Beim CPAC-Treffen rechter Republikaner fabuliert der Ex-Präsident über einen Angriff auf das Brüsseler Hauptquartier und fordert eine Kürzung der Ukraine-Hilfen. Den Krieg will er dank seiner angeblich guten Kontakte zum russischen Machthaber Wladimir Putin in einem Tag beenden. Auch ansonsten ist die Rede des innerparteilichen Favoriten im Rennen um das Weiße Haus wild.
Wilde Rede bei CPAC-TreffenTrump fantasiert von russischem Angriff auf Nato-Hauptquartier
Als der Mann nach mehr als 100 Minuten endlich zum Schluss kommt, springen seine Fans im Saal von den Stühlen. Den Zuschauern zuhause vor dem Fernsehen aber brummt der Schädel.
Donald Trump will die Innenstädte der USA neu aufbauen und die Straßen nach Patrioten umbenennen. Er kündigt eine Geburtsprämie für einen neuen Baby-Boom an und fordert einen Pulitzerpreis für den ultrarechten Fox-News-Moderator Tucker Carlson. Er fantasiert über russische Panzer, die das Nato-Hauptquartier „mit einem Schuss“ in Schutt und Asche legen und sieht das eigene Land in der Hand von Marxisten und Verrückten. Aber zum Glück hat er den Durchblick: „Ich kann sehr einfach den Dritten Weltkrieg verhindern“.
Die Reden des Ex-Präsidenten haben selten einen roten Faden. Aber der Monolog, den er am Samstagabend bei der CPAC-Tagung der rechten Republikaner vom Stapel lässt, klingt selbst für seine Verhältnisse wild. „Die Menschen mögen es, wenn ich mich vom Manuskript entferne“, hat er gesagt: „Das ist etwas riskant, macht aber mehr Spaß.“ Spaß ist genau das, was seine Zuhörer haben wollen. Vor der Konferenzhalle werden T-Shirts von Joe Biden mit Hitler-Bärtchen verkauft.
Viertägige Freak-Show
Eine brave Veranstaltung war das jährliche CPAC-Treffen der amerikanischen Konservativen noch nie. Aber inzwischen hat sich die viertägige Veranstaltung zu einem Jahrmarkt für MAGA-Schlachtenbummler, Rechtsextreme und Verschwörungsideologen entwickelt, dessen Höhepunkt der Auftritt von Trump ist. Sein mutmaßlich aussichtsreichster innerparteilicher Herausforderer im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur, Ron DeSantis, ist genauso wenig gekommen wie Ex-Präsident Mike Pence oder Kevin McCarthy, der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, und Senats-Minderheitsführer Mitch McConnell. Immerhin hat am Vortag Trump-Herausforderin Nikki Haley gesprochen, aber sie bekam eher mageren Applaus.
In dem Konferenzzentrum vor den Toren Washingtons wird eine viertägige Freak-Show gegeben. Mit 62 Prozent landet Trump in einer Umfrage unter den Teilnehmern wenig überraschend klar auf dem ersten Platz beim Rennen ums Weiße Haus. „We want Trump“ (Wir wollen Trump) steht auf den Schildern, die das Publikum während der Rede in die Fernsehkameras streckt. Weiter hinten im Saal sind freilich viele Stuhlreihen leer.
Trump geht es hauptsächlich um sich selbst
Trumps Vortrag ist eine Mischung aus seinen rechten Evergreens, Seitenhieben gegen die traditionellen Republikaner, Pöbeleien über Joe Biden und Verneigungen vor dem russischen Machthaber Wladimir Putin. Die Rede beginnt mit dem apokalyptischen Gemälde eines Landes im Niedergang. „Sie sind hinter Euch her - und ich stehe ihnen nur im Weg“, formuliert der Redner dann seinen Leitgedanken.
Im Grunde aber geht es nur um Trump selber: Unter ihm standen die USA in Blüte, die äußeren Feinde hatten Respekt, die Wirtschaft florierte, und Nato-Regierungschefs schickten angeblich sofort Milliarden-Schecks, nachdem er ihnen drohte, sie bei einem feindlichen Angriff nicht mehr zu verteidigen. Je länger die Rede dauert, desto mehr verschwindet die Wirklichkeit hinter der narzisstischen Phantasie, in der dauernd irgendwelche Generäle ehrfürchtig „Yessss, Sir!“ zu ihm sagten.
Auftritt mit alarmierender Botschaft
Doch jenseits der üblichen Lügen birgt der Auftritt eine alarmierende Botschaft: Mehr noch als zu seiner Regierungszeit sieht Trump die Nato inzwischen als rein ökonomisches Zweckbündnis, und die anderen Partner sind für ihn Schmarotzer. Deren militärischen Schutz will er künftig an die Bedingung knüpfen, dass sie den USA Vorzugskonditionen im Handel einräumen. Das Geld für die Ukraine will er lieber zur Sicherung der eigenen Grenze mit Mexiko einsetzen. Den Ukraine-Krieg will Trump sofort beenden: „Das wird nicht länger als einen Tag dauern.“ Wie das passieren soll, verrät er nicht. Nur dass er mit Putin „sehr gut klargekommen“ sei, betont er mehrfach.
Seine Anhänger im Saal hören das gerne. Die von Russland überfallenen Ukrainern haben indes Anlass zur Sorge. Und viele Alliierten dürften sich fragen, wie das Bündnis mit einem Oberbefehlshaber Trump wohl aussähe. Mitten in einem mörderischen Krieg fabuliert dieser schließlich noch über das neue, aus Glas und Stahl errichtete Hauptquartier der Nato in Brüssel: „Das ist eines der längsten Gebäude, das ich je gesehen habe.“ Drei Milliarden Dollar habe die Nato dafür verpulvert. „Sie hätten stattdessen für 500 Millionen Dollar den großartigsten Bunker bauen sollen, denn es je gab“, kritisiert der Immobilienmogul.
Trump scheint nicht im Entferntesten zu spüren, wie bizarr seine Äußerungen inmitten eines Krieges sind. Vor seinem geistigen Auge sieht er dafür schon russische Panzer nach Belgien rollen: „Dann würde es keine 15 Minuten dauern, bis das Gebäude platt wäre.“ Hätte man auf ihn gehört, bestünde die Gefahr nicht: Er hätte 15 Zentimeter dicke Betonwände empfohlen, sagt der Mann, der ernsthaft in zwei Jahren ins Weiße Haus zurückkehren könnte. (rnd)