlaubte Drohnen?

Das will die Kölner Polizei aus Sicherheitsgründen nicht mitteilen. Doch wie es im vergangenen Sommer während der Europameisterschaft hieß und wie die Polizei in München damals der Öffentlichkeit vorführte, setzt die Polizei auch in Köln sogenannte Jammer ein. Das sind Störsender, mit denen die Funk- und GPS-Signale verändert werden können – und zwar so, dass die Beamten die Steuerung des fremden Fluggeräts komplett übernehmen können.

Wo darf eine Drohne denn überhaupt fliegen?

Die „Digitale Plattform unbemannte Luftfahrt“ gibt Tipps, die DFS hat auch eine App programmiert, bei der man die erlaubten Gebiete genau erkennt. Was kaum einer weiß: Fast jede Drohne (beispielsweise mit Kamera) muss man registrieren. Der Halter muss eine Haftpflichtversicherung haben. Höher als 120 Meter darf die Drohne nicht fliegen, über Siedlungen, Menschenmengen, an Flughäfen, Wasserstraßen oder Autobahnen auch nicht.

Setzt die Polizei eigentlich auch Drohnen ein?

Ja! Und das immer mehr. Laut dem zuständigen Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) hat die NRW-Polizei inzwischen rund 100 Drohnen im Bestand. Sie werden zum Beispiel von der Spurensicherung („Kriminaltechnische Untersuchung“) für Tatorte verwendet, aber auch von Hundertschaften vor Fußballspielen (um die Fan-Ströme zu überwachen) oder an Unfallorten. (mit fho)