Die Landesregierung kann das Ausbauziel von 1000 neuen Windkraftanlagen bis Mitte 2027 durchaus erreichen, sagt der Landesverband Erneuerbarer Energien NRW.
Bundesweit an der SpitzeNRW ist das neue Musterland für Windräder
Der Ausbau der Windenergie in Nordrhein-Westfalen hat im vergangenen Jahr deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt sind 154 neue Windräder mit einer Leistung von 748 Megawatt (MW) neu in Betrieb gegangen.
Das ist der zweitbeste Wert seit Einführung der Statistik. Nur 2017 gab es mit 881 Megawatt ein noch größeres Ausbauplus. Weil 2024 aber auch ältere Anlagen abgebaut wurden, liegt der Nettozuwachs an Leistung bei 626 Megawatt. Damit ist NRW sowohl beim Netto- als auch beim Bruttoausbau die Nummer eins in Deutschland. Die Zahlen stammen aus einer vorläufigen Auswertung der Fachagentur Wind und Solar.
Genehmigungen schneller erteilt
Dieser Trend wird auch in den kommenden Jahren anhalten, weil die Genehmigungsbehörden bis zum Jahreswechsel grünes Licht für rund 680 neue Anlagen mit mehr als 4000 Megawatt Gesamtleistung erteilt haben. „NRW liegt mit großem Abstand vorn“, sagte Maximilian Feldes, Geschäftsführer des Landesverbands Erneuerbare Energien (LEE) am Freitag in Düsseldorf. „Was vor Jahren noch undenkbar schien, ist heute Fakt. NRW ist das Windenergie-Land Nummer eins in Deutschland.“
Auch die Verfahren konnten deutlich beschleunigt werden. Im Durchschnitt dauerte es 2024 rund 17 Monate von der Beantragung bis zur Genehmigung eines neuen Projekts. 2023 waren es noch 25 Monate. „Die Entbürokratisierung wirkt“, sagte Feldes. „Es ist aber noch mehr drin, wie einzelne Verfahren zeigen, die in nur neun Monaten durchgezogen wurden.“
Die schwarz-grüne Landesregierung könnte damit ihr Ziel erreichen, bis zum Ende der Wahlperiode Mitte 2027 mindestens 1000 neue Windenergie-Anlagen in Betrieb zu nehmen. Das sind rein rechnerisch 200 Windräder pro Jahr. Sollten die 2024 genehmigten 680 Anlagen in dem kommenden zweieinhalb Jahren auch in Betrieb gehen, sei dieser Brutto-Zubau zu schaffen.
Seit dem Regierungswechsel im Frühsommer 2022 sind nach Angaben des LEE NRW rund 320 neue Windräder an Netz gegangen. „Aus den Genehmigungen müssen letztlich auch Anlagen entstehen“, sagte Maximilian Feldes. „Genehmigungen allein erzeugen noch keine Kilowattstunden.“
Mehr Tempo beim Netzausbau nötig
Es gebe noch weitere Hürden. Themen wie Schwerlasttransporte und der Netzausbau müssten weiter vorangetrieben werden, so Feldes. „Damit es so schnell weitergeht und es in zwei oder drei Jahren nicht zu einem Einbruch beim Windenergie-Ausbau kommt, müssen über die Regionalpläne jetzt schnell neue Flächen ausgewiesen werden.“ Diese neuen Regionalpläne, die derzeit in sechs Planungsregionen in den fünf Regierungsbezirken und dem Ruhrgebiet erarbeitet werden, müssten schnell umgesetzt werden.
1,8 Prozent der Landesfläche ist das Mindestziel für den Ausbau. „Es darf nicht zu Phantomgenehmigungen kommten“, sagte Andreas Düser, Geschäftsführer der Westfalen-Wind Planungs-GmbH & Co KG. Damit sind Flächen gemeint, die ausgeschrieben werden, aber für den Bau von Anlagen ungeeignet sind.
Moderne Windräder seien nur wirtschaftlich, wenn sie mindestens 200 Meter hoch sind. Die Leistungsfähigkeit einer Windenergie-Anlage hänge vom Rotor-Durchmesser ab. Die Kosten für den Bau einer Anlage seien unabhängig von der Höhe nahezu identisch. „Die kleineren Anlagen von 150 bis 180 Meter Höhe rechnen sich nicht und werden in Europa auch kaum mehr angeboten“, so Düser. „Da gibt es nur noch zwei Hersteller. Alle anderen liegen über 200 Meter.“
Bei Regionalplänen nachbessern
Düser betonte, dass die „bislang vorliegenden Planentwürfe auch aufgrund fehlender verbindlicher Vorgaben durch das Land diesen Anforderungen nicht gerecht werden.“ So enthalte der Kölner Regionalplanentwurf zahlreiche Flächen, bei denen deutliche Höhenbegrenzungen für neue Anlagen aufgrund der Militärflughäfen Nörvenich und Geilenkirchen absehbar seien. „Es sind noch reichlich Korrekturen notwendig, die schnell kommen müssen, damit der Windenergieausbau im Land nicht an Fahrt verliert. Der Weg ist der richtige, aber ein paar Stellen müssen wir noch nachsteuern.“ Man sei skeptisch, dass sich in den Regionalplänen noch Änderungen vornehmen lassen, weil sie sich zum Teil schon in der Endabstimmung befinden.
Bei den Schwerlasttransporten müsse es künftig auch Fahrgenehmigungen außerhalb der Nachtzeiten geben. Kurzfristige Absagen von bereits genehmigten Transporten durch die Einrichtung von Nachtbaustellen seien auch ein Problem.