Mehr als 3000 Kinder in Köln haben kein Zuhause. Sie sind wohnungslos. Diese Recherche hat uns im Jahr 2024 besonders schockiert.
Meine Geschichte 20243000 wohnungslose Kinder in Köln – eine Recherche, die uns schockiert hat
Von Claudia Lehnen
Lesezeit 2 Minuten
Für viele Alleinerziehende in Köln ein Traum: Einen Mietvertrag und ein Schlüssel für das eigene Zuhause zu bekommen.
Copyright: IMAGO/U. J. Alexander
In unserer Serie „Meine Geschichte 2024“ schreiben unsere Redakteurinnen und Redakteure über ihre ganz persönlichen Geschichten des Jahres.
750 Blockflötenquartette, 600 Basketballmannschaften, 272 Fußballteams oder 120 Schulklassen. Ganz schön viele Kinder sind das jeweils. Und noch mehr Zahnlücken, Lachanfälle, aufgeschlagene Knie und schräge Einfälle. Unfassbar viel Zukunft jedenfalls. Und dann auch wieder so viel Leid. Denn mehr als 3000 Kinder, so sagt es die Wohnungsnotfallberichterstattung der Stadt Köln, sind wohnungslos.
Die Zahl hat mich schockiert. Erst recht, als ich im Laufe der Recherche die Mütter und deren Kinder hinter den Zahlen kennenlernte. Denn besonders betroffen vom drohenden Wohnungsverlust sind bei einem angespannten Wohnungsmarkt Alleinerziehende. Fast die Hälfte aller für eine Studie der NRW-Bank befragten Experten schätzten die Chancen für Alleinerziehende, ein neues Zuhause zu finden, als schlecht, ein Viertel als sehr schlecht ein. Fast die Hälfte aller Alleinerziehenden in NRW gelten als armutsgefährdet.
On-Uma Jeebjoho, die mir Ende April an ihrem Küchentisch ihre Geschichte erzählte, muss ihre behinderte 13 Jahre alte Tochter jeden Tag drei Stockwerke hoch und runter schleppen. In der Wohnung, die ihr Bekannte netterweise als Unterschlupf zur Verfügung stellten, kann sich das Mädchen nur robbend fortbewegend – ein Rollstuhl passt hier durch keine Tür. Eine behindertengerechte Wohnung zu finden, erscheint für Jeebjoho aber fast aussichtslos.
Die Familie ist kein Einzelfall. Weil die Stadt keine Wohnungen mehr hat, landen immer wieder auch Kinder in Hotels für Wohnungslose. Mich lässt diese Vorstellung nicht mehr los. Dass sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt so dramatisch zuspitzen konnte, dass selbst Kinder kein Zuhause mehr finden, ist ungeheuerlich und ein Armutszeugnis. Weiter ein Auge auf diese Kinder zu haben und darüber zu berichten, liegt mir auch für das Jahr 2025 besonders am Herzen.