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NRW-Umweltminister in ErftstadtKrischer ist ein Kröten-Versteher – Land will Engagement im Artenschutz fördern

Lesezeit 3 Minuten
NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) besucht ein Krötenschutzprojekt bei Erftstadt und hält Erdkröten in seinen Händen.

„Wegen der Laichschnüre ist sie viel größer als die Männchen“, erklärt NRW-Umweltminister beim Ortstermin in Erftstadt.

Mit wenig Geld viel erreichen: Das ist das Ziel der Umweltschecks der NRW-Landesregierung. In Erftstadt profitiert ein Projekt, das jedes Jahr Tausende Kröten rettet.

Es soll ja Leute geben, die sich vor Kröten ekeln. Zu denen gehört der Mann, der hier am Morgen aus einer dunklen Limousine gestiegen ist, offensichtlich nicht. „Sehen Sie mal, dieses Exemplar ist ein Weibchen“, sagt Oliver Krischer wenig später, und hält eine Erdkröte in die Kamera, die auf seiner Handfläche sitzt. Das erkenne man an der Größe, erklärt der NRW-Umweltminister. „Wegen der Laichschnüre ist sie viel größer als die Männchen.“

Der Mann kennt sich aus. Das hat Gisela Wartenberg schnell erkannt. Die frühere Grundschullehrerin trägt eine blaue Weste mit der Aufschrift „Nabu“. Mittlerweile ist sie 81 Jahre alt, schon lange in Pension, um Kröten kümmert sie sich aber immer noch. „Früher bin ich jeden Tag auf dem Weg zur Schule hier vorbeigefahren“, erinnert sich die Leiterin der Nabu-Ortsgruppe Erftstadt. „Es war schlimm. Jeden Morgen war die Straße voll von überfahrenen Kröten.“

NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) mit den Helferinnen Anke Martes und Walburga Buschke sowie Bürgermeisterin Carolin Weitzel (l. CDU).

NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) mit den Helferinnen Anke Martes und Walburga Buschke sowie Bürgermeisterin Carolin Weitzel (l. CDU).

Damit ist es jetzt vorbei. Dafür sorgt im Friesheimer Busch in Erftstadt ein 900 Meter langer Krötenschutzzaun. Der hindert die Amphibien daran, bei ihrer Wanderung in die Laichgewässer die Straße zu überqueren, über die die Lastwagen donnern, die die nahegelegene Kiesgrube anfahren. „Pro Jahr werden hier 2000 Erdkröten, 400 Molche und 200 Springfrösche gerettet“, sagt Jens Hoffesommer von der Umweltabteilung der Stadt Erftstadt. „Das ist ein Hotspot. Deswegen sind die Schutzmaßnahmen hier besonders effektiv.“

Friesheimer Busch ist ein Kröten-Hotspot

Am Friesheimer Busch kümmern sich die Kommune, die Biologische Station Bonn/ Rhein-Erft und das Umweltnetzwerk Erftstadt e. V. gemeinsam um das Projekt. Wochentags sind Helfer aus dem Bundesfreiwilligendienst aktiv. Am Wochenende sind Freiwillige unterwegs, um die Tiere zu retten. Anke Martens und Walburga Buschke zum Beispiel. Sie sind ein eingespieltes Team. Schon frühmorgens sammeln sie die Kröten ein, die beim Versuch, den Fangzaun zu überwinden, in einen der roten Plastikeimer rutschen, die in kurzen Abständen in den Boden eingelassen sind. „Das kann schon mal ein paar Stunden dauern, bis wir fertig sind“, sagt Martens. Der Minister nickt anerkennend. „Ohne das Ehrenamt wären viele Artenschutzprojekte nicht möglich“, sagt Krischer.

Land will Ehrenamt im Naturschutz stärken

Eine Studie des Sinus-Instituts ist zu dem Ergebnis gekommen, dass rund 60 Prozent der Menschen in NRW bereit sind, sich persönlich für den Tier- und Artenschutz einzubringen. Die Wahrnehmung, dass ein umfassender Wandel nötig ist, um der Umwelt- und Klimakrise zu begegnen, hat deutlich zugenommen. 80 Prozent der Jugendlichen sind der Meinung, dass die Erhaltung und Wiederherstellung von Ökosystemen eine vorrangige gesellschaftliche Aufgabe ist.

Das Land NRW will neben dem hauptamtlichen Naturschutz auch die Unterstützung des Ehrenamts weiter ausbauen. Das Umweltministerium stellt jährlich bis zu 1000 „Umweltschecks“ in Höhe von jeweils 2000 Euro zur Verfügung. Damit können zum Beispiel der Fledermausschutz, die Pflege von Nisthilfen für Vögel oder Renaturierungen unbürokratisch gefördert werden. 2024 ging einer der ersten Umweltschecks nach Erftstadt. Bei seinem Besuch dankte der Minister den beteiligten Unterstützern für ihren Einsatz.

Krischer ist in der Eifel groß geworden, im Garten der Eltern befand sich ein Froschteich. „Mich faszinieren diese Tiere, ich finde sie schön“, sagt der Politiker, der eigentlich Biologe werden wollte. Gutgelaunt steigt er nach sechzig Minuten wieder in seinen Dienstwagen. Er nimmt mit, dass die Krötenpopulation im Friesheimer Busch Dank der Schutzmaßnahmen wieder angestiegen ist. Wenn die großpolitische Wetterlage schwierig ist, sind auch kleine Erfolge eine schöne Nachricht.