Auch Moskau meldet einen toten Reporter, angeblich nach Beschuss mit Streumunition. Der Kreml macht den Westen verantwortlich.
Moskau droht mit „Antwort“Reporter der Deutschen Welle mit russischer Streumunition beschossen
Ein Kameramann des Auslandssenders Deutsche Welle ist am Samstag in der Ukraine durch russische Streumunition verletzt worden. Ein Splitter aus der Streumunition habe den Mitarbeiter in der Nähe der Front bei der ostukrainischen Ortschaft Druschkiwka verletzt, er werde im Krankenhaus behandelt, seine Lage sei stabil, teilte die Deutsche Welle (DW) mit. DW-Korrespondent Mathias Bölinger und ein Sicherheitsbegleiter hätten den Angriff unverletzt überstanden, ein ukrainischer Soldat sei getötet worden.
Der Angriff ereignete sich den Angaben zufolge auf einem Truppenübungsplatz der ukrainischen Armee im Donbass, wo das DW-Team Dreharbeiten ausführte.
Deutsche Welle-Reporter kommen bei Dreharbeiten unter Beschuss mit russischer Streumunition
„Wir filmten Schießübungen der ukrainischen Armee, als wir plötzlich mehrere Explosionen hörten“, berichtete Bölinger. „Wir legten uns hin, weitere Explosionen folgten, wir sahen, dass es Verwundete gab. Später bestätigte die ukrainische Armee, dass wir mit Streumunition beschossen worden waren.“
DW-Intendant Peter Limbourg wünschte dem verletzten Kameramann Ievgen Shylko rasche Genesung. „Journalisten riskieren täglich ihr Leben, um über den russischen Angriffskrieg zu berichten – Ihnen gebührt mein größter Respekt und Dank“, erklärte Limbourg. „Trotz aller getroffener Sicherheitsvorkehrungen und weit entfernt von der russischen Front bleibt die Arbeit unserer Kollegen und Kolleginnen im Kriegsgebiet gefährlich.“
USA liefert Streumunition an die Ukraine: Debatte in Europa, Propaganda aus Moskau
Um die Lieferung von Streumunition aus US-Beständen an die Ukraine war zuletzt eine kontrovers geführte Debatte entbrannt. Russland setzt die von vielen Ländern geächtete Munition bereits seit Kriegsbeginn immer wieder in der Ukraine ein, Experten zufolge auch mehrmals gegen zivile Ziele.
Die Ukraine hat erst im Juli ebenfalls Streumunition erhalten – und setzt diese laut US-Angaben auch bereits ein. Die Lieferung sorgte für Kritik, da viele westliche Partner der Ukraine Streumunition ächten und sich in einem Vertrag dazu verpflichtet haben, auch andere Länder dazu zu animieren, die Munition in Zukunft nicht mehr zu verwenden.
Die auch als „Streubomben“ bekannte Munition besteht aus mehreren kleinen Sprengladungen, die über einem großen Gebiet verstreut zu Boden gehen. Da die Blindgänger-Rate bei dieser Munition als hoch gilt, kann von den Geschossen auch weit nach Kriegsende noch eine große Gefahr für Leib und Leben ausgehen, von der dann meist die Zivilbevölkerung betroffen ist. Deshalb haben sich über 100 Länder dazu verpflichtet, auf Streumunition zu verzichten, darunter auch Deutschland.
Russland hat Streumunition in der Ukraine gegen zivile Ziele eingesetzt
Dass die Ukraine nun ebenfalls die geächtete Munition einsetzt, nutzt Russland seit dem Bekanntwerden der US-Lieferung vermehrt für Propaganda. Bereits in mehreren Meldungen der staatlichen Nachrichtenagenturen wurde über den Einsatz der Munition berichtet.
Zuvor hatte der Kreml bereits damit gedroht, ebenfalls Streumunition einzusetzen, wenn die Ukraine diese nun erhalte – und damit offenbar zu verschleiern versucht, dass Russland die geächtete Waffe ohnehin bereits gegen die Ukraine einsetzt.
Am Samstag meldete Moskau dann, ein russischer Militärkorrespondent sei im Süden der Ukraine nach einem Angriff mit Streumunition getötet worden. „Durch Beschuss mit Streumunition vonseiten der ukrainischen Streitkräfte haben vier Journalisten unterschiedlich schwere Verletzungen erlitten“, teilte das russische Verteidigungsministerium mit.
Russischer Journalist laut Angaben des Kremls von Streumunition getötet
Der Korrespondent der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti, Rostislaw Schurawljow, erlag demnach auf dem Weg zum Feldlazarