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Kriegswaffen für 11,71 Milliarden EuroAmpel-Regierung bricht Rüstungsexport-Rekord

Lesezeit 5 Minuten
Ein Mitarbeiter von Rheinmetall arbeitet an einem Panzer vom Typ Fuchs.

Über ein Drittel der genehmigten Ausfuhren von Waffen und Rüstungen ging in 2023 an die Ukraine.

Vor Jahren hatte sich die Ampel-Regierung vorgenommen, die Rüstungsexporte einzudämmen. Nun hat sie einen neuen Rekord aufgestellt.

Die Bundesregierung hat in diesem Jahr Rüstungsexporte für mindestens 11,71 Milliarden Euro genehmigt und damit einen neuen Rekord aufgestellt. Der bisherige Höchststand von 9,35 Milliarden Euro aus dem Jahr 2021 wurde bereits Mitte Dezember um 25 Prozent übertroffen. Im Vergleich zum Vorjahr betrug der Anstieg sogar 40 Prozent.

Mehr als ein Drittel der genehmigten Ausfuhren ging mit 4,15 Milliarden Euro an die Ukraine für den Abwehrkampf gegen die russischen Invasoren. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen vom Bündnis Sahra Wagenknecht hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Knapp 90 Prozent der deutschen Waffenexporte gehen an Nato-Staaten und andere Verbündete

Die Zahlen betreffen den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 12. Dezember 2023, in dem die Ampel die Ausfuhr von Kriegswaffen im Wert von 6,15 Milliarden Euro und von sonstigen Rüstungsgütern für 5,57 Milliarden Euro genehmigte. Knapp 90 Prozent entfallen auf Staaten der EU und der Nato, die Ukraine sowie auf Staaten, die bei der Rüstungsexportkontrolle genauso oder ähnlich wie Nato-Staaten behandelt werden - zum Beispiel Japan, Australien oder Südkorea.

Für sonstige sogenannte Drittländer wie zum Beispiel Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Saudi-Arabien gab die Bundesregierung Waffen und sonstige Rüstungsgüter für 1,76 Milliarden Euro aus deutscher Produktion frei.

Nouripour fordert Rüstungsexportgesetz

Grünen-Chef Omid Nouripour dringt auf eine baldige Ampel-Einigung auf ein Gesetz zur besseren Kontrolle von Waffenlieferungen. Die Steigerung der Ausfuhrgenehmigungen auf den neuen Höchststand nannte er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur „eine schlechte Nachricht, weil das auch was aussagt über die Lage der Welt“. Die von der Ampel-Regierung ursprünglich angestrebte Eindämmung der Ausfuhren von Waffen und anderen Rüstungsgütern sei vor allem wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht gelungen.

„Notwendig ist, dass wir jetzt vorankommen mit dem vereinbarten Rüstungsexportkontrollgesetz“, betonte der Grünen-Politiker. Er begrüßte, dass auch auf dem SPD-Parteitag Anfang Dezember eine „zügige Umsetzung“ dieses Vorhabens aus dem Koalitionsvertrag beschlossen worden sei. „Das korrespondiert sehr auch mit unserer Position. Ich hoffe, wir kommen schneller voran.“ Er gehe davon aus, dass das Gesetz im nächsten Jahr beschlossen wird.

Zeitenwende findet auch in der Rüstungsexportpolitik statt

Die Ampel-Regierung hatte sich in ihren Koalitionsverhandlungen auf Drängen von SPD und Grünen eigentlich vorgenommen, die Rüstungsexporte einzudämmen und dafür ein Kontrollgesetz auf den Weg zu bringen. Dann kam mit dem Ukraine-Krieg die Kehrtwende in der Rüstungspolitik. Das selbst auferlegte Verbot von Waffenlieferungen in einen laufenden Krieg wurde von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner „Zeitenwende“-Rede am 27. Februar 2022 einkassiert - ein Tabubruch.

Im ersten Kriegsjahr wurden Waffenlieferungen für 2,24 Milliarden Euro für die Ukraine genehmigt, darunter Flugabwehrsysteme und schwere Artillerie. In diesem Jahr kamen unter anderem Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 hinzu, die die Bundesregierung nach langem Zögern bereitstellte. Die Exporterlaubnisse für die Ukraine stiegen auf 4,15 Milliarden Euro.

