Sachsen-AnhaltDie AfD jubelt über das Beben

André Poggenburg feierte mit Björn Höcke.
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- Die AfD kommt in Sachsen-Anhalt auf mehr als 20 Prozent.
- AfD-Spitzenkandidat André Poggenburg ist der neue starke Mann - auch im Landtag.
Magdeburg – André Poggenburg hat sich Verstärkung mitgebracht: Mit dem brandenburgischen AfD-Landtagsabgeordneten Andreas Kalbitz und Thüringens Partei- und Fraktionschef Björn Höcke posiert der AfD-Spitzenkandidat am späten Sonntagnachmittag vor dem Landtagsgebäude für ein Foto. Eigentlich hat er solche Unterstützung gar nicht nötig: Poggenburg ist der neue starke Mann, in seiner Partei, aber auch im Landtag. Über 20 Prozent aus dem Stand - das ist Platz zwei hinter der CDU. Das ist ein Erdbeben. Und ein neuer Rekord. Bisher war die AfD mit 12,2 Prozent und elf Sitzen in Brandenburg am stärksten.
AfD übertrifft sogar die eigene Prognose
Nun also Sachsen-Anhalt. Das Ergebnis der AfD übertrifft alle Prognosen, sogar die der Partei selbst, die immer von „20 plus x“ gesprochen hatte. „Wir sind nicht überrascht, aber sehr dankbar“, kommentiert Poggenburg das Ergebnis, bevor er im Landtag von TV-Studio zu TV-Studio eilt. Für ihn ist der Einzug in den Landtag die Krönung einer beispiellosen Parteikarriere. Erst im Herbst 2013 tritt er der AfD bei, er baut den Kreisverband Burgenlandkreis mit auf. Im Juni 2014 wird er Landesvorsitzender, der vierte in knapp drei Jahren.
Der Landeschef ist kein großer Redner, er wirkt zuweilen unbedarft. Doch die Partei hat er fest im Griff - und auf einen strammen Rechtskurs geführt. Fast ein Jahr ist es her, da verabschiedete ein Parteitag in der Altmark mit großer Mehrheit ein nationalkonservatives Positionspapier mit dem Titel „Erfurter Resolution“. Initiiert worden war es von Poggenburg und Höcke. Beide gelten als enge Verbündete. In dem Papier heißt es, zahllose Mitglieder verstünden die AfD als „Widerstandsbewegung gegen die weitere Aushöhlung der Souveränität und der Identität Deutschlands“. Die Richtung ist klar: Heimat, Volk und Vaterland. Gestern Abend im Landtag betont Poggenburg, er stehe weiter zu dem Papier.
Jung, unerfahren aber nicht "dumm"
Nun wird sich zeigen, wie die AfD ihren Kurs im Landtag umsetzen kann. Die Partei ist jung, ihre Kandidaten - und künftigen Abgeordneten - sind so gut wie unbekannt. Politische Erfahrung haben die wenigsten, wenn, dann in Kommunalparlamenten. Daniel Roi stört das nicht. „Wir haben keine Politprofis“, räumt der Kreisvorsitzende aus Anhalt-Bitterfeld ein, das sei aber auch nicht nötig. „Das sind patente Leute aus der Mitte der Gesellschaft, die sind nicht dumm“.
Gegen diese „patenten Leute“ formiert sich am Abend spontan eine Demonstration auf dem Magdeburger Domplatz, unweit vom Landtag. Rund 100 Menschen demonstrieren friedlich für offene Grenzen, gegen Rechtspopulismus und die AfD. Doch die bekommt davon gar nichts mit. Spitzenmann Poggenburg zieht im Landtag immer noch von einem TV-Interview zum nächsten. Seine Anhänger feiern ihre Wahlparty derweil in einem Kongresszentrum weit weg von der Magdeburger Innenstadt.
Als bei der 18-Uhr-Prognose der AfD-Balken nach oben schießt, gibt es dort kein Halten mehr. „AfD! AfD AfD!“ schallt es durch die Halle. Sekunden später, noch im Jubel, sagt Frank Pasemann, Direktkandidat in Magdeburg, einen Satz, den viele Parteianhänger später am Abend wiederholen werden: „Die Politik in diesem Land wird sich verändern.“ Unfein, undemokratisch sei die Kampagne der „Altparteien“ und Medien in den Wochen vor der Wahl gewesen. Von der „Geburt einer neuen Volkspartei“ spricht Hartmut Heger, Parteisympathisant und persönlicher Freund von André Poggenburg.
Security versperrt die Eingänge
Auch junge Parteianhänger sind unter den rund 100 Gästen – auch Mitglieder der Identitären Bewegung Österreich, die von Experten als völkisch und klar rechts-orientiert eingestuft wird. Am Eingang des Kongresszentrums hat das rechte Compact-Magazin ein Fernsehstudio eingerichtet, Security-Männer versperren während der gesamten Zeit die Glas-Türen.
Dann tritt Björn Höcke auf die Bühne – und die Stimmung kocht. Der Thüringer Partei- und Fraktionschef ruft in den Raum: „Ich habe gesagt, das Gute wird siegen! Wir sind belächelt worden!“ Höcke schickt Gratulationen nach Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, auch dort erreicht die Partei jeweils mehr als zehn Prozent der Stimmen.