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Talkshow „Markus Lanz“Schonungslos indiskret

Lesezeit 2 Minuten

Nastassja Kinski in der Talkshow von Markus Lanz.

Als am Mittwochabend Nastassja Kinski, Tochter des bekannten Schauspielers und Exzentrikers Klaus Kinski, in Lanz‘ Talkshow Platz nahm, sollte vermeintlich über den berühmt-berüchtigten Tatort „Reifezeugnis“ gesprochen werden. Das dachte Nastassja Kinski zumindest. Doch nach kurzen einleitenden Sätzen zum Kult-Krimi und den Diskussionen, die nach dessen Ausstrahlung im Jahr 1977 entstanden, stellt Markus Lanz die entscheidende Frage: „Sie haben gerade gesagt, es ist mir wichtig, dass Klaus Kinski nicht nur der Vater oder die Überfigur ist, von der ich als Schauspielerin geprägt wurde. Warum ist Ihnen das wichtig?“ Das ist der Moment, in dem Nastassja Kinski in Tränen ausbricht. „Das ist ein doofer Moment jetzt vor allen Leuten“, sagt sie und räuspert sich fortan häufig. Sie habe nicht damit gerechnet, dass der Name ihres Vaters genannt würde. Eine zugegeben sehr naive Einstellung, zumal der Begriff „Klaus Kinski“ vorher schon vermehrt fiel – auch von ihrer Seite aus.

Doch damit nicht genug. Statt das Thema zu wechseln oder Kinskis Schauspielkollegin Judy Winter anzusprechen, bohrt Markus Lanz immer weiter nach. Wie Nastassja Kinski denn das Buch „Kindermund“ ihrer Schwester Pola Kinski aufgenommen hätte, in dem sie über sexuelle Übergriffe ihres Vaters in ihrer Kindheit erzählt. Was habe sie davon gewusst? Nastassja sei als Kind mit ihrer Mutter von ihrem Vater weggezogen. Wie habe sie diese Situation empfunden? Ob sie Angst vor den Wutausbrüchen ihres Vaters gehabt habe. Und ob Klaus Kinski wirklich so war oder ob es bloß eine Maske gewesen sei. Fragen über Fragen.

Nastassja Kinski kann mit dieser Situation sichtlich nicht umgehen. Verunsichert schaut sie immer wieder rüber zu Judy Winter, streicht sich die Haare aus dem Gesicht, nestelt an ihren Beinen. Muss das sein? Wenn Markus Lanz als vermeintlich einfühlsamer Moderator merkt, dass einer seiner Talkshowgäste überfordert ist, ja sogar in Tränen ausbricht, ist es doch an ihm, von dem Thema abzulenken. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, wieder den Tatort in den Fokus zu rücken, schließlich gab es genug darüber zu berichten. Was er zwischendurch auch durchaus machte. Jedoch nur, um später wieder Klaus Kinski zum thematisieren.

Seine Gäste vorzuführen, gehört sich nicht für einen Moderator. An seiner Feinfühligkeit und an seinem Taktgefühl muss er wohl noch feilen. Möglicherweise steht der ehemalig RTL-Moderator Markus Lanz dem Boulevard ja doch näher, als er sich selbst eingesteht.