TschernobylUkraine wirft Russland Verschleppung von AKW-Mitarbeitern vor
Die ukrainische Führung wirft Russland vor, bis zu 170 Mitarbeiter des ehemaligen Kernkraftwerks Tschernobyl verschleppt zu haben. Die Russen hätten die Belegschaft des Kernkraftwerks fast einen Monat lang als Geiseln im Bombenschutzkeller des Gebäudes festgehalten und dann gewaltsam nach Russland gebracht, sagte der ukrainische Innenminister Denys Monastyrskyj dem US-Sender CNN. Dabei seien auch die meisten Wertgegenstände und Telefone der Ukrainer gestohlen worden. Von russischer Seite gab es bislang keine Reaktion. Die Angaben ließen sich zunächst nicht überprüfen.
Ukrainische Behörden warfen den Russen zudem vor, sie hätten das Langzeitarchiv des Kraftwerks zerstört sowie alle Büroräume beschädigt. Darunter sei auch ein modernes Labor im Wert von sechs Millionen Euro, teilte der Betreiber Enerhoatom mit.
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CNN berichtete darüber hinaus von hohen Strahlungswerten im so genannten „Roten Wald“, einer radioaktiven Sperrzone in der Nähe des Kernkraftwerks Tschernobyl, das 1986 bei einem schweren Atomunglück zerstört wurde. In den vergangenen Tagen hatte es mehrfach Berichte darüber gegeben, dass russische Soldaten in dem Wald Gräben ausgehoben haben und sich dabei angeblich selbst verstrahlt haben sollen.
Die staatliche Behörde für das Management der sogenannten Sperrzone rund um den Reaktor teilte mit, es sei zu früh für Schlussfolgerungen. Punktuelle Messungen zeigten jedoch signifikante Werte. Die Behörde betonte, ein Aufenthalt in der Gegend sei äußerst gefährlich.
Mitarbeiter in Sorge über verschwundene Kollegen
Mitarbeiter des ehemaligen ukrainischen Kernkraftwerks Tschernobyl sorgen sich um ihre mutmaßlich nach Russland verschleppten Kollegen. „Es bekümmert uns“, sagte Ingenieur Walerij Semjonow dem russischsprachigen Ableger des britischen Senders BBC. Kurz nach ihrem Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar hatten russische Truppen Tschernobyl besetzt. Um die Wartungsarbeiten an dem 1986 havarierten Atomkraftwerk kümmerte sich aber weiter ukrainisches Personal. „Wir mussten ständig mit ihnen verhandeln und unser Bestes geben, um sie nicht zu beleidigen, damit sie unserem Personal die Verwaltung des Objekts erlaubten“, sagte Ingenieur Semjonow in dem am Samstag veröffentlichten Interview.
Während der russischen Besatzung fiel zwischenzeitlich auch der Strom aus. Er habe damals heimlich Treibstoff von den russischen Soldaten gestohlen, um die Notstromgeneratoren am Laufen zu halten, erzählte der ukrainische Experte nun.
Noch heute lagern in Tschernobyl radioaktive Abfälle. In den vergangenen Tagen gab es mehrere Berichte, dass russische Soldaten in dem Wald Gräben ausgehoben haben und sich dabei angeblich selbst verstrahlt haben sollen. „Wir haben ihnen gesagt, dass sie das nicht tun sollten, dass es zu gefährlich ist - aber sie haben uns ignoriert“, sagte Semjonow der US-Zeitung „New York Times“. (rnd, dpa)