Alleinerziehende haben oft wenig Geld. Viele verzweifeln daran, eine günstige Wohnung zu finden.
Alarmierender BerichtAlleinerziehende sind in NRW bei der Wohnungssuche meist chancenlos
Sabine S. wirkt niedergeschlagen und verzweifelt. Schon wieder hat die junge Mutter eine Absage bekommen. Sie sucht eine bezahlbare Wohnung im Umland von Köln. „Seit einem Jahr versuche ich alles, damit wir umziehen können“, klagt die Fachverkäuferin in einem Elternforum. „Aber es ist aussichtslos. Bei den hohen Mietpreisen habe ich als Alleinerziehende keine Chance.“
Eine bittere Erfahrung, die Sabine S. mit vielen Müttern in NRW teilt. Die meisten Wohnungsangebote scheiden von vorneherein wegen zu hoher Mietforderungen aus, kommt doch mal ein Angebot infrage, kann sich Sabine S. im Bewerberfeld nicht durchsetzen. „Ich habe den Eindruck, dass Einzelmieter mit Haustieren oft willkommener sind als Frauen mit Kindern“, sagt die Rheinländerin.
Großer Bedarf an billigen Wohnungen
Im Landtagsausschuss für Gleichstellung wurde jetzt ein Bericht von NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) über die Chancen von Alleinerziehenden auf dem Wohnungsmarkt vorgestellt. Die landeseigene NRW.Bank hatte dazu 284 Experten befragt. Das Ergebnis: 45 Prozent sehen schlechte Chancen, 23 Prozent sehr schlechte Chancen für Alleinerziehende, ein neues Zuhause zu finden. Der Bedarf an preisgünstigem Wohnraum sei in vielen Regionen aufgrund der hohen Inflation deutlich gewachsen, heißt es: „Auch die zunehmende Zahl an Geflüchteten, insbesondere aus der Ukraine, hat einen Einfluss.“
Insbesondere steigende Bruttowarmmieten, die auf steigende Energiekosten zurückzuführen seien, träfen die Bezieher geringer Einkommen. Dieses Problem würde sich perspektivisch verschlimmern – so soll die Umsatzsteuer für Gas von sieben auf 19 Prozent steigen. „Vor dem Hintergrund haben viele Alleinerziehende die Sorge, dass sie angesichts von Preissteigerungen in verschiedenen Lebensbereichen ihre Familie nicht mehr ernähren oder die Miete nicht mehr zahlen können“, so der Bericht.
83 Prozent der Alleinerziehenden sind Mütter
In NRW lebten im Jahr 2022 rund 588.000 Alleinerziehende, darunter rund 327.000 mit minderjährigen Kindern. 83 Prozent aller Alleinerziehenden sind Mütter. Insgesamt stellen Alleinerziehende-Haushalte rund sieben Prozent aller nordrhein-westfälischen Haushalte und 23 Prozent aller Familien mit Kindern.
Die wirtschaftliche Situation Alleinerziehender ist dabei oft deutlich schlechter als bei anderen Familien mit Kindern. Ihre Erwerbsmöglichkeiten und Karrierechancen hängen meist besonders stark von der Kinderbetreuungssituation ab. 2021 bekamen 149.500 Alleinerziehende Transferleistungen. 46 Prozent der Alleinerziehenden galten dem Bericht zu Folge im Jahr 2022 als armutsgefährdet.
Nach den Erstergebnissen des Mikrozensus wohnen Alleinerziehende in NRW ganz überwiegend zur Miete und haben weniger Wohnfläche zur Verfügung als andere Familien mit Kindern. 20 Prozent der Wohnungen sind zu klein bzw. „überbelegt“. 64 Prozent der Alleinerziehenden haben ein Kind, 28 Prozent zwei Kinder und neun Prozent mehr als drei Kinder.
SPD enttäuscht über Bericht
Die schwarz-grüne Landesregierung stellt für die die öffentliche Wohnraumförderung bis 2027 neun Milliarden Euro zur Verfügung. Davon sollen insbesondere Familien mit Kindern, Alleinerziehende, Ältere und Menschen mit Behinderungen profitieren. Damit Alleinerziehende ein separates Kinderzimmer einrichten können, wird ihnen zusätzlich 15 Quadratmeter Wohnfläche bzw. ein Zimmer mehr zugestanden, als nach der Personenzahl des Haushalts angemessen wäre.
Der Bericht war von der SPD-Fraktion angefordert worden. Lisa Kapteinat, Vize-Vorsitzende, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, Alleinerziehende würden täglich Herausragendes leisten, um „Kinder, Haushalt und Berufstätigkeit unter einen Hut zu bekommen“. Die Wohnungspolitik von Schwarz-Grün sei jedoch „verantwortungslos und hartherzig“, so Kapteinat: „Leider geht aus dem Bericht der Landesregierung nicht hervor, wie sie Alleinerziehenden auf dem Wohnungsmarkt konkret helfen will.“