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Schuldzuweisungen nach SchüssenIn der Hecke des Golfplatzes lauerte der Angreifer auf Donald Trump

Lesezeit 4 Minuten
15.09.2024, USA, West Palm Beach: Polizeibeamte leiten den Verkehr in der Nähe des Trump International Golf Club um.

Polizeibeamte leiten den Verkehr in der Nähe des Trump International Golf Club um, nachdem Sicherheitskräfte einen weiteren versuchten Anschlag auf den früheren US-Präsidenten Donald Trump vereitelt haben.

Donald Trump wird erneut Ziel eines Attentatsversuchs. Die politische Schuldzuweisung läuft auf vollen Touren.

Das dramatische Ereignis lag erst ein paar Stunden zurück, als sich Donald Trump mit einer Nachricht bei seinen Unterstützern meldete. „Macht Euch keine Sorgen“, schrieb der ehemalige US-Präsident: „Ich bin in Sicherheit und niemand wurde verletzt.“ Allerdings gebe es „Leute in dieser Welt, die alles tun, um uns zu stoppen“, rief der 78-Jährige zu Spenden auf.

Viele Amerikaner mögen ein makabres Deja-vu-Erlebnis verspürt haben: Erst vor neun Wochen war Trump bei einem Attentat während einer Kundgebung in Philadelphia am Ohr verletzt worden. Nun hat es am Sonntag einen neuen Anschlagversuch auf den umstrittenen Republikaner-Politiker gegeben – dieses Mal auf seinem Golfplatz in West Palm Beach in Florida. Doch dieses Mal konnte der Secret Service Schlimmeres verhindern, und der mutmaßliche Täter wurde gefasst.

Zweiter Angriff auf Trump wird Wahlkampf weiter aufheizen

Führende Demokraten verurteilten den Attentatsversuch sofort entschieden. Doch schon jetzt ist klar, dass der zweite Angriff auf das Leben eines der beiden Präsidentschaftskandidaten den ohnehin extrem polarisierten Wahlkampf noch weiter aufheizen wird. Nicht nur stellen sich die praktischen Fragen, wie der Schütze den Aufenthaltsort des Ex-Präsidenten erfahren und bis auf Schussweite von etwa 400 Metern an sein Zielobjekt herankommen konnte. Vertreter der Republikaner versuchen auch, einen politischen Hintergrund nachzuweisen und beschuldigen die Demokraten einer Mitschuld.

Dabei ist über die Motive des 58-jährigen Täters bislang kaum etwas bekannt. Nach Angaben der Polizei handelt es sich um Ryan Wesley Routh. Er soll früher als Dachdecker in North Carolina gelebt und in den vergangenen Jahren nach Hawaii gezogen sein. Ein Mann mit diesem Profil war in den sozialen Medien sehr aktiv. So schrieb er im Juni 2020 auf Twitter (heute „X“), dass er 2016 für Trump gestimmt habe, von diesem aber enttäuscht sei. Anfang 2024 ermunterte er die parteiinternen Trump-Herausforderer Nikki Haley und Vivek Ramaswamy, gemeinsam gegen Trump anzutreten. Im April warnte er vor den Gefahren für die Demokratie, was man als Unterstützung für Biden werten könnte.

Trump spielte mit einem Bekannten gerade eine Runde Golf

Hauptsächlich engagierte sich Routh auf diversen Onlineplattformen aber für die Ukraine. Er warb für die Unterstützung des von Russland überfallenen Landes und versuchte, Söldner zu rekrutieren. Allerdings werfen einige Äußerungen Zweifel an seines psychischen Verfassung auf. So lud er 2020 den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-Un nach Hawaii zum Urlaub ein und bot sich ihm als Vermittler mit Südkorea an. Im Juli 2023 schrieb er: „Ich habe Hunderte von der NATO trainierte Soldaten, die darum bitten, nach Haiti gehen zu können, um dort Frieden zu schaffen.“ Laut einem Bericht der New York Times war Routh 2002 bereits einmal festgenommen worden, nachdem er sich mit einem automatischem Gewehr verschanzt hatte.

Am Sonntagnachmittag gelang es diesem Mann nun, bedrohlich nahe an Trump heranzukommen. Dessen Golfplatz in Florida ist durch einen Zaun und eine dichte hohe Hecke von der Straße abgeschirmt. Trump spielte mit einem Bekannten gerade eine Runde, als ein Personenschützer des Secret Service gegen 1.30 Uhr US-Zeit einen Gewehrlauf im Gebüsch entdeckte. Es fielen mehrere Schüsse. Der Verdächtige floh mit einem schwarzen Nissan, konnte dank der Hilfe aufmerksamer Zeugen aber kurz darauf von der Polizei gestellt und festgenommen werden. Am Tatort hatte er ein Sturmgewehr vom Typ Ak-47 mit Zielfernrohr sowie zwei Rucksäcke mit Keramikplatten und eine Kompaktkamera zurückgelassen.

Republikaner versuchen, den Demokraten die Schuld zuzuschieben

Unklar ist, woher der Attentäter den Aufenthaltsort von Trump kannte. Anders als beim Amtsinhaber Joe Biden gibt es keinen öffentlich zugänglichen Kalender des Ex-Präsidenten, der im Wahlkampf kreuz und quer durchs Land reist. Durch die Vielzahl seiner Auftritte unter freiem Himmel und den Besuch von weitläufigen Golfplätzen in der Freizeit ist Trump schwer komplett zu schützen. Der Secret Service hatte seit dem Anschlag von Pennsylvania seine Vorsorgemaßnahmen schon deutlich verstärkt. Allerdings werden bislang die Golfplätze – anders als bei amtierenden Präsidenten – nicht hermetisch von außen abgeriegelt. Politiker beider Parteien plädieren nun dafür, solche Sicherheitslücken zu schließen.

Derweil versuchen die Republikaner, die Schuld für den Attentatsversuch den Demokraten zuzuschieben. Trumps Ex-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, warf Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris vor, ihre „radikale Sprache“ habe „dazu beigetragen, dass Trump zu einem Ziel von instabilen Personen wurde“. Trumps Medienberater Dan Scavino bepöbelte Harris, nachdem diese sich erleichtert über den unblutigen Ausgang des Anschlags gezeigt hatte: „Sie sind voller Scheiße. Ihre Rhetorik hat das ausgelöst, wieder!!!“ (rnd)