Der Interimschef der NRW-SPD Marc Herter erklärt im Interview, warum die Partei noch in der Krise steckt – und wie der Weg aus ihr aussehen könnte.
NRW-Chef Herter fordert Kurswechsel„Die SPD wird die Bürgermeister mehr einbinden. Sie wissen, wo der Schuh drückt“
Am Wochenende trifft sich die NRW-SPD in Münster zu einem Parteikonvent. Wie soll es weitergehen? Herter schlägt vor, dass die NRW-SPD künftig mehr auf die erfolgreichen Bürgermeister hören soll. Die „Kommunalos“ wüssten am besten, wo den Menschen der Schuh drücke – das müsse künftig stärker in die landespolitische Positionierung einfließen, fordert Herter.
Die SPD ist auf der Suche nach einem neuen „Mission-Statement“. Muss die Partei sich neu erfinden, um wieder erfolgreich zu sein? Nein. Aber in der Vergangenheit war die SPD immer dann erfolgreich, wenn sie eine klare Botschaft hatte, die mit ihrem Spitzenpersonal verbunden wurde. „Versöhnen statt Spalten“ oder „Der Himmel über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden!“ waren zentrale Botschaften von Johannes Rau beziehungsweise Willy Brandt, „Wir lassen kein Kind zurück“ das Versprechen von Hannelore Kraft. Es muss klar werden, dass die SPD Politik für die Menschen macht – um nicht nur um sich selbst kreist.
Herter: Ein Mission-Statement ist mehr als ein Slogan
Sie suchen jetzt einen Slogan, aber es steht ja noch nicht gar nicht fest, wer die SPD künftig führt... Na, ein Mission-Statement ist schon mehr als der Slogan, der am Ende daraus erwächst. Wer die SPD künftig führt, wird sich bis zur Sommerpause abzeichnen. Beides wird beim Parteitag im August verabschiedet und es wird zueinander passen. Da bin ich sicher.
Was versprechen Sie sich von dem Parteikonvent in Münster? Wir wollen nach vorne blicken und einen Plan entwickeln, wie die Kraftzentren der Partei die PS gemeinsam besser auf die Straße bringen. Partei, Landtagsfraktion und Bundestagsgruppe müssen enger zusammenarbeiten. Wir haben zudem viele erfolgreiche Bürgermeister und auch Landräte, von denen wir lernen können.
Was meinen Sie damit? Wir werden die Bürgermeister stärker einbinden. Sie wissen genau, wie die Menschen vor Ort ticken und wo ihnen der Schuh drückt. Das ist für die NRW-SPD ein nicht zu unterschätzender Wert, den wir für unsere landespolitische Positionierung nutzen sollten. Die Bürgermeister müssen jeden Tag die wirtschaftliche Transformation und den sozialen Zusammenhalt in den Kommunen zusammenbringen. Dabei genießen sie hohes Vertrauen, weil die Menschen spüren, wenn sich gute Politik auf ihren Alltag auswirkt.
Mit welchen Themen punktet die SPD in den Kommunen? In Hamm sind wir mit dem Versprechen angetreten, die Stadt zur familienfreundlichsten Kommune in Deutschland zu entwickeln. Das ist ein Ansatz, der auf die Mitte der Gesellschaft zielt. Wir haben mittlerweile viel auf den Weg gebracht. 14 neue Kitas gehen in die Umsetzung, die Kita-Gebühren wurden halbiert, die Spielplätze saniert und ein Familienrathaus kommt im Herbst.
Sie sind der Oberbürgermeister von Hamm. Ist das eine Bewerbung für den Parteivorsitz? Nein. Da ist nur ein Beispiel, das zeigen soll, wo die kommunale Ebene etwas zur Ausrichtung der Landespartei beitragen kann.
Die SPD steht derzeit in Umfragen bei 20 Prozent, ist also nach dem desaströsen Ergebnis bei der Landtagwahl noch weiter abgesackt. Woran liegt das? Wir haben bislang den Neustart nicht hingekriegt. Der Rückzug des Vorsitzenden zeigt, dass die NRW-SPD noch nicht über den Berg ist. Attraktiver wird sie dadurch jedenfalls nicht. Aber mir ist um die Zukunft der NRW-SPD nicht bange. Es ist wie im Fußball. Wir haben viele gute Einzelspieler – wenn daraus ein jetzt ein schlagkräftiges Team erwächst, werden wir wieder Siege einfahren.