Russland soll laut Geheimdiensten einen Anschlag auf Rheinmetall-Chef Armin Papperger geplant haben.
Bedrohung gegen RüstungsindustrieRheinmetall-Mordplan empört Bundespolitiker
Berichte über einen von Russland geplanten Anschlag auf den Chef des Düsseldorfer Rüstungskonzerns Rheinmetall, Armin Papperger, haben im politischen Berlin Empörung und den Ruf nach Konsequenzen ausgelöst. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), sagte, die deutsche Antwort müsse „die Härte des demokratischen Rechtsstaates“ sein. Roths Kollege im Verteidigungsausschuss, Marcus Faber (FDP), brachte die Ausweisung russischer Diplomaten und internationale Haftbefehle gegen Drahtzieher ins Gespräch. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verlangte, dass sich die Europäer „bestmöglich schützen“ müssten.
Der Nachrichtensender CNN hatte gemeldet, dass US-Geheimdienste Pläne der russischen Regierung zur Ermordung Pappergers aufgedeckt hätten, die dann von deutschen Behörden vereitelt worden seien. Der Kreml wies die Vorwürfe zurück. Das Bundesinnenministerium wollte sich zu den Berichten nicht äußern. Generell sei Deutschland für alle Bedrohungen aus Russland gewappnet. Die Sicherheitsbehörden hätten in den vergangenen Monaten gezeigt, dass sie sehr aufmerksam seien, sagte ein Sprecher. So hätten sie Sabotageakte und „Sprengstoffanschläge auf deutsche Rüstungsinfrastruktur“ verhindert.
Verstärkter Personenschutz für Manager
Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ lagen die Hinweise aus den USA über ein geplantes Attentat auf Papperger in Deutschland schon Mitte Januar vor. Der Manager soll darauf bestanden haben, sein Arbeitspensum uneingeschränkt zu absolvieren, einschließlich wichtiger Dienstreisen. Er sei von da an mit größtem Einsatz geschützt worden. Bei einem Auftritt im Mai in Düsseldorf wurde Papperger von mehreren Polizisten in Zivil begleitet, vor der Tür standen Polizeiautos und Streifenbeamte. Die Behörden hätten „ein hohes Maß an Sicherheit um meine Person“ ermöglicht, sagte der 61-jährige Manager der „Financial Times“, nachdem der CNN-Bericht über das angebliche Komplott bekannt geworden war. Er fühle sich immer sicher und sei „ein sehr glücklicher Mann“.
Nach Angaben einer Sprecherin des NRW-Verfassungsschutzes nehmen die Sicherheitsbehörden wahr, dass feindliche Nachrichtendienste „deutlich robuster vorgehen als in der Vergangenheit, vor allem Russland“. Die Gefahr durch „Sabotage, Cyberangriffe oder staatsterroristische Aktionen“ habe sich erhöht. Diese richteten sich „nicht nur gegen staatliche Institutionen, sondern auch gegen kritische Infrastruktur, Privatwirtschaft und einzelne Personen“. Insbesondere NRW als Standort „einflussreicher politischer Stiftungen und Parteien, zahlreicher hervorragend vernetzter Universitäten sowie wichtiger Unternehmen der Rüstungsindustrie“ stehe im „besonderen Aufklärungsmodus“ russischer Agenten. Auf Anfrage wollten sich der Kölner Motorenbauer Deutz, der vor Kurzem den Ausbau seines Rüstungsgeschäfts bekanntgegeben hatte, nicht zu einer möglichen Bedrohungslage äußern.
„Neue Dimension“ der Bedrohung
In Sicherheitskreisen heißt es schon lange, russische Dienste stießen mit Spionage, Sabotage und Cyberangriffen „in eine neue Dimension“ vor. Hinzu kämen Versuche, durch Propaganda, Lügen und Desinformation Einfluss zu nehmen und Wut und Hass zu säen oder zu verstärken.
Im April wurden zwei mutmaßliche Saboteure in Bayern festgenommen. Die Deutschrussen sollen Militäranlagen ausgespäht haben – für mögliche Bombenanschläge. Ziel war es nach Überzeugung des Generalbundesanwalts, die deutsche Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland zu sabotieren. Die Verdächtigen sollen es unter anderem auf Einrichtungen der US-Armee in Grafenwöhr in der Oberpfalz abgesehen haben, wo die USA ukrainische Soldaten ausbilden.
Russland setzt vermehrt auch auf „Schläfer“
Der russische Geheimdienst setze überdies „weitere illegitime oder auch illegale Methoden und Mittel“ ein, um „von ihm als Gegner eingestufte und im Ausland lebende Personen zu überwachen oder verfolgen“, heißt es im aktuellen Verfassungsschutzbericht. Russland arbeite daran, den Aderlass in den Geheimdiensten zu kompensieren, der seit 2023 durch die Ausweisung von mehr als 200 russischen Spionen mit Diplomaten-Status entstanden war. Um sie zu ersetzen, schleust der Kreml laut Verfassungsschutz „reisende Führungsoffiziere mit falscher Identität“ nach Deutschland ein. Informanten, die als Agent angeworben werden, würden jeweils mit mindestens 400 000 Euro entlohnt.
Künftig werde Russland womöglich auch vermehrt auf „Schläfer“ setzen: „Personal, welches zum Schein einer regulären Beschäftigung außerhalb staatlicher Stellen nachgeht, tatsächlich aber für nachrichtendienstliche Zwecke vorgesehen ist.“ Auch internationale Organisationen könnten „zunehmend als Abdeckungsmöglichkeiten für russische Nachrichtendienstoffiziere genutzt werden“. (mit afp, dpa)