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Startchancen-Programm31 Brennpunktschulen in Köln profitieren schon ab Sommer

Lesezeit 4 Minuten
Ranzen in einer Schulklasse.

Die Ressourcen des Startchancen-Pakets sollen vor allem Grundschulen zugute kommen.

Bund und Land investieren 20 Milliarden in Bildungsgerechtigkeit - was Kölner Schulen erhoffen.

Es ist eine gute Nachricht für Kölner Schulen in sozialen Brennpunkten: Das Startchancen-Programm für Schulen in herausfordernden Lagen geht pünktlich zum kommenden Schuljahr an den Start. Nachdem Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) und die Kultusministerkonferenz in dieser Woche mit ihrer Unterschrift den offiziellen Startschuss gegeben haben, wird es nun ab Mitte Juni konkret.

Bundesweit sollen über die kommenden zehn Jahre 4000 Schulen in sozial schwierigen Lagen eine spezielle Förderung bekommen, um mehr Bildungsgerechtigkeit zu schaffen. 20 Milliarden Euro werden Bund und Länder dafür über die kommenden zehn Jahre bereitstellen.

400 Schulen in NRW sind in der ersten Kohorte dabei

In Nordrhein-Westfalen werden von dem Geld laut Schulministerium 920 Schulen beziehungsweise rund 230.000 Schülerinnen und Schüler profitieren. Das entspricht einem Anteil von etwa zehn Prozent der Schulen. „Wir werden ganz gezielt Schulen in herausfordernder Lage unterstützen“, erläuterte Schulministerin Dorothee Feller (CDU). Dabei solle es vor allem um die Basiskompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen gehen, damit alle Kinder gute Bildungschancen hätten. NRW erhält vom Bund dafür 2,3 Milliarden Euro und wird in derselben Höhe auch Landesmittel zur Verfügung stellen.

In einer ersten Kohorte sind in Nordrhein-Westfalen für das neue Schuljahr 400 Schulen eingeladen worden, mitzumachen – zwei Drittel davon sind Grundschulen. In Köln sind 20 Grundschulen dabei, außerdem vier Hauptschulen, vier Realschulen sowie die beiden Berufskollegs Ehrenfeld und Deutzer Freiheit und als einzige Gesamtschule die Katharina-Henoth-Gesamtschule in Höhenberg. Die Schulen dieser ersten geförderten Gruppe sind allesamt in die höchsten Sozialindexstufen 9 und 8 eingeordnet.

Wir beurteilen das Programm positiv und sehen große Chancen darin
Christiane Hartmann, Leiterin der James-Krüss-Grundschule Ostheim

Um die Auswahl der Schulen genau am Bedarf zu orientieren, hatte das Schulministerium bereits zu Beginn des Jahres einen neuen schulscharfen Sozialindex vorgelegt. Bei der Berechnung wurden die Kriterien Armut, Anteil der Schülerinnen und Schüler mit nicht deutscher Familiensprache oder Zuzug aus dem Ausland sowie Anteil der Schüler mit Lernentwicklungsstörungen zugrunde gelegt. So sollte sichergestellt werden, dass die Förderung genau bei den Schülerinnen und Schülern ankommt, die sie am dringendsten benötigen.

Am 18. Juni treffen sich nun die Schulleitungen aller ausgewählten Kölner Schulen in Neuss mit Vertretern des Schulministeriums, um die konkrete Ausgestaltung abzustimmen. „Wir sind froh, dass wir dabei sind“, sagt Ulrich Becker, Leiter der Grundschule im Süden in Meschenich. „Wie allerdings genau die Unterstützung aussieht, weiß ich noch nicht.“ Er hoffe auf genauere Informationen in Neuss.

Grundsätzlich steht das Programm auf drei Säulen: Ein Teil ist ein Investitionsbudget, das in eine lernförderliche Ausstattung der Schule fließen soll. Der zweite Teil soll in pädagogische und systemische Beratung und Unterstützung der Schulen fließen. Die dritte Säule ist ein zusätzliches Personal-Budget, mit dem die Schulen neben den Lehrkräften Fachkräfte in multiprofessionellen Teams zusammenstellen können.

Kölner Schulen wünschen sich passgenaue Unterstützung

„Auch wenn wir bislang noch wenig Details kennen: Wir beurteilen das Programm sehr positiv und sehen viele Chancen darin“, sagte Christiane Hartmann, Schulleiterin der James-Krüss-Grundschule in Köln-Ostheim. Sie hoffe für ihre Schule auf bauliche Verbesserungen. Dies müssten jedoch Projekte sein, die zusätzlich zu den baulichen Plänen der Stadt gefördert werden. Das heißt, es dürfe sich nicht um Maßnahmen handeln, die die Stadt ohnehin schon auf ihrer Liste habe.

Beim zusätzlichen Fachpersonal ist für Hartmann zentral, dass die Schulen genau auf ihre jeweiligen Bedarfe zugeschnitten Stellen anmelden können, bevor diese dann von der Bezirksregierung ausgeschrieben werden. „Jede Schule braucht etwas anderes. Da muss ganz genau vor Ort eruiert werden.“ Es dürfe nicht sein, dass nun mit der Gießkanne Maßnahmen gefördert würden. Jede Schule müsse für sich das auf sie zugeschnittene Optimum rausholen können.

Ich würde gerne ausprobieren dürfen, wie wir das Lernen verbessern
Christiane Hartmann, James-Krüss-Grundschule Ostheim

Vor allem aber wünscht sich Schulleiterin Hartmann, dass mit dem Startchancen-Programm für die Schulen mehr Freiraum einzieht. „Ich würde gerne ausprobieren dürfen, wie wir das Lernen verbessern.“ Ihr schwebt für die Startchancen-Schulen eine Art Status als Laborschule vor – wobei die jeweiligen Maßnahmen dann auch begleitend wissenschaftlich auf ihre Wirksamkeit hin evaluiert werden sollten.

Viele Kölner Kinder noch nicht schulfähig

Zwei Dinge würde Hartmann gerne an ihrer Schule systemisch testen: Zum einen die Abschaffung des Notenzwangs. „Wir haben die Erfahrung, dass Noten für die Lernmotivation nicht gut wirken. Gerade für schwächere Kinder. Und wir brauchen diese auch nicht, um eine fundierte Schulempfehlung für die weiterführende Schule auszusprechen.“ Sie würde gerne ausprobieren dürfen, ob eine solche Abschaffung die Lernmotivation und damit die Lernergebnisse verbessere.

Außerdem würde Hartmann gerne mit einer Vorschulklasse in ihrer Schule experimentieren. Grundlage ist die Beobachtung, dass immer mehr Kinder mit der Einschulung die sogenannten Vorläuferfähigkeiten nicht mitbringen. Das heißt, sie können etwa keinen Stift halten, nicht ruhig sitzen oder ihnen fehlen grundlegende Sprachfähigkeiten. „In diesem Jahr habe ich so viele Kinder zurückstellen lassen wie noch nie“, erläutert sie. Diese Kinder bleiben nun ein Jahr länger im Kindergarten – wo sie aber aufgrund der dortigen Personalsituation oft auch nicht adäquat gefördert werden könnten.