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„Bürgerkriegsähnliche Zustände“Attacken und Kugelbomben an Silvester – Harte Strafen gefordert

Lesezeit 3 Minuten
Polizisten werden in Leipzig im Stadtteil Connewitz mit Pyrotechnik beworfen. In der Neujahrsnacht kam es dort zu Ausschreitungen.

Polizisten werden in Leipzig im Stadtteil Connewitz mit Pyrotechnik beworfen. In der Neujahrsnacht kam es dort zu Ausschreitungen.

Attacken auf Einsatzkräfte, illegale Böller und Kugelbomben: Die Politik fordert Konsequenzen aus der Silvesternacht.

Nach Angriffen auf Polizei und Rettungskräfte in der Silvesternacht fordern Politiker Konsequenzen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser will die Täter mit „aller Härte“ bestrafen. Die Polizeigewerkschaft schlägt Alarm, man sei personell und rechtlich am Limit.

Die Debatte über politische Konsequenzen ist nicht neu – nach den Attacken an Silvester ist sie aber wieder neu entflammt. „An den allermeisten Orten in Deutschland haben wir einen friedlichen und fröhlichen Start ins neue Jahr erlebt“, so Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Zugleich verurteilte die SPD-Politikerin all jene, die den Einsatz von Polizei, Rettungsdiensten und Feuerwehren behindert hätten. Die Täter müssten mit aller Härte verfolgt und bestraft werden.

Attacken zu Silvester auch in Bonn und Köln

Am Bonner Hauptbahnhof schossen Jugendliche mit einer Silvesterrakete gezielt auf einen schlafenden Obdachlosen, wie die Polizei mitteilte. Der Mann habe einen Schock erlitten. Die Verdächtigen sollen die Attacke mit einem Handy gefilmt haben.

Auch in Köln wurden in der Silvesternacht mehrere Angriffe auf Rettungskräfte und Polizistinnen und Polizisten verübt. Drei Beamte wurden dabei durch Böllerwürfe verletzt. Zwei von ihnen seien nicht mehr dienstfähig gewesen. Weitere Vorfälle habe es in Böcklemünd und auf den Kölner Ringen gegeben.

37 Polizisten in Silvesternacht verletzt – allein in Berlin

In Berlin sind einer vorläufigen Bilanz der Innenverwaltung zufolge 37 Polizisten und eine Einsatzkraft der Feuerwehr verletzt worden. Zudem erlitt ein Polizist schwere Verletzungen, mutmaßlich durch einen illegalen Feuerwerkskörper.

In Hamburg wurden im Hochhausviertel Steilshoop Einsatzkräfte mit Feuerwerk beschossen. Verletzte gab es nicht.

Die Polizei in Kiel wurde nach eigenen Angaben von einer größeren Menschengruppe attackiert, als die Beamten den Einsatz eines Notarztes absichern wollten. Streifenwagen seien vor dem Notarzt eingetroffen und von etwa 70 bis 80 Menschen angegangen worden.

Silvesternacht: Bayerns Innenminister spricht von „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“

In München kam es unterdessen zu Ausschreitungen, an denen laut Polizeisprecherin zwischen 200 und 300 Personen aus dem linken Spektrum beteiligt waren. An der Wittelsbachbrücke, einem „Feier-Hotspot“ an der Isar, seien Beamte mit Feuerwerkskörpern und brennenden Gegenständen attackiert worden. Fünf Polizisten wurden dabei verletzt.

In der Silvesternacht sind in Erkrath gezielt Müllcontainer in Brand gesetzt worden. Die Feuerwehr rückte unter Polizeischutz aus, um sie zu löschen.

In der Silvesternacht sind in Erkrath gezielt Müllcontainer in Brand gesetzt worden. Die Feuerwehr rückte unter Polizeischutz aus, um sie zu löschen.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sprach von „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“. Mit Blick auf Vorkommnisse in Berlin sagte er, „wenn Menschen schwer verletzt und ganze Häuser durch Sprengkörper unbewohnbar gemacht werden, dann sind hier rote Linien weit überschritten“.

Schwere Schäden an Silvester durch Kugelbomben in Berlin

Durch illegale Feuerwerkskörper – mutmaßlich sogenannte Kugelbomben – entstanden in Berlin große Schäden, und etliche Menschen wurden teils schwer verletzt. Nach Angaben der Feuerwehr wurden im Stadtteil Schöneberg bei einer heftigen Detonation zahlreiche Häuserfassaden schwer beschädigt, Fenster gingen massenhaft zu Bruch.

36 Wohnungen seien nun vorerst unbewohnbar und zwei Menschen in Krankenhäuser gebracht worden, sagte ein Sprecher der Berliner Feuerwehr. Er sprach von einem „Schlachtfeld“, das der wohl nicht zugelassene Sprengkörper hinterlassen habe. Experten gehen von einer Kugelbombe aus, die wegen ihrer hohen Explosionskraft hierzulande nicht für den Allgemeingebrauch zugelassen ist.

Polizeigewerkschaft schlägt Alarm – Politik fordert Lösungen

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion Dirk Wiese sagte, es sei höchste Zeit, den Schutz von Einsatzkräften gesetzlich zu stärken. Ex-Justizminister Marco Buschmann von der FDP habe es versäumt, rechtzeitig für Fortschritt zu sorgen. Jetzt liege es an der Union, „hier ihre Blockadehaltung zu beenden und dem Gesetzesentwurf zum besseren Schutz für Hilfskräfte zuzustimmen“, so Wiese gegenüber der „Welt“.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bezeichnete es als bedenklich, „dass immer mehr Personal benötigt wird, um die Bevölkerung und Rettungskräfte zu beschützen“. Man sei am Limit der personellen und rechtlichen Möglichkeiten angelangt, so der Bundesvorsitzende Jochen Kopelke. (mit dpa/afp)