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Flugblatt-AffäreSöder stellt sich hinter Aiwanger, der nun zur „Tagesordnung“ zurückkehren will – heftige Kritik von Faeser

Lesezeit 3 Minuten
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, gibt nach dem Sonder-Koalitionsausschuss ein Statement zum Fall des stellvertretenden Ministerpräsidenten Aiwanger. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will am Sonntagvormittag kurzfristig eine Pressekonferenz geben.

Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, gibt nach dem Sonder-Koalitionsausschuss ein Statement zum Fall des stellvertretenden Ministerpräsidenten Aiwanger. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will am Sonntagvormittag kurzfristig eine Pressekonferenz geben.

Markus Söder hat sich nach den Auskünften Aiwangers in dem von ihm gestellten Fragenkatalog entschieden: Aiwanger darf weitermachen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will seinen Stellvertreter Hubert Aiwanger (Freie Wähler) trotz zahlreicher Vorwürfe in der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt aus Schulzeiten aktuell nicht entlassen.

Es gehe um schwere Vorwürfe, eine Entlassung wäre aber nicht verhältnismäßig, sagte Söder am Sonntagvormittag in München. Er habe genau abgewogen und nicht nur aufgrund von Medienberichten entscheiden wollen, sagte Söder. Am Samstagabend habe es ein langes, persönliches Gespräch gegeben, in dem Aiwanger mehrfach versichert habe, dass das Flugblatt nicht von ihm sei. Auch eine Sitzung des Koalitionsausschusses habe es gegeben.

Söder kritisiert Krisenmanagement von Aiwanger

Aiwanger hatte zuletzt einen umfangreichen Fragenkatalog Söders zu den Vorwürfen schriftlich beantworten müssen. Danach traf Söder nun – wie angekündigt – seine Entscheidung. CSU und Freie Wähler haben bisher stets erklärt, ihre Koalition nach der Wahl fortsetzen zu wollen.

Allerdings kritisierte Söder das Krisenmanagement Aiwangers in den vergangenen Tagen. Dieses sei „nicht sehr glücklich“ gewesen. Aiwanger hätte die Vorwürfe früher, entschlossener und umfassender aufklären müssen, so Söder. Aiwangers Entschuldigung sei „spät“, aber „nicht zu spät“ gekommen. Die Entschuldigung sei richtig und notwendig gewesen. Von Aiwanger forderte Söder nun, alles daran zu setzen, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und etwa Gespräche mit jüdischen Gemeinden zu suchen.

Nancy Faeser mit scharfer Kritik an Söders Entscheidung

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Entscheidung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), an seinem Stellvertreter Hubert Aiwanger (Freie Wähler) trotz der Flugblatt-Affäre festzuhalten, als Schaden für das Ansehen Deutschlands bezeichnet. „Herr Söder hat nicht aus Haltung und Verantwortung entschieden, sondern aus schlichtem Machtkalkül“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Der Umgang mit Antisemitismus dürfe keine taktische Frage sein, sagte Faeser und fügte hinzu: „Herr Aiwanger hat sich weder überzeugend entschuldigt noch die Vorwürfe überzeugend ausräumen können.“ Stattdessen erkläre er sich „auf unsägliche Weise“ selbst zum Opfer. Dabei denke er „keine Sekunde an diejenigen, die noch heute massiv unter Judenfeindlichkeit leiden. So verschieben sich Grenzen, die nicht verschoben werden dürfen.“ Faeser weiter: „Dass Herr Söder dies zulässt, schadet dem Ansehen unseres Landes.“

Aiwanger will zur „Tagesordnung“ übergehen

Hubert Aiwanger meldete sich am Sonntagmittag auf X zu Wort. Er sieht sich durch die Entscheidung Söders bestätigt und spricht weiterhin von einer Kampagne gegen ihn. Diese sei nun gescheitert.

„Wir müssen jetzt wieder zur Tagesordnung zurückkehren“, so Aiwanger.

Markus Söder steht trotz Vorwürfen zu Hubert Aiwanger

Gegen den Freie-Wähler-Chef waren seit einer Woche immer neue Vorwürfe laut geworden. Am Samstag vor einer Woche hatte er zunächst schriftlich zurückgewiesen, zu Schulzeiten ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet hatte. Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien „ein oder wenige Exemplare“ in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf erklärte Aiwangers älterer Bruder, das Pamphlet geschrieben zu haben.

Am Donnerstag entschuldigte sich Aiwanger erstmals öffentlich. In Bezug auf die Vorwürfe blieb er bei bisherigen Darstellungen - insbesondere, dass er das Flugblatt nicht verfasst habe und dass er sich nicht erinnern könne, als Schüler den Hitlergruß gezeigt zu haben. Auf X (ehemals Twitter) wies er zudem den Vorwurf, er habe Hitlers „Mein Kampf“ in der Schultasche gehabt, als „Unsinn“ zurück. Zu weiteren Vorwürfen äußerte er sich entweder nicht oder sagte, er könne diese aus seiner Erinnerung weder dementieren noch bestätigen.

Hubert Aiwanger beklagt politische Kampagne

Gleichzeitig ging der Freie-Wähler-Chef zum Gegenangriff über, beklagte eine politische Kampagne gegen ihn und seine Partei – was ihm sofort neue Vorwürfe etwa des Zentralrats der Juden einbrachte.

Dass Söder aktuell trotz alledem an Aiwanger festhält, dürfte insbesondere mit der unmittelbar bevorstehenden Landtagswahl am 8. Oktober zusammenhängen. Auch wenn CSU und Freie Wähler ihre Koalition fortsetzen wollen, hatte Söder zuletzt gesagt, Koalitionen hingen „nicht an einer einzigen Person“. „Es geht mit oder ohne eine Person im Staatsamt ganz genauso.“ Die Freien Wähler stehen jedoch fest zu ihrem Vorsitzenden. Bei Wahlkampfauftritten wird Aiwanger ungeachtet der Affäre teils kräftig gefeiert. (dpa)