Dass große Erfolge bei den US-Verhandlungen mit Moskau bislang ausbleiben, verwundert nicht: Putin weiß, dass die Zeit auf seiner Seite ist.
Diktatfrieden drohtWarum Putin auf Zeit spielt und Trump die Ukraine zu verraten droht


US-Präsident Donald Trump (l.) und der russische Präsident Wladimir Putin (Archivbilder).
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Der russische Präsident Wladimir Putin weiß exakt, wie er seinem narzisstischen Amtskollegen in Washington Honig um den Bart schmieren kann: Der Ex-KGB-Agent hat ein Porträt von Donald Trump in Auftrag gegeben und es dessen Sondergesandten Steve Witkoff beim Besuch in Moskau übergeben. Witkoff – ein Großspender und alter Golf-Buddy von Trump – sagte, der US-Präsident sei von dem Kunstwerk „sichtlich gerührt“ gewesen.
Was für ein Kontrast: Von Kremlchef Putin, der den völkerrechtswidrigen Überfall auf das Nachbarland verantwortet, lässt Trump sich umschmeicheln. Wenn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dagegen mitten aus dem Krieg nach Washington reist, demütigen ihn der US-Präsident und sein Vize J.D. Vance vor laufenden Kameras.
Putins „Ja, aber“-Strategie
Bei den Verhandlungen mit Vertretern Russlands und der Ukraine in Riad gab es nach US-Angaben zwar Fortschritte bei der Sicherheit der Schifffahrt im Schwarzen Meer. Ein Durchbruch hin zum Etappenziel einer 30-tägigen Waffenruhe blieb aber aus. Das verwundert nicht, kann Moskau doch an einer schnellen Lösung kein Interesse haben – schließlich sind die russischen Truppen auf dem Schlachtfeld auf dem Vormarsch.
Putin spielt auf Zeit, und er baut auf bessere Beziehungen zu den USA unter Trump. So erklärt sich sein Verhandlungsmuster nach dem Motto „Ja, aber…“: Er gibt vermeintliche Zusagen, knüpft daran aber Bedingungen, die die Ukraine nicht erfüllen kann. Im Telefonat mit Trump in der vergangenen Woche forderte Putin nach Kreml-Angaben als Voraussetzung für eine 30-tägige Waffenruhe ein Ende der Mobilisierung und der Wiederbewaffnung der ukrainischen Streitkräfte. Für Fortschritte auf dem Weg zu einer politischen Lösung müsse die ausländische Unterstützung Kiews mit Militärhilfe und Geheimdienstinformationen stoppen, hieß es weiter.
Trump hat die Einheit des Westens mit dem Vorschlaghammer zertrümmert
Damit würde aber kein Frieden geschaffen, sondern die Niederlage der Ukraine besiegelt. Fraglich ist, ob Trump das kümmert. Er hatte im Wahlkampf versprochen, den Krieg binnen 24 Stunden zu beenden. Wenn auch niemand die Aussage des notorischen Großmauls geglaubt haben dürfte, so ist dem selbsternannten Dealmaker doch an einem schnellen Erfolg gelegen – beziehungsweise an einem schnellen Ergebnis, das er als Erfolg verkaufen kann.
Der Ukraine droht ein Diktatfrieden
Putin ist nie von seinen Maximalforderungen abgerückt. Was sich geändert hat: Die Bereitschaft der USA, über diese Forderungen zu verhandeln. Während Trump allerdings bislang mit leeren Händen dasteht, hat Putin ein Ziel bereits erreicht. Trump hat die Einheit des Westens mit dem Vorschlaghammer zertrümmert und den Paria im Kreml wieder hoffähig gemacht. Der Republikaner hat noch dazu jene Werte in die Tonne getreten, die vor seiner Chaos-Herrschaft die moralische Überlegenheit des Westens gegenüber Autokraten wie Putin ausgemacht haben.
Viele Ukrainer hatten vor Trumps Amtsantritt gehofft, dass er mit seinem unkonventionellen Stil Bewegung in den Konflikt bringen könnte. Nun erkennen sie mit Schrecken, dass Trump kein ehrlicher Makler ist – und dass ihnen unter seiner vorgeblichen Vermittlung ein Diktatfrieden droht. Die wahren Verbündeten der Ukraine, das ist inzwischen klar, sind die Europäer. Sie sind jetzt umso stärker gefragt, den EU-Beitrittskandidaten vor dem Untergang zu retten – auch wenn das einen gewaltigen Kraftakt bedeuten wird.