AboAbonnieren

„Schiere Dummheit ist erstaunlich“Russland rückt in Ostukraine vor – und erleidet angeblich „extreme“ Verluste

Lesezeit 3 Minuten
28.04.2023, Ukraine, Awdijiwka: Ein ukrainischer Soldat feuert eine Panzerfaust auf russische Stellungen an der Frontlinie in der Nähe von Awdijiwka, einer Stadt in der Region Donezk. Foto: Libkos/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Ein ukrainischer Soldat feuert eine Panzerfaust auf russische Stellungen an der Frontlinie in der Nähe von Awdijiwka, einer Stadt in der Region Donezk.

Im Schatten der Eskalation in Nahost hat Russland einen Vorstoß in der Ostukraine begonnen. Erfolgreich sind Putins Truppen offenbar nicht.

Die Ukraine hat schwere Kämpfe rund um die Stadt Awdijiwka in der Ostukraine gemeldet. „Den fünften Tag in Folge schon hat der Feind nicht aufgehört, Stellungen rund um die Stadt anzugreifen oder zu beschießen“, sagte der Bürgermeister Vitaly Barabasch am Samstag im ukrainischen Fernsehen. „Es ist sehr hitzig, sehr hitzig“, sagte Barabasch über die Kämpfe. Die russischen Soldaten würden versuchen, die Industriestadt zu umzingeln, sagte Barabasch am Samstag (14. Oktober) weiter. Moskau verlege zusätzliche Soldaten in die Gegend.

In der strategisch und symbolisch wichtigen Stadt Awdijiwka leben den Angaben zufolge derzeit noch rund 1600 Einwohner, vor Beginn des russischen Angriffskrieges waren es mehr als 30.000. Die Stadt liegt 13 Kilometer entfernt von Donezk, der „Hauptstadt“ der gleichnamigen von Russland kontrollierten ukrainischen Region.

US-Analysten sehen Rückschläge für Russland in Ostukraine

Laut Analysen des US-Thinktank „Institute for the Study of War“ (ISW) haben die russischen Streitkräfte in den letzten Tagen erhebliche Rückschläge bei ihren Offensivbemühungen rund um Awdijiwka erlitten. Auch der US-Amerikaner Ryan O’Leary, der seit Monaten als Freiwilliger für die Ukraine kämpft, schilderte russische Verluste.

„Die schiere Dummheit der russischen Aktionen in Awdijiiwka ist erstaunlich“, schrieb O’Leary im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter). „Ich habe noch nie einen solchen Mangel an Achtung gegenüber Soldaten gesehen“, führte der erfahrene US-Soldat aus. „Die russischen Verluste müssen extrem hoch sein, in den Tausenden – und das nach nur drei, vier Tagen Kampf“. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben derzeit nicht.

„Ich habe noch nie einen solchen Mangel an Achtung gegenüber Soldaten gesehen“

Die Gefechte dauerten allerdings auch am Samstag in der Region an: Wie die ukrainische Polizei erklärte, wurde ein Elfjähriger bei einem russischen Angriff im Dorf Bagatyr etwa 80 Kilometer westlich von Awdijiwka getötet. „Der Junge war erst vor zwei Tagen elf geworden“, erklärte die Polizei. Die 31-jährige Mutter und ein jüngerer Bruder des Elfjährigen seien verletzt ins Krankenhaus gebracht worden.

In Russland meldeten Behörden und Armee unterdessen den Abschuss zweier Kampfdrohnen über dem Schwarzen Meer im Ferienort Sotschi. Nach Angaben des Gouverneurs der Region Krasnodar, Alexej Kopajgorodskij, wurden die Drohnen am frühen Morgen abgeschossen, ohne dass es zu Schäden oder Opfern kam.

Russland meldet Abschuss von ukrainischen Kampfdrohnen

Die russische Arme erklärte, einen „terroristischen Angriff des Kiewer Regimes“ vereitelt zu haben. Die Luftabwehr habe zwei Drohnen „nahe der Küste der Region Krasnodar“ zerstört. Gouverneur Kopajgorodskij erklärte, der örtliche Flughafen laufe im normalen Betrieb. Russische Medien berichteten zur Zeit des Angriffs von Störungen.

Die Ukraine hat in den vergangenen Monaten einige Raketen auf russische Städte abgefeuert, Sotschi aber wurde weitestgehend verschont. Im vergangenen Monat meldete Russland ein großes Feuer in einem Treibstofflager nahe des Flughafens in Sotschi. Einige einflussreiche Medien berichteten, dass der Brand auf eine ukrainische Drohne zurückzuführen sei.

Kreml nutzt Vorstoß in Awdijiwka für Propaganda über Gegenoffensive

Die Gefechte um die Stadt Awdijiwka hatten sich derweil erst im Laufe der Woche intensiviert. Laut den US-Analysten des ISW nutzt Russland den Vorstoß der eigenen Streitkräfte in der Region auch für die Propaganda-Behauptung, die ukrainische Gegenoffensive sei vorüber.

Der russische UN-Botschafter Wassili Nebenzya behauptete am 13. Oktober, dass die ukrainischen Gegenoffensiven „formell beendet“ seien, weil die russischen Streitkräfte zu „aktiven Kampfeinsätzen entlang fast der gesamten Frontlinie“ übergegangen seien. Laut den US-Analysten trifft die Behauptung nicht zu. „Es ist höchst unwahrscheinlich, dass die Ukraine ihre laufende Gegenoffensive abgeschlossen hat“, hieß es von den Analysten. (mit dpa)