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„Frauen sind kein Zeitgeist-Phänomen“Sollen Frauen Priesterinnen werden dürfen?

Lesezeit 5 Minuten
Priesterinnen

Papst Franziskus mit Nonnen bei einer Generalaudienz im Vatikan.

  1. Sollte die Kirche sich endlich für mehr Gleichberechtigung öffnen und Frauen auch zu Priesterinnen weihen?
  2. Oder handelt es sich dabei um eine Entscheidung, die die Kirche aus religiöser Sicht gar nicht treffen darf?
  3. Eine Autorin, ein Autor, zwei Meinungen – unser Streit der Woche

Die Weiheämter in der katholischen Kirche sind Männern vorbehalten. Ob diese Festlegung Papst Johannes Pauls II. aus dem Jahr 1994 eine „unfehlbare Lehre“ ist, ist unter Theologen umstritten.

Pro: Ausschluss der Frauen steht der christlichen Botschaft entgegen

Ja, Papst Johannes Paul II. hat bestimmt, dass Frauen nicht zu Priesterinnen geweiht werden können. Wer die „Frauenfrage“ damit aber als „ein für alle Mal entschieden“ erklärt, argumentiert lediglich mit der Autorität des Amtes und verweigert den Diskurs. Er verkennt, dass Kirche historisch gewachsen ist und sich wandeln muss, um lebendig zu bleiben. Aber es gibt Hoffnung. Auch die Entscheidung Papst Urbans VIII. (1623 bis 1644), dass die Sonne sich um die Erde drehe, wurde schließlich korrigiert. „Und sie bewegt sich doch“ – nicht nur die Erde, sondern auch die Kirche.

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Maria Mesrian, geb. 1974, ist Diplom-Theologin. Sie engagiert sich ehrenamtlich in einer Kölner Pfarrgemeinde und ist eine der Sprecherinnen der Initiative „Maria 2.0“ in Köln.

Frauen wird der Zugang zum Weiheamt mit der Begründung verwehrt, der Priester als Spender der Sakramente müsse für deren Wirksamkeit ein Mann sein, da auch Jesus ein Mann war. Diese Sicht reduziert Jesus auf seine Männlichkeit, sein biologisches Geschlecht – und verkennt den tiefen Sinn und das Geschenk der Menschwerdung Gottes.

Das Bild von Maria als der hingebungsvollen, dienenden Magd wird gerne benutzt, um Frauen von der gleichberechtigten Teilhabe auszuschließen. Marias Haltung hat aber viele Facetten und ist kein Freibrief für eine ungerechte Behandlung der Frau in der Kirche.

An dieser Frage entscheidet sich die Zukunftsfähigkeit der Kirche

Deren Auftrag ist es, den Schatz des Evangeliums immer wieder neu zu heben und zu verkünden. Also frage ich: Dient es der Verkündigung der Botschaft Jesu, dass Frauen vom Priesteramt ausgeschlossen sind? Ich bin vom Gegenteil überzeugt. Der Ausschluss steht der Verbreitung der christlichen Botschaft diametral entgegen. Nirgends in den Evangelien ist etwas von Diskriminierung zu finden. Auch die Urgemeinde orientierte sich an der Praxis Jesu einer gerechten Teilhabe aller Menschen: „Es gibt nicht mehr Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau, denn ihr alle seid eins in Christus“, schreibt Paulus an die Galater.

Als Frauen des 21. Jahrhunderts, 100 Jahre nach Einführung des allgemeinen Wahlrechts für Frauen in Deutschland, wollen wir nicht mehr die Selbstverständlichkeit begründen müssen, dass Frauen die gleichen Befähigungen wie Männer haben. Auch in ihrer Berufung zur Priesterin. Ihre Würde bekommen jeder Christ und jede Christin gleichermaßen in der Taufe zugesprochen.

Letztlich wird sich an dieser Frage die Zukunftsfähigkeit der Kirche entscheiden. Driften die diskriminierende Haltung der Kirche und die Lebenswirklichkeit der Menschen noch weiter auseinander, wird die Kirche bedeutungslos. Mehr als 200 000 Kirchenaustritte allein im Jahr 2018 sollten eine Alarmsignal sein. Ich möchte nicht, dass aus Starrsinn ein „entschiedener Rest“ übrig bleibt. Das hat die Botschaft Jesu in ihrer Weite und Einzigartigkeit nicht verdient.

Ungerechtigkeit abzuschaffen, ist auch keine Anpassung an den Zeitgeist. Frauen sind kein Zeitgeist-Phänomen. Gleichberechtigung ist es ebenso wenig. Gleichberechtigung ist das Gebot der Stunde. In der Krise der Kirche geht es um viel mehr als um die Frauenordination. Aber am Umgang mit dem Unrecht der Ungleichbehandlung wird sich zeigen, ob die Kirche das Herzstück ihrer Verkündigung ernst nimmt oder nicht. Ob sie eine Gemeinschaft ist, die Gerechtigkeit nicht nur predigt, sondern auch praktiziert.

Kontra: Die Kirche hat keine Vollmacht, Frauen zu weihen

Die Antwort auf die Frage nach dem Frauenpriestertum ist einfach: Auch in Zukunft steht das „den Männern vorbehaltene Priestertum“ nicht zur Diskussion. Dies hat der heilige Johannes Paul II. 1994 endgültig festgelegt, und Papst Franziskus hat es im Schreiben „Evangelii Gaudium“ bekräftigt. Dennoch verdienen auch alte Wahrheiten, neu erklärt zu werden. Vier Punkte gilt es dafür zu beachten.

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Benno Schwaderlapp, geb. 1991, ist Sprecher der „Initiative Pontifex“. Mit der Aktion „Maria 1.0“ hat sie sich dagegen gewandt, die Weiheämter in der katholischen Kirche Frauen zu öffnen.

Erstens sind Männer und Frauen nach Gottes Ebenbild geschaffen und haben daher den gleichen Wert. Ohne Katharina von Siena, Teresa von Avila oder Mutter Teresa wäre die Kirche undenkbar. Auch im 21. Jahrhundert ist das Engagement von Frauen in der Kirche und der Gesellschaft unverzichtbar. Die Kirche wird von allen Getauften, Männern und Frauen, Priestern und Laien getragen. Deshalb gibt es natürlich auch in der Kirche Raum für Reformen – etwa dahingehend, dass Frauen in der höheren Verwaltung des Vatikans oder der Bistümer mitarbeiten.

Zweitens führt die Koppelung der Priesterweihe an die Machtfrage in die Irre. Im Magnifikat heißt es: Gott stürzt die Mächtigen vom Thron. Die eigentliche Dimension des Priestertums ist der Dienst an Christus, der Kirche und den Menschen, nicht die Macht. Um seine Aufgabe wahrnehmen zu können, muss ein Priester oder ein Bischof nicht nur die Sakramente feiern, sondern auch bestimmte Entscheidungen treffen, Verantwortung wahrnehmen, seiner Lehrautorität nachkommen – in einem Wort: Macht ausüben.

Aber er tut dies nicht aus eigener Befähigung, sondern gestützt auf die Gnade Christi. Anders ist kaum erklärbar, warum ausgerechnet der Mann – Petrus – zum ersten Papst erwählt wird, der Jesus in der Not gleich drei Mal verleugnet und behauptet, ihn noch nie gesehen zu haben. Klar ist aber auch, dass gerade die Kirche sich immer neu an Christus orientieren soll und dass Machtmissbrauch jeder Art benannt, aufgedeckt und beseitigt werden muss.

Jesus berief zwölf Männer zu Aposteln

Zum dritten Punkt: Befürworter des Frauenpriestertums fordern, dass Änderungen „an der Zeit“ seien. Nur ist das Argument, dass die Kirche keine Vollmacht hat, Frauen zu weihen, nicht aus der Zeit gefallen, sondern im Gegenteil zeitlos. Als Katholiken glauben wir, dass Jesus vor gut 2000 Jahren in Bethlehem geboren wurde. Dennoch war der Gottessohn nie nur Kind seiner Zeit, sondern immer auch Kind der Ewigkeit. Jesus berief zwölf Männer zu Aposteln, weihte aber weder Maria, seine Mutter, noch Maria Magdalena, Martha, Elisabeth oder eine der anderen im Neuen Testament erwähnten Frauen. Hätte Jesus es anders gewollt, hätte er die Freiheit gehabt, anders zu handeln.

Viertens stellt der Glaube an Gott unsere menschlichen Ansichten auf den Kopf. Maria hat sicher nicht mit dem Erscheinen des Engels gerechnet, ist aber bereit, mit ihrem „mir geschehe nach Deinem Wort“ ihr ganzes Leben umzugestalten. Auch die Argumente gegen die Priesterweihe für Frauen ergeben vor allem aus dem Glauben gesehen Sinn. Menschen, die die lebendige Beziehung zu Christus, ja die Freundschaft zu Gott, in den Mittelpunkt stellen, werden nicht nur bereit sein, eigene Vorstellungen zu überdenken, sondern sie werden – ähnlich wie Maria – zum Einfallstor Gottes in die Welt.