Papst Franziskus hat der Ukraine den Mut zu Kapitulationsverhandlungen empfohlen. Biblisch ist das nicht.
Kommentar zur „weißen Flagge“Empfehlung von Papst Franziskus ist eine Kapitulationserklärung der Friedensethik
Es gibt den Moment, in dem Verwunderung in Entgeisterung umkippt, in Bestürzung oder in Fremdschämen. Die jüngste Interview-Empfehlung des Papstes an die Ukraine und deren Führung, sie möge angesichts einer drohenden Niederlage den Mut zur „weißen Flagge“ haben, ist so ein Moment.
„Schämt euch nicht, zu verhandeln“, fügte der Papst hinzu. Vielleicht ist es Franziskus, der den Mut bräuchte, aus der Uneindeutigkeit seiner Position herauszukommen, die seine Chefdiplomaten und er von Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine eingenommen haben.
Eine entschiedene, namentliche Verurteilung Wladimir Putins, des Kriegstreibers in Moskau, durch den Vatikan steht aus. Auf die unsäglichen Legitimierungsversuche des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill und seine nationalistischen Ausfälle reagierte Franziskus mit dem schnoddrigen, um nicht zu sagen läppischen Hinweis, das geistliche Oberhaupt der russischen Orthodoxie solle sich nicht als „Putins Messdiener“ aufführen.
Der Papst steht in einer pazifistischen Tradition
Das alles ist dem Ernst der Lage und der Dramatik des Kriegsgeschehens völlig unangemessen. Natürlich, der Papst steht in einer pazifistischen Tradition: Es war sein Vorgänger Johannes Paul II., der sich als Letzter und Einziger im Chor der Großen dieser Welt gegen den Irak-Krieg der US-geführten Koalition stellte, der auf Lügen basierte und dem Land alles andere als Frieden gebracht hat.
Die Lektion kann durchaus lauten: Hütet euch vor den Bellizisten! Glaubt nicht denen, die auf ihrer politischen Farbpalette nur Schwarz und Weiß haben! Aber es ist eine Kapitulationserklärung der (christlichen) Friedensethik, den Verteidigern in einem ungerechten Angriffskrieg etwas von der „weißen Fahne“ zu erzählen und dem Aggressor Carte blanche zu geben.
Biblisch ist das übrigens auch nicht. Zwar spricht Jesus in der Bergpredigt vom Gewaltverzicht, zugleich aber von denen, die „hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit“. Der Erfolg ungerechter Diktatoren mit ihrer Militärmaschinerie wird diesen Hunger gewiss nicht stillen.
Und im Johannes-Evangelium weiß Jesus sehr wohl um die Notwendigkeit des Einsatzes von Gewalt: Selbstverständlich würden seine Leute für seine Befreiung kämpfen, erklärt Jesus dem römischen Statthalter Pilatus. Wenn sein Königtum denn „von dieser Welt“ wäre. Genau mit dieser Welt aber haben Christen es heute zu tun. Auch der Papst. Mit Weltfremdheit verfehlt der Diener der Diener Christi seinen Job.