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Stadt Essen verliert vor GerichtAfD darf die Grugahalle für ihren Bundesparteitag Ende Juni nutzen

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Nordrhein-Westfalen, Essen: Blick auf die Grugahalle. Dort will die AfD am 29. und 30. Juni ihren Bundesparteitag veranstalten.

Essen: Blick auf die Grugahalle. Dort will die AfD am 29. und 30. Juni ihren Bundesparteitag veranstalten.

Die Messe Essen hatte den Mietvertrag mit der AfD Anfang Juni gekündigt, aber die Partei zog vor das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Dies entschied: Der Mietvertrag bleibt gültig.

Der Gerichtsstreit endet für die Stadt Essen mit einer Niederlage. Am Freitagmorgen hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen den Weg frei gemacht für den Bundesparteitag der AfD: Sie darf ihn am 29. und 30. Juni in der Grugahalle abhalten. Noch ist der Beschluss nicht rechtskräftig, die Beteiligten dürfen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster einlegen. Anfang Juni hatte die Stadt Essen den Mietvertrag gekündigt, da die AfD einer Zusatzklausel nicht zustimmte.

Abgeschlossen wurde der Mietvertrag für die Grugahalle bereits im Januar 2023. In der Zwischenzeit, so argumentiert die Stadt Essen, habe sich die Partei jedoch radikalisiert. Im Frühjahr wurde beschlossen, dass der Rat eine Zusatzklausel einfügen sollte, mit der sich die AfD dazu verpflichtet, während des Parteitags keine strafbaren Äußerungen zu tätigen. Diese Vertragsänderung begründet die Stadt mit Verweis auf Björn Höcke, der wegen der Verwendung der SA-Losung „Alles für Deutschland“ zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Würden trotz dieser Selbstverpflichtung strafrechtlich relevante Äußerungen fallen, so der Plan der Stadt, hätte der AfD eine hohe Geldstrafe gedroht.

Urteil: Die AfD darf bei Anmietung nicht anders behandelt werden als andere Parteien

Doch die AfD stimmte der Zusatzklausel nicht zu, ließ eine Frist der Stadt verstreichen, zog vor das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. Die Stadt kündigte ihrerseits Anfang Juni nach Ablauf der Frist den Vertrag.

Vor Gericht bekam die Partei nun Recht: Die Stadt Essen müsse die Grugahalle zur Verfügung stellen und darf den Zugang nicht „von der Abgabe einer strafbewehrten Selbstverpflichtungserklärung abhängig machen“, schreibt das Verwaltungsgericht in einer Pressemitteilung. Die AfD habe einen Anspruch auf Gleichbehandlung bei der Zulassung für öffentliche Gebäude. „Sie darf nicht anders behandelt werden als andere politische Parteien, die Zugang zur Grugahalle begehren.“ Nur, wenn die Gefahr von strafbaren Handlungen bestehe, dürfe der Zugang versagt werden. Diese Gefahr sehen die Richter offenbar nicht: „Das Gericht konnte keine hinreichende Tatsachengrundlage erkennen, die die erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit von Rechtsverletzungen hätte begründen können.“

Der stellvertretende Bundessprecher der Partei, Peter Boehringer begrüßt die Entscheidung des Gerichts. Die Stadt habe aus politischen Gründen einen Präzedenzfall geschaffen und eine „lex AfD“ kreieren wollen, so Boehringer. „Dem hat das Gericht nun einen Riegel vorgeschoben.“

Essener Oberbürgermeister: Brauchen klarere Regeln für die Vermietung städtischer Veranstaltungsorte

Andere Schlüsse zieht die Stadt Essen: „Einen Anspruch der AfD auf die Durchführung des Parteitags hatten wir gar nicht bestritten“, sagt Oberbürgermeister Thomas Kufen. Es sei lediglich eine Verpflichtung der AfD „zur Verhinderung von möglichen Straftaten“ vorgesehen gewesen. Bei der Wahrscheinlichkeit strafbarer Handlungen vertrete die Stadt eine andere Haltung als das Gericht, gleichwohl akzeptiere sie den Beschluss. „Das heißt jetzt meines Erachtens, dass es Aufgabe der Stadt ist, klarere Regeln für die Vermietung von städtischen Veranstaltungsorten zu fassen“, so Kufen.

Am Montag geht das Tauziehen zwischen AfD und der Stadt Essen weiter – dieses Mal vor dem Landgericht Essen, wo ein Zivilverfahren anhängig ist. Die Stadt Essen erwartet nun ein turbulentes letztes Juniwochenende: Kirchen, Gewerkschaften, Stadt, Unternehmen und Initiativen haben zu Kundgebungen gegen Rechts aufgerufen, es sind dutzende Versammlungen mit zehntausenden Demonstranten geplant. Die Hauptveranstaltung soll auf dem Messeparkplatz direkt an der Grugahalle stattfinden. In dieser Halle hat die AfD bereits vor neun Jahren einen denkwürdigen Parteitag erlebt: Damals servierte die Partei ihren Gründer Bernd Lucke ab und wählte Frauke Petry an die Macht.