Wenn Kitas Notenblätter verwenden, müssen die Erzieher komplizierte Gema-Anträge ausfüllen. Die Landesregierung lehnt es ab, ihnen die Arbeit aus der Hand zu nehmen.
Streit um Gema-GebührenKita-Kinder dürfen „Stups, der kleine Osterhase“ nicht einstudieren
„Stups, der kleine Osterhase, fällt andauernd auf die Nase, ganz egal wohin er lief: Immer ging ihm etwas schief.“ Das bekannte Lied von Rolf Zuckowski wird vor dem Osterfest von vielen Kindern begeistert gesungen. Viele Kitas in NRW trauen sich aber nicht, den Text mit den Kindern einzustudieren. „Das ist uns zu heikel“, sagte Björn Schmitz, langjähriger Vorstand der Kita „Bärenhöhle“ im münsterländischen Recke. „Wenn wir Textblätter ausgeben, müssten wir Gema-Gebühren zahlen. Anderenfalls droht uns eine Geldstrafe,“ sagte Schmitz dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Urheber müssen 70 Jahre tot sein
Gema ist die Abkürzung der „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte“, die Urheberrechte von Komponisten und Musikern verwaltet und die Nutzungsgebühren für sie einzieht. Kostenlos kann man die Noten nur dann öffentlich nutzen, wenn die Urheber mehr als 70 Jahre tot sind. „Dass der ,Stups‘ gebührenfrei gesungen werden darf, werde ich wohl nicht mehr erleben“, so Björn Schmitz. Dabei sei die Lösung doch so einfach. „Die schwarz-grüne Landesregierung muss einen Rahmenvertrag mit der Gema abschließen, so wie das zum Beispiel Baden-Württemberg oder Bayern gemacht haben. Das entlastet die Erzieherinnen und Erzieher von dem enormen bürokratischen Aufwand“, erklärte Schmitz. Man könne von den Betreuern nicht erwarten, dass die „Gemalogie“ studieren müssten, um Lieder einzustudieren.
Der Streit um die Gema-Gebühren schlägt hohe Wellen. Dennis Maelzer, Kita-Experte der SPD im Landtag, spricht von einem „Unding“: „Immer wieder heißt es, wir wollen unsere Fachkräfte von unnötiger Bürokratie befreien“, ärgert sich die Politiker. Ein Landesrahmenvertrag sei kostengünstig und entlaste die Einrichtungen. „Die Künstler kommen zu ihrem Recht und Kinder können das singen, was sie am liebsten mögen - es gäbe nur Gewinner, wenn Familienministerin Josefine Paul bereit wäre, über ihren Schatten zu springen“, so Maelzer. Das hat die Politikerin der Grünen in diesem Fall allerdings nicht vor.
Paul sieht das Land nicht zuständig
Politiker von CDU und Grünen verweisen darauf, es sei auch ohne Notenblätter in den Kitas möglich, Kinderlieder einzustudieren. Das Thema werde in vielen Einrichtungen nicht als Problem wahrgenommen, das „unter den Nägeln“ brenne.
Die Landesregierung erklärte, der Abschluss von Rahmenverträgen mit der Gema falle in den Zuständigkeitsbereich der Träger. Eigene Vereinbarungen seien daher ein nicht zulässiger Eingriff in die Autonomie der Betreuungsanbieter. Die bestehenden Regeln ließen „ausreichenden Spielraum“ für die Musikerziehung.
Das Lied „Stups, der kleine Osterhase“ wurde 1981 veröffentlicht. Es gehört zu den bekanntesten Liedern von Rolf Zuckowski, der am 12. Mai 77 Jahre alt wird. Nach Berechnungen der SPD würde ein Rahmenvertrag das Land pro Jahr 700.000 Euro kosten. „Das sollte der Familienministerin der Spaß der Kita-Kinder am Singen wert sein“, sagt Vater Björn Schmitz. Es können nicht sein, dass die „Jüngsten die Untätigkeit der Ministerin ausbaden“ müssten: Die „Ausflüchte“ zeigten exemplarisch, wie weit die Landesregierung von den konkreten Problemen im Kita-Alltag entfernt sei.