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Veranstaltung zu drei Jahren Hanau in Düsseldorf„Es gibt Wege, Rassismus zu bekämpfen, ohne daran zu zerbrechen“

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Die Veranstalterinnen stehen auf der Bühne, Asmaa El Idrissi hält ein Mikrofon in der Hand. Hinter ihnen stehen weitere Künstler, die während des Events auftraten.

Asmahan Gamgami (vorne links) und Asmaa El Idrissi (vorne rechts) organisierten die Veranstaltung „EYDO: Empower Yourself, Du Opfer" in Düsseldorf.

Vor drei Jahren ermordete ein Rassist in Hanau neun Menschen mit Migrationshintergrund. Zum Jahrestag fand in Düsseldorf die bemerkenswerte Veranstaltung „Empower Yourself, Du Opfer“ statt.

Während vor dutzenden Karnevalskneipen im Rheinland Feiernde zur Nubbelverbrennung zusammenkommen, bleibt es am Dienstagabend still, als die Slam-Poetin Aylin Celik zum Mikrofon greift. Auf der Bühne der voll besetzen Zakk-Halle in Düsseldorf verliest sie die Namen der Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau vor drei Jahren.

„Während die einen Menschen Karneval feiern, trauern andere“, sagt Asmahan Gamgami. Zusammen mit der Verfassungs- und Antidiskriminierungsrechtlerin Asmaa El Idrissi hat sie deshalb anlässlich des dritten Jahrestags des Anschlags am Veilchendienstag ein Empowerment-Event in Düsseldorf organisiert unter dem Titel „EYDO – Empower Yourself, Du Opfer“.

„Wir wollten mit der Veranstaltung Menschen erreichen, die nicht der Mehrheitsgesellschaft angehören, die sich häufig fremd oder nur zu Gast fühlen“, sagt Gamgami. „Diesen Menschen wollten wir einen Raum geben, in dem sie mit vielen Menschen zusammen sind, die ihre Lebensrealität kennen. Wir wollten unterhalten, nachdenklich stimmen, aber auch inspirieren.“

Comedy-Acts, Musik und Gedichte

Ab 19 Uhr teilten sich deshalb Comedians, Poetry-Slammer, Musiker und Wissenschaftler die Bühne der alten Fabrikhalle in Düsseldorf. Sie erzählten von dem Glück und der Sehnsucht, die mit zwei Heimatländern einhergehen („Du hast zwei Kulturen, wie geil ist das denn?“), von Erzieherinnen, die Kinder mit nordafrikanischem Migrationshintergrund stets als Türken bezeichneten, von Polizeikontrollen, von Türstehern, die selbst bei Hip-Hop-Partys Menschen mit Migrationshintergrund den Eingang versperrten und von dem Willen, an all dem etwas zu ändern („Wir sind hier keine Gäste – wir sind ein Teil Deutschlands!“).

„Wir zeigen auf, dass es sehr viele Wege gibt, Rassismus zu bekämpfen, ohne daran zu zerbrechen“, sagt Asmahan Gamgami. Die Bewältigungsstrategien von Betroffenen seien vielfältig: Manche reagieren mit Humor, andere schreiben Gedichte, gehen in die Forschung. All diese Bewältigungsstrategien hätten auf der Bühne ihren Platz gefunden. „Wir wollen zeigen: Man kann etwas ändern, es gibt Wege und Hoffnung. Politisch, kulturell und wissenschaftlich“, sagt Gamgami.

Empowerment durch Repräsentation

Als in der zweiten Hälfte der Veranstaltung die Gäste für die Podiumsdiskussion auf die Bühne treten, repräsentieren sie genau diesen Veränderungswillen. Karim Fereidooni, Professor an der Uni Bochum, der sich auch ohne Gymnasialempfehlung zum Abitur durchkämpfte, berichtet von der diversitätssensiblen Ausbildung von Lehrkräften. Asmaa El Idrissi erzählte, wie sie einmal bis vor das Bundesverfassungsgericht zog, weil sie auch mit Kopftuch Richterin werden wollte. Der Wirtschaftspsychologe Mohamed El Boujaddaini erklärt, wieso er es heute nicht mehr akzeptiert, wenn Menschen ihn mit dem Vornamen ansprechen, um seine Nachnamen nicht aussprechen zu müssen und der Diversity-Manager Louis T. spricht darüber, wieso es auch einigen aktivistischen Initiativen an Intersektionalität mangelt.

Es sei ihnen wichtig gewesen, dass auf der Bühne Menschen stehen, mit denen sich die Personen im Zuschauerraum identifizieren können, so Gamgami. „Auch diese Repräsentation ist Empowerment“, sagt sie. „Manchmnal ist es schon empowerend, wenn man sich in einem Raum aufhält, in dem man selbst mal die Norm ist. Weil wir oft genug in Räumen sind, wo wir als anders wahrgenommen werden.“

Asmahan Gamgami zeigt sich nach der Veranstaltung zufrieden: Manche Besucherinnen und Besucher hätten sie angesprochen und angeboten, ihnen bei der Organisation eines solchen Events in einer anderen Großstadt zu helfen. „Das wird auf jeden Fall eine Veranstaltungsreihe“, sagt Gamgami.