Auch ohne Ukraine kam es zu Waffenexporten für mehr als sieben Milliarden Euro

Der hohe Gesamtwert ist aber nicht alleine darauf zurückzuführen. Auch ohne die Ukraine genehmigte die Bundesregierung Exporte im Wert von weit mehr als sieben Milliarden Euro. Zum Vergleich: In den 16 Regierungsjahren von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde die Sieben-Milliarden-Marke nur drei Mal überschritten.

In der Rangliste der wichtigsten Empfängerländer folgen hinter der Ukraine mit Norwegen (1,20 Milliarden Euro), Ungarn (1,03 Milliarden Euro), Großbritannien (654,9 Millionen Euro), USA (545,4 Millionen Euro) und Polen (327,9 Millionen Euro) fünf Nato-Staaten.

Rüstungsexporte nach Israel haben verzehnfacht

Auf Platz sieben steht Israel mit Lieferungen für 323,2 Millionen Euro - etwa zehn Mal so viel wie im gesamten Jahr 2022 mit 32 Millionen Euro. Der Großteil der mehr als 200 Einzelgenehmigungen für Israel wurde früheren Angaben des Ministeriums zufolge nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober erteilt. Es geht dabei insbesondere um Komponenten für die Luftabwehr und Kommunikationsausrüstung.

Unter den Top Ten ist neben Israel mit Südkorea (256,4 Millionen Euro) nur ein Land, das nicht der Nato angehört. In deutlich kleinerem Umfang wurden auch in diesem Jahr wieder Rüstungslieferungen in Staaten aus dem arabischen Raum erlaubt, darunter die Vereinigten Arabische Emirate (78,2 Millionen Euro bis zum 30. November), Ägypten (40,3 Millionen), Katar (15,1 Millionen) und Saudi-Arabien (13,3 Millionen).

Das geht aus einer weiteren Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage Dagdelens hervor. Exporte an diese Länder sind vor allem wegen der Menschenrechtslage dort und der Verwicklung in regionale Konflikte umstritten.

Kiesewetter will Eurofighter für Saudi-Arabien

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter fordert die Bundesregierung auf, ihre Blockade der Lieferung von Eurofighter-Kampfjets nach Saudi-Arabien aufzugeben.

Ein solcher Kurswechsel sei notwendig, „auch um zu verhindern, dass Saudi-Arabien aus dem westlichen Lager abdriftet und sich beispielsweise China anschließt“, sagte Kiesewetter der Deutschen Presse-Agentur. Der neue Rekord bei den deutschen Rüstungsexporten in diesem Jahr sollte als Ansporn für eine stärker an den sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands ausgerichtete Rüstungspolitik gesehen werden.

SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner hingegen bekräftigt seine Forderung nach einem Lieferstopp an Diktaturen. „Ich glaube, dass wir immer noch gut beraten wären, keine Waffen in Krisengebiete und Diktaturen zu liefern“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Bei Krisengebieten könne es allerdings Ausnahmen wie im Fall der von Russland angegriffenen Ukraine geben. Stegner kritisierte Rüstungsexporte an andere Drittstaaten außerhalb von EU und Nato. „Insbesondere wenn dann Rüstungsexporte auch an Länder dabei sind, die jetzt nicht gerade zu den gefestigten Demokratien gehören.“

Dagdelen fordert bessere Bildung statt Waffenexporte

Die Außenpolitikerin Dagdelen kritisierte den Rüstungsexport-Rekord scharf. „Statt im Akkordbetrieb Rüstungsexporte in Kriegs- und Spannungsgebiete weltweit zu genehmigen und den sinnlosen Abnutzungskrieg in der Ukraine mit immer neuen Waffengeschenken zu befeuern, die von der Bevölkerung hier teuer bezahlt werden müssen, sollte die Ampel endlich anfangen, die notwendigen Investitionen in Infrastruktur und Bildung in Deutschland auf den Weg zu bringen“, sagte sie. (dpa)