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Offener StrafvollzugHunderte Häftlinge verließen NRW-Vollzugsanstalten ohne Genehmigung

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ARCHIV - 13.12.2022, Sachsen-Anhalt, Burg: Der Tag bricht über der drahtbewährten Mauer der Justizvollzugsanstalt Burg an. (zu dpa: «Nur wenige Gefangene dürfen Langzeitbesuch empfangen») Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

In Nordrhein-Westfalen stehen 74 Inhaftierte im Verdacht, 2024 im offenen Vollzug Straftaten begangen zu haben.

74 Inhaftierte stehen noch dazu im Verdacht, im vergangenen Jahr im offenen Vollzug Straftaten begangen zu haben.

Im Landtag hat sich eine Debatte um den offenen Strafvollzug in NRW entzündet. Während Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) von einem Erfolgsmodell spricht, reagiert die FDP skeptisch. Auslöser ist eine Antwort auf eine Kleine Anfrage der liberalen Landtagsfraktion. Laut dem Papier, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, verließen insgesamt 463 Häftlinge zwischen 2022 bis 2024 die fünf offenen Vollzugseinrichtungen in NRW ohne Genehmigung. Bei knapp 18.000 Insassen dieser Einrichtungen in dem Zeitraum liegt der Prozentsatz damit zwischen zwei und drei Prozent. Die Zahl der Nichtrückkehrer variierte den Angaben zufolge zwischen 174 (im Jahr 2024) bis 202 (2023).

Dabei stehen allein im vergangenen Jahr 74 Inhaftierte aus dem offenen Strafvollzug im Verdacht, neue Straftaten begangen zu haben. Die Quote liegt im Vergleich zur Gesamtzahl der Gefangenen in den Ausgangsknästen bei 2,5 Prozent.

Bessere Haftbedingungen durch Ummeldung des Wohnsitzes?

Auch wehrt sich der Justizminister gegen Vorwürfe anderer Bundesländer über einen Strafvollzugstourismus nach NRW, da es hier auch für Verurteilte mit hohen Haftstrafen leichter sei, in den offenen Vollzug zu gelangen. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte darüber berichtet. „Ausweislich einer aktuellen Beteiligung der Leiterinnen und Leiter (….) mit einer Zuständigkeit für den offenen Vollzug gibt es keinen Strafvollzugstourismus nach Nordrhein-Westfalen“, betonte der Grünen-Politiker.

NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne, l) steht neben Werner Pfeil (FDP).

NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne, l) widerspricht Werner Pfeil (FDP): Es gebe keinen Strafvollzugstourismus nach Nordrhein-Westfalen.

Werner Pfeil bleibt skeptisch: „Die Landesregierung verschließt weiterhin die Augen vor einem offensichtlichen Problem. Wer behauptet, es gebe keinen Strafvollzugstourismus nach Nordrhein-Westfalen“, so der rechtspolitische Sprecher der FDP, „ignoriert nicht nur die Realität in den Justizvollzugsanstalten, sondern auch die zunehmende öffentliche Kritik an einer Praxis, die Kriminellen Tür und Tor öffnet.“

Pfeil fordert restriktivere Regeln für Nordrhein-Westfalen

Laut Pfeil sprechen die Zahlen für sich: „Hunderte Gefangene werden jedes Jahr aus dem geschlossenen in den offenen Vollzug verlegt, teils trotz erheblicher Vorstrafen. Allein im Jahr 2023 stiegen die Fälle von Entweichungen und Straftaten während vollzugsöffnender Maßnahmen spürbar an – ein Warnsignal, das der Justizminister offenbar nicht hören will.“

Diese Haltung gefährde das Vertrauen der Bevölkerung in einen funktionierenden Rechtsstaat. Wenn Täter, „die wegen Drogenhandel, Betrug oder Gewalt verurteilt wurden, nach kurzer Zeit wieder auf der Straße sind, untergräbt dies das Gerechtigkeitsempfinden der Menschen“. Pfeil forderte Justizminister Limbach auf, die Praxis in NRW grundlegend zu überprüfen und sich ein Beispiel an anderen Bundesländern zu nehmen, „die mit deutlich restriktiveren Regeln für mehr Sicherheit sorgen“.