Die Leistungsfähigkeit der Behörden leidet unter Teilzeit. Und: 20.000 Stellen im öffentliche Dienst sind unbesetzt.
Teilzeit-Trend bei NRW-BeamtenWird der Staat ausgebremst, weil Mitarbeiter lieber zuhause bleiben?

Eine gute Work-Life-Balance ist vielen Arbeitnehmern sehr wichtig. Auch bei den Landesbediensteten in NRW nimmt der Trend zur Teilzeit zu.
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Rund 107.000 Landesbedienstete sind derzeit in Teilzeit tätig, zugleich sind 20.000 Stellen unbesetzt. Das geht aus einer Aufstellung von Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) hervor, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. „Der Trend zur Reduzierung des eigenen Arbeitsvolumens auf eine Teilzeittätigkeit ist ungebrochen“, sagt Ralf Witzel. Der personalpolitische Sprecher der FDP im Landtag sieht die schwarz-grüne NRW-Regierung in der Pflicht, die Funktionsfähigkeit des Landes durch „eine hinreichende Anzahl kluger und leistungsbereiter Köpfe“ sicherzustellen.
Ein funktionierender Staat stütze sich vor allem auf die Leistungsfähigkeit des Öffentlichen Dienstes, die von ausreichendem Personal abhängig sei, argumentiert Witzel. Unbesetzte Stellen würde es „gar nicht oder bei weitem weniger“ in der aktuellen Größenordnung geben, wenn weniger Bedienstete in Teilzeit arbeiteten. In vielen Bereichen seien ein Viertel bis ein Drittel der beim Land Beschäftigten nicht mehr in Vollzeit tätig. Wird der Staat ausbremst, weil viele Mitarbeiter lieber zuhause bleiben?
Teilzeitquote an Musikhochschule in Köln am höchsten
Das NRW-Finanzministerium hat auf Nachfrage der Liberalen eine Aufstellung vorgelegt. Demnach ist die Teilzeitquote landesweit an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln am höchsten, wo sie mit 55 Prozent die überwiegende Konstellation bildet. Das Ressort mit der insgesamt höchsten Teilzeitbeschäftigung ist der Schulbereich, wo 41,5 Prozent der Lehrkräfte keiner Vollzeittätigkeit nachgehen.

Ralf Witzel (FDP) macht Vorschläge für mehr Effizienz und Beschäftigung im öffentlichen Dienst und hat auch die Kinderbetreuung im Blick. Er sagt: „Behörden brauchen mehr Angebote an Betriebskitas, die auch immer häufiger private Arbeitgeber anbieten.“
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Angesichts des Lehrermangels drängte Schulministerin Dorothee Feller (CDU) darauf, die Genehmigungen für Teilzeit einzuschränken, wenn die Pädagogen keinen nachvollziehbaren Grund für die Abkehr vom vollen Arbeitsumfang angeben können. Der Vorstoß sorgte für herbe Kritik. Lehrergewerkschaften warnten davor, Feller mache den Lehrerberuf mit ihrem restriktiven Vorgehen unattraktiv.
Betriebskitas und Bürokratieabbau als Gegengift
Witzel warnte davor, in Bereichen mit Personalmangel dürfe eine Reduzierung der Arbeitszeit nicht aus einem Mangel an Betreuungsplätzen resultieren. „Behörden brauchen mehr Angebote an Betriebskitas, die auch immer häufiger private Arbeitgeber anbieten.“ Aber auch Bürokratieabbau, ein moderneres Arbeitsumfeld und eine bessere Unterstützung durch IT und KI könnten das Arbeitsangebot beim Staat verbessern. So könne das Land jahrelange Besetzungslücken schließen und mit insgesamt weniger Kräften auskommen.
Im öffentlichen Dienst von NRW arbeiten rund 330.000 Beschäftigte. Auch im Bereich der Justiz und Finanzämter fällt der Arbeitsausfall durch Teilzeit ins Gewicht, auch dort haben jeweils mehr als ein Viertel der Staatsdiener eine Stundenreduzierung. Am geringsten ist die Teilzeitquote in der Regierungszentrale von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und im NRW-Innenministerium von Herbert Reul (CDU). Dort sind jeweils nur rund 15 Prozent der Beschäftigten in Teilzeit beschäftigt.