Immerhin kein Totalausfall, aber viele Systeme funktionieren nicht, was den Juristen zu schaffen macht.
Probleme im RechenzentrumStromausfall lähmt NRW-Justiz
Die Nachricht verhieß nichts Gutes: Per Mail teilte der zentrale IT-Dienstleister der Justiz (ITD) den Staatsanwälten und Gerichten in NRW am Freitagmorgen mit, dass es eine Störung im Geschäftsbetrieb des Landes gebe. Dauer nicht absehbar. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, ging das gesamte Justizwesen zwischen Rhein und Weser offline. Die digitale Rechtspflege stand still, die PCs waren in allen Justizbehörden nicht mehr nutzbar. Keine Mails, kein Netz. Das Gros der 42.000 Justizmitarbeiter in NRW war massiv eingeschränkt, selbst das Landesjustizministerium soll betroffen sein.
Laut Philipp Prietze, Sprecher des Oberlandesgerichts Köln, in dem der landesweite IT-Dienstleister angesiedelt ist, hängt der Vorfall mit einem nächtlichen Stromausfall im zentralen Rechenzentrum in Münster zusammen. Derzeit prüfe man, ob bei den Servern Schäden aufgetreten seien. „Danach wird das System wieder hochgefahren“, erklärte Prietze. Wie lange das dauert, sei noch unklar.
2016 hatte die damalige rot-grüne Landesregierung das Rechenzentrum in Betrieb genommen. Der Justizstaatssekretär Karl-Heinz Krems (SPD) gab seinerzeit den Startschuss für die technische Zentralisierung der Informationstechnik bei Gerichten und Staatsanwaltschaften. „Die Justiz ist auf dem Weg in das digitale Zeitalter“, sagte Krems damals: „Das justizeigene Rechenzentrum ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Einführung einer durchgehenden elektronischen Aktenbearbeitung bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften.“
Ab 2026 sollen Strafverfolgungsbehörden nur noch mit der E-Akte arbeiten
Offenbar hat man seither die Folgen einer digitalen Zentralisierung nicht vollständig durchdacht. Durch einen simplen Stromausfall liegt der Justizapparat im bevölkerungsreichsten Bundesland lahm. Nach Recherchen dieser Zeitung bei zahlreichen Behörden zeigte sich: Es ging nicht viel. Ulrich Bremer, Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft, bestätigte, „dass die Arbeitsabläufe stark eingeschränkt sind“. In Düsseldorf, Bielefeld, Essen und Duisburg sieht es ähnlich aus. „Wir sind wieder zurück in der Steinzeit“, kommentierte ein Justiz-Angestellter, der nicht genannt werden möchte.
Einen Totalausfall gab es nicht, in den großen Landesgerichten Köln und Düsseldorf fielen auch keine Sitzungen aus. „Ansonsten aber ist der Geschäftsbetrieb schwer eingeschränkt“, hieß es. Das Oberverwaltungsgericht Münster beklagte eine „Großstörung“.
Von 2026 an sollen die Strafverfolgungsbehörden nur noch mit der sogenannten E-Akte arbeiten. Kein Papier mehr, die Vorgänge laufen nur noch per Mausklick ab.
„Wie soll das gehen, wenn ein simpler Stromausfall im zentralen Rechenzentrum die gesamte Justiz schachmatt setzt?“, sagte ein Staatsanwalt und fragte rhetorisch: „Wie kann es sein, dass ein simpler Stromausfall eine solch diffizile Schnittstelle im Justizverwaltungsapparat lahm legt? Gab es keine Notstromaggregate?“ Derzeit ist die Ursache für den Stromausfall noch unklar.