Der Merz-Vorstoß zur Begrenzung der Migration polarisiert das Land. Darüber spricht die Kölner CDU-Abgeordnete Serap Güler.
„Entgleisungen gehen zu weit“Kölner Abgeordnete Serap Güler empört über Särge vor CDU-Geschäftsstelle
![Vor der CDU-Geschäftsstelle in Köln wurde von Aktivistinnen und Aktivisten ein Sarg für die Demokratie platziert.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/06/61cbe9e2-42d5-477c-93e6-803b2e64820a.jpeg?q=75&q=70&rect=0,541,2048,1152&w=2000&h=1894&fm=jpeg&s=7c9ace93c5389eb31db7fc76cb4c3d45)
Vor der CDU-Geschäftsstelle in Köln wurde von Aktivistinnen und Aktivisten ein Sarg für die Demokratie platziert.
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Serap Güler (44) sitzt seit 2021 für die CDU im Bundestag. Bei der Wahl am 23. Februar 2025 tritt sie als Direktkandidatin für den Wahlkreis Köln I an.
Im Endspurt vor der Bundestagswahl ist die Stimmung aufheizt, viele Plakate der CDU-Kandidaten wurden beschmiert. Wie gehen Sie damit um?
In meinem Wahlkreis wurden rund 100 Plakate beschmiert oder beschädigt. Dass auf einigen meiner Plakate „Nazi“ steht, ist wirklich verletzend. Mein Vater, der in dieses Land als Gastarbeiter kam, wurde von den Nazis beschimpft, er würde den Deutschen den Arbeitsplatz wegnehmen. Jetzt muss sich seine Tochter anhören, ein Nazi zu sein. Ich glaube, das macht deutlich, wie absurd hier einige die Debatte gerade führen. Solche Entgleisungen gehen zu weit.
Werfen Sie SPD und Grünen vor, durch ihre Anschuldigungen eine Mitverantwortung für die Sachbeschädigungen zu tragen?
Fest steht, dass einige Wortmeldungen erheblich mit dazu beigetragen haben, die Stimmung aufzuheizen. So hat zum Beispiel Karl Lauterbach erklärt, die Abstimmung über den Gesetzentwurf sei das dunkelste Kapitel in der Geschichte des Bundestags gewesen, Rolf Mützenich hat behauptet, die Union habe das „Tor zu Hölle“ aufgestoßen. Solche unangemessenen Botschaften haben leider ihre Wirkung nicht verfehlt. In unserer Geschäftsstelle in Köln oder in meinem Wahlkreisbüro war die Polizei, um die Mitarbeiter sicherheitstechnisch zu unterweisen, das macht Mitarbeitern natürlich Sorge und auch Angst. Wenn Särge vor unserer Geschäftsstelle aufgestellt werden, ist eine völlig inakzeptable Grenzüberschreitung. Wir wollen die Probleme lösen, von denen ausschließlich die Faschisten in unserem Land profitieren.
„Er ist heuchlerisch, was SPD und Grüne gerade betreiben“
Tatsächlich wurde aber bei der Abstimmung über das Zustrombegrenzungsgesetz ja erstmal die „Brandmauer“ zur AfD von der CDU durchbrochen. Verstehen Sie nicht, dass den Menschen das Sorge bereitet?
Mich ärgert diese inszenierte Entrüstung. Wenn wir aus der demokratischen Mitte das Problem der irregulären Migration nicht endlich lösen, löst sich bald die demokratische Mitte auf – das macht mir Sorge. Ich bedauere es sehr, dass unser Antrag neben den Stimmen der FDP eine Mehrheit mit der AfD bekam. Wenn es der SPD um die Sache gegangen wäre, hätte sie in allen Punkten mitgehen können. Beim Familiennachzug fordern wir die Aussetzung für alle diejenigen, die hier kein Bleiberecht haben – das war bis 2019 Gesetzeslage und wurde im Oktober 2024 von allen Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer einstimmig gefordert. Und dass die Bundespolizei mehr Befugnisse bei Abschiebungen braucht, fordern mittlerweile auch alle anderen Parteien auch. Deshalb ist das wirklich heuchlerisch, was hier gerade SPD und Grüne betreiben.
![Das Wahlkampfplakat von Serap Güler (CDU) wurde beschmiert.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/06/ae4130e3-5a1f-48ee-838c-07997f8b4138.jpeg?q=75&q=70&rect=0,384,2048,1152&w=2000&h=1500&fm=jpeg&s=e6e7355449eb68eed3b3df3fd5d819d3)
Das Wahlkampfplakat von Serap Güler (CDU) wurde beschmiert.
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War Merz gut beraten, eine Mehrheit für seine Pläne notfalls auch mit den Stimmen der AfD durchsetzen zu wollen?
Ich habe dem Antrag meiner eigenen Fraktion im Bundestag zugestimmt, weil ich hinter dem Antrag stehe. Wir müssen Lösungen finden, die irreguläre Migration stark zu reduzieren. Über 50 Prozent der Menschen, die bei uns einen Asylantrag stellen, bekommen hier gar keinen Schutzstatus, wenn sie aber einmal da sind, bleiben sie auch. Das überfordert unsere Kommunen, auch Köln. Und leider war das eben bei dem Täter in Aschaffenburg auch der Fall, auch er hätte nicht hier sein dürfen.
Die heftige Debatte über das Zustrombegrenzungsgesetz hat eine große Kluft zwischen die demokratischen Parteien getrieben. War der Showdown, der viele Verletzte hinterlassen hat, das wert?
Wir wurden nach dieser schrecklichen Tat alle mit vielen Fragen oder Schuldzuweisungen konfrontiert. Bei uns an den Infoständen haben mich nach dem Wochenende viele gefragt, ob sie ihr Kind eigentlich noch sicher in die Kita schicken können und warum der Staat so versagt. Das geht an einem nicht vorbei. Deshalb war für uns klar: Wir können die letzte Sitzungswoche des Bundestages nicht einfach zur Tagesordnung rübergehen. Die Menschen haben es satt nur Worte der Betroffenheit zu hören.