Experten befürchten, dass die rechtsextreme Organisation Säle anmietet, um Hass und Hetze zu verbreiten.
Ärger um WahlkampfRechtsextreme Graue Wölfe sind für Erdogan auf Stimmenfang in NRW
Am 14. Mai finden in der Türkei Präsidentschaftswahlen statt. Auch in Deutschland sind rund 1,4 Millionen türkischstämmige Wähler stimmberechtigt. Die FDP im Düsseldorfer Landtag befürchtet, dass die rechtsextremen Grauen Wölfe in NRW ungehindert für Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan (AKP) auf Stimmenfang gehen können.
„Die Grauen Wölfe sind laut Verfassungsschutzbehörden als extrem nationalistisch, antisemitisch und rassistisch eingestuft“, sagte FDP-Innenexperte Marc Lürbke dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Gerade vor der anstehenden Wahl muss die Landesregierung aus CDU und Grünen deshalb alles unternehmen, um Hass und Hetze sofort und unmissverständlich einen Riegel vorzuschieben“, so der Liberale.
Hetze in Neusser Moschee
Nach dem Wahlkampfauftritt eines Abgeordneten der Partei AKP in einer Neusser Moschee hat das Auswärtige Amt vor türkischer Wahlkampf-Hetze gewarnt. Der Parlamentarier hatte die Tötung von Anhängern der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und von Anhängern der Gülen-Bewegung gefordert. „Mit Gottes Erlaubnis werden wir sie, egal wo auf der Welt, aus den Löchern ziehen, in denen sie sich verkrochen haben, und vernichten“, erklärte der Redner. Solche Sätze hätten „in NRW und auch sonst wo nichts zu suchen“, betonte Lürbke. Die Landesregierung dürfe „sich vor der Türkeiwahl nicht länger wegducken“ und müsse „endlich aufwachen“.
Die Grauen Wölfe („Ülkücü-Bewegung“) sind unter dem Dachverband ADÜTDF („Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland“) organisiert. In NRW betreiben sie etwa 70 Vereine mit rund 2000 Mitgliedern. Die menschenfeindlichen Parolen gegen Kurden, Juden, Armenier und Christen seien „Gift für das friedliche Zusammenleben“ in NRW, sagte Lürbke.
Ein Problem: Manche Saalanbieter wissen nicht, dass sie Räumlichkeiten an Extremisten vermieten. „Warum sensibilisiert die Landesregierung also nicht endlich gezielt die Kommunen und Vermieter von Veranstaltungsräumen vor den Gefahren, um auch Vermietungen privater Räumlichkeiten für Wahlkampfveranstaltungen von Türkisch-Rechtsextremen wie Grauen Wölfen besser zu unterbinden?“, fragt sich der FDP-Innenexperte. Bundesländer wie Bayern hätten längst umfangreiche Handreichungen entwickelt, wie man mit öffentlichen oder privaten Vermietungen an Rechtsextremisten umgehen sollte.
Güler will Verbot der Grauen Wölfe
Auch Serap Güler (CDU), Bundestagsabgeordnete aus Köln, verlangt ein hartes Durchgreifen gegen die Grauen Wölfe. „Die Große Koalition hatte zurecht 2018 durch eine Verbalnote ausländischen Politikern drei Monate vor einer Wahl Wahlkampfauftritte in Deutschland untersagt“, sagte die Integrationsexpertin unserer Zeitung. „Dies erfolgte, weil auch damals vor den Präsidentschaftswahlen in der Türkei vermehrt türkische Politiker auf Stimmenfang bei den rund 1,4 Millionen hiesigen Wahlberechtigten waren“, so Güler.
Jetzt, in der heißen Phase des türkischen Wahlkampfes, sei erneut mit Hass und Hetze gegen die Opposition oder gegen Minderheiten zu rechnen. Wenn es erneut zu inakzeptablen Äußerungen komme, müsse man ernsthaft über Konsequenzen nachdenken. „Für die Grauen Wölfe ist dieser Schritt jetzt schon überfällig. Dem Verfassungsschutz liegen hierfür genug Belege vor. Hier sollten wir endlich dem österreichischen Vorbild folgen und diese rechtsextreme Organisation auch in Deutschland verbieten“, forderte Güler.
Ein Sprecher von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte unserer Zeitung, bei den Grauen Wölfen handele es sich nicht um eine verbotene Organisation oder terroristische Vereinigung. „Auch die verschiedenen der Ülkücü-Bewegung zuzurechnenden Vereinigungen unterliegen keinerlei Verboten, weshalb polizeiliche Maßnahmen und somit auch Maßnahmen des Polizeilichen Staatsschutzes ausscheiden“, erklärte der Sprecher. Bei Bekanntwerden von Straftaten würden aber „selbstverständlich entsprechende polizeiliche Maßnahmen“ getroffen.
Staatsschutz beobachtet Vereine
In NRW wird die Ülkücu-Bewegung vom Verfassungsschutz beobachtet. Dabei haben die Ermittler neben den einzelnen Ortsvereinen auch die jeweiligen Moscheen im Blick. „Die Ideologie der Ülkücü-Bewegung ist von einem übersteigerten Nationalbewusstsein geprägt und äußert sich vorrangig in der Verherrlichung des Türkentums bei gleichzeitiger Herabwürdigung anderer Ethnien“, so der Reul-Sprecher. Im Vorfeld des Wahltermins werden vom Verfassungsschutz jetzt gezielt türkische Zeitung ausgewertet, um auf fragwürdige Wahlkampfveranstaltungen in NRW aufmerksam werden zu können. Wird ein Termin der Grauen Wölfe bekannt, stelle der Verfassungsschutz „einen engen Austausch mit den örtlichen Sicherheitsbehörden wie Polizei und der jeweiligen Kommune“ her, hieß es. Wegen der bundesweiten Verbreitung der Ülkücü-Bewegung sei nicht NRW, sondern der Bund für ein mögliches Verbot zuständig.
Bei der Präsidentschaftswahl 2018 stimmten 65 Prozent der in NRW lebenden türkischen Staatsbürger für Erdogan. In der Türkei erreichte die AKP nur 53 Prozent.