Roland Hartwig arbeitete fast sein ganzes Arbeitsleben beim Leverkusener Dax-Konzern, seit 2016 war er AfD-Parteivorstand in Rhein-Berg.
Enger Vertrauter der AfD-ChefinRoland Hartwig war Bayers Chef-Jurist – und traf sich jetzt mit Rechtsextremisten
Es ist wenige Jahre her, da tobte in der AfD ein Streit um die Frage, wie mit Björn Höcke und seinem völkisch-nationalistischen „Flügel“ umgegangen werden solle. Das war 2019, und der damalige Bergisch Gladbacher AfD-Bundestagsabgeordnete Roland Hartwig sagte im „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Auch die Nationalkonservativen haben bei uns ein Zuhause. Aber all die Lautsprecher und Irrlichter, die zu verbal-extremistischen Äußerungen neigen, müssen sich fragen, ob sie in der Partei gut aufgehoben sind.“ Heute gibt es den „Flügel“ nicht mehr, und der rechtsextreme Thüringer Höcke steht in der Mitte seiner Partei.
Hartwig war 17 Jahre lang Bayers oberster Jurist
Roland Hartwig gilt heute derweil als enger Vertrauter der AfD-Chefin Alice Weidel. Als solcher gibt auch er üblicherweise weder den Lautsprecher noch ließe er sich zu verbal-extremistischen Äußerungen hinreißen. Und doch könnte gerade er durch rechtsextreme Umtriebe einem Verbotsverfahren gegen seine AfD neuen Schub verliehen haben. Denn Hartwig traf sich im November in Brandenburg mit Rechtsextremisten und einem ehemaligen Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung auf einer Veranstaltung, auf der besprochen wurde, Migranten mit und ohne deutschen Pass aus Deutschland zu vertreiben. Das belegen Recherchen von Correctiv.
Der 69 Jahre alte Jurist im Ruhestand hat fast sein gesamtes Arbeitsleben beim Leverkusener Dax-Konzern verbracht, 17 Jahre lang war er als Chefsyndikus dessen oberster Rechtsanwalt. 2013 trat Hartwig in die gerade gegründete AfD ein – weil „CDU und FDP zu weit nach links gerückt waren“. Im Parteivorstand im Rheinisch-Bergischen Kreis saß er seit 2016. Hartwig war ab 2017 vier Jahre lang Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Sprecher der Fraktion. Während dieser Zeit leitete er die AfD-Arbeitsgruppe zum Umgang mit einer möglichen Beobachtung durch den Verfassungsschutz.
2020 trat Hartwig für die AfD bei der Oberbürgermeisterwahl in Leverkusen an und holte 5,2 Prozent der Stimmen. Er wolle „für all diejenigen ein Beispiel sein, die sich noch nicht trauen, sich aktiv für die Ziele unserer Partei und für unser Land einzusetzen“, sagte er.
Zuvor, im Bundestagswahlkampf, hatte er mit Blick auf den AfD-internen Richtungsstreit, auf „Flügel“ und verbale Ausfälle bekundet: „Mein Stil ist so etwas, ehrlich gesagt, nicht. Damit tut man der Partei keinen Gefallen.“
Hartwig bekannte sich als Fan Martin Sellners
Auf Fragen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zum Treffen der Rechtsextremen schreibt die Bundesgeschäftsstelle der AfD am Mittwoch, Hartwig habe „lediglich auf Einladung ein Social-Media-Projekt vorgestellt, welches er im Aufbau mitbegleitet. Weder hat er dort politische Strategien erarbeitet, noch hat er Ideen eines Herrn Sellner zur Migrationspolitik, von dessen Erscheinen er im Vorfeld keine Kenntnis hatte, ‚in die Partei getragen’.“
Der Österreicher Martin Sellner, ehemaliger Kopf der Identitären Bewegung, war es, der den Recherchen zufolge bei dem Treffen erklärte, was zu tun sei, „um die Ansiedlung von Ausländern rückabzuwickeln“. Explizit bezog er sich auch auf „nicht assimilierte Staatsbürger“: Deutsche mit Migrationsgeschichte, die Sellner nicht in den Kram passen.
Und Roland Hartwig bekannte sich Correctiv zufolge wenig später als Fan Sellners. Er lese dessen Buch „gerade mit großer Freude“, wird er zitiert. Im weiteren Verlauf soll er überlegt haben, dem AfD-Bundesvorstand die Finanzierung einer Agentur für rechte Influencer ans Herz zu legen – mit dem Ziel, „die Generation, die das Blatt wenden muss“, zu erreichen. „Wir sind also bereit, Geld in die Hand zu nehmen und Themen zu betreiben, die nicht unmittelbar nur der Partei zugutekommen.“
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erreichte Hartwig am Mittwochnachmittag auf dem Handy, doch das Gespräch fiel kurz aus: „Ich werde zu dem Thema nichts sagen und keine Stellung nehmen“, sagte Hartwig und verabschiedete sich.