Um den Unterrichtsausfall zu stoppen, tritt das NRW-Schulministerium bei der Genehmigung von Teilzeit bei Lehrern auf die Bremse.
Kritik an NRW-SchulministerinSoll ein neuer Fragebogen zum Bremsklotz für Teilzeit bei Lehrern werden?
Ein neues Formular wirft Fragen auf. Der Antrag muss gestellt werden, wenn Lehrer in NRW von einer Vollzeit- in eine Teilzeitbeschäftigung wechseln wollen. Bislang umfasste er zwei Seiten. Jetzt wurde ein drittes Blatt ergänzt: Ein Fragebogen, der von der Schulleitung auszufüllen ist. Dabei sollen die persönlichen Lebensverhältnisse der Pädagogen in acht Kategorien beurteilt werden. Was ist der Hintergrund für das neue Verfahren? Soll der Wechsel in die Teilzeit erschwert werden?
In der vorigen Version des Teilzeitantrags vom 4. Mai 2022 konnte die Schulleitung ihr Einverständnis mit einem Kreuz und einer Unterschrift bestätigen. In der neuen Ausführung muss nun in jedem Fall die Stellungnahme von der Schulleitung abgegeben werden. Es geht um sehr persönliche Auskünfte. So werden unter anderem folgende Informationen abgefragt: „Liegen individuelle, per Attest bestätigte, gesundheitliche Belastungsfaktoren vor, die aus Ihrer Sicht eine Reduzierung der Arbeitszeit erforderlich macht?“, oder: „Liegt ein Härtefall vor?“.
Auf Anfrage dieser Zeitung beim NRW-Schulministerium stellte sich heraus, dass der Vordruck nur von der Bezirksregierung Düsseldorf verwendet wird. Er diene der Verfahrensvereinfachung, der Reduzierung von Rückfragen und der Herstellung einer bestmöglichen Einzelfallgerechtigkeit, so ein Sprecher. Das Formular werde regelmäßig unter Berücksichtigung der Rückmeldungen von Schulleitungen und Personalvertretungen evaluiert. „Wesentliches Gewicht kam bei der Entscheidung über diese Anträge schon immer dem Votum der Schulleitung der jeweiligen Lehrkraft zu“, hieß es aus dem Hause Feller.
Teilzeitquote liegt bei 43,3 Prozent
Von den 212.912 Lehrkräften in NRW arbeiten 83.673 in Teilzeit. Die Teilzeitquote war zuletzt von 40,5 auf 42,3 Prozent gestiegen. Viele Pädagogen wollen Stunden reduzieren, weil sie sich von der Jobbelastung überfordert fühlen. Da in NRW rund 7000 Lehrer fehlen, reißen Teilzeitanträge immer wieder Löcher in die dünne Personaldecke vieler Schulen. Abgefragt wird daher auch: „Unterrichtet die Lehrkraft an der Schule ein Mangelfach?“ Und: „Ist der Unterricht an der Schule bei Genehmigung mit Blick auf die Personalausstattung prognostisch während des beantragten Zeitraums gesichert?“.
Alle Fragen müssen mit Ja oder Nein beantwortet werden. Eine Option „Das kann ich nicht beurteilen“ gibt es nicht. Das neue Formular sei „wirklich unglaublich“, kritisiert Dilek Engin, schulpolitische Sprecherin der SPD im Landtag. Die Oppositionsfraktion hat eine Kleine Anfrage zu dem Vorgang an die Landesregierung gestellt, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. „Alles gegen die Teilzeit – Warum erschwert die Landesregierung massiv Teilzeitanträge für Lehrkräfte und Schulleitungen?“, lautet die Überschrift. Bei Teilzeitanträgen, die nicht im Zusammenhang mit familiären Gründen stehen, wird seit Ende 2022 geprüft, ob nicht der Lehrkräftemangel als dienstlicher Grund einer Genehmigung entgegensteht.
Dilek Engin: „Den Lehrkräften wirdimmer mehr Arbeit aufgehalst.“
Für die Bearbeitung der Anträge sind die in NRW die Bezirksregierungen zuständig. Die SPD kritisiert, dass durch das neue Verfahren die Verantwortung auf die Schulleitungen abgewälzt wird. „Seit Jahren sprechen wir darüber, wie stark die Belastungen zugenommen haben“, so SPD-Expertin Engin. Statt gegenzusteuern, werde ihnen nun noch mehr Arbeit aufgehalst.
Ayla Çelik, Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, sieht das ähnlich: „Letztes Schuljahr haben 930 Lehrkräfte ihr Dienstverhältnis gekündigt und der Schule den Rücken gekehrt. Viele Schulleitungen fühlen sich überfordert, in dieser Dilemma-Situation darüber zu entscheiden, wem warum Teilzeit gewährt werden sollte“, so die Gewerkschaftschefin. Die Einschränkungen bei der Teilzeit-Option verschärfe die Überlastungssituation.