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„Tagesthemen“„Gefährden Sie nicht die Energiewende?“ – Zamperoni stellt Habeck unangenehme Fragen

Lesezeit 4 Minuten
Ingo Zamperoni hat in den „Tagesthemen“ Robert Habeck interviewt.

Ingo Zamperoni hat in den „Tagesthemen“ Robert Habeck interviewt.

Robert Habeck lässt seinen Staatssekretär Patrick Graichen im Amt und muss sich dafür auch in den „Tagesthemen“ rechtfertigen.

Der Mittwoch war für Robert Habeck (Grüne) ein unangenehmer Tag. Der Bundeswirtschaftsminister musste den Mitgliedern der Ausschüsse für Wirtschaft sowie Klimaschutz und Energie des Bundestags Rede und Antwort stehen – gemeinsam mit seinem umstrittenen Staatssekretär Patrick Graichen. Dieser war wegen seiner Personalpolitik in die Schusslinie geraten. Graichen hatte den Geschäftsführer-Posten der bundeseigenen Deutsche Energie-Agentur (Dena) an seinen Trauzeugen Michael Schäfer vergeben, dies aber nicht transparent gemacht.

Ergebnis der Ausschuss-Sitzung: Graichen bleibt im Amt, wie Habeck am Mittwoch verkündete. Dieser habe zwar einen Fehler gemacht, dennoch wolle der Minister an seinem wichtigen Mitarbeiter festhalten. Das Verfahren zur Personalauswahl soll neu aufgerollt werden, wie schon zuvor mitgeteilt worden war. Graichen selber trat nicht vor die Mikrofone der Presse, sondern entschuldigte und erklärte sich in einem langen Thread bei Twitter.

Robert Habeck geht Tilman Kuban an

Im Anschluss an die nicht öffentliche Sitzung gab es im Bundestag eine Aktuelle Stunde zur Personalpolitik im Wirtschaftsministerium. Hier hagelte es weiter Kritik der Opposition an Robert Habeck. CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte, der Ruhestand für Graichen „wäre die richtige Entscheidung gewesen“. So „müssen wir leider erneut über Habecks grüne Familienclique reden“. Es blieben viele Fragen offen, monierte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Julia Klöckner anschließend.

Habeck selbst beklagte die „wüste Debatte“ der jüngsten Zeit, das gesamte Ministerium sei beleidigt worden. Über dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sagte er, diese leisteten mehr für Deutschland als viele derer, die sie mit Angriffen überzögen.

Habeck wirkte bei der Bundestagssitzung aufgebracht. In einer Rede des CDU-Abgeordneten Tilman Kuban warf dieser dem Wirtschaftsminister Vetternwirtschaft vor und forderte erneut den Rücktritt Graichens – und das „schneller, als die Deutschen ihre Heizungen austauschen“. Habeck reagierte daraufhin erbost und folgte Kuban, als dieser in Richtung seines Platzes ging. Offenbar wollte er ihn zur Rede stellen, warum Kuban seine Äußerungen nicht zuvor in der Ausschuss-Sitzung getätigt habe.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) schritt ein und forderte Habeck und Kuban auf, sie sollten „ihr Duell nach draußen verlegen“ oder zumindest alle im Saal daran teilhaben lassen.

Ingo Zamperoni grillt Robert Habeck in den „Tagesthemen“

Am Abend wurde es dann nicht entspannter für Robert Habeck. Für die ARD-„Tagesthemen“ wurde er von Moderator Ingo Zamperoni interviewt. Das Gespräch war vor der Sendung aufgezeichnet worden. Habeck nannte die Affäre um Graichen „schwierig und herausfordernd“, aber man würde offen mit dem Problem umgehen. Zamperoni wollte wissen, ob der Grünen-Minister es sich politisch leisten könnte, an seinem Staatssekretär festzuhalten. Die Opposition werde nicht locker lassen. Habeck sagte, die Stellenbesetzung bei der Dena werde ja neu ausgeschrieben, insofern werde der Fehler korrigiert.

Er selbst sei „nicht bereit, Menschen zu opfern“, um der „Kampagne“ der Opposition nachzugeben. Deutschland befinde sich derzeit in einer politischen Auseinandersetzung, „wie wir in Zukunft Häuser warm bekommen wollen“, so Habeck. „Die Frage ist Öl und Gasheizung versus erneuerbare Wärme“. Die Opposition kämpfe für die Öl- und Gasheizungen und nutze dafür die umstrittene Personalie.

Zamperoni ließ nicht locker und meinte, Habeck habe Glaubwürdigkeit verloren. Er biete jetzt eine Angriffsfläche und so werde es auch schwierig, seine politischen Ziele umzusetzen. Das Nutzen dieser Angriffsfläche sei auch Teil des politischen Spiels. „Gefährden Sie nicht auch mit Ihrem Beharren auf Herrn Graichen die Energiewende?“, fragte der Journalist. Die Sache selber gebe eine Entlassung Graichens nicht her, antwortete Habeck. „Das strategische Argument, 'Mach es dir doch bequem und werde wieder beliebter und deswegen entlass' Leute' ist eine Art, die ich eigentlich nicht pflegen möchte“, so Habeck. Deswegen wolle er die Dinge trennen.

„Sie trennen es, Herr Habeck, aber die Opposition wird es nicht trennen!“ rief Zamperoni aus. Gerade bei den Grünen mit ihrem „ethisch-moralischen Anspruch“ sei das so. Habeck reagierte angefasst: „Was ist die Frage dahinter“, wollte er wissen. „Herr Habeck, das hatten wir doch schonmal“, lächelte Zamperoni. Ob er das nicht umgekehrt genauso der Opposition vorwerfen würden. Der Minister sagte, das sei eine „hypothetische Frage“, er sei nicht in der Opposition. Er erlebe „jetzt seit mehreren Wochen, dass mit einer Härte und fast Böswilligkeit Unterstellungen, Beleidigungen, teilweise Lügen verbreitet werden, um ein Ziel durchzusetzen, die Verhinderung der Dekarbonisierung des Klimaschutzes im Wärmebereich“, wehrte sich Habeck.

Er wolle dies von der Sachebene trennen. „Ob ich damit durchkomme, ob das erfolgreich sein wird, werden wir sehen“, so Habeck zum Abschluss des Gesprächs. (cme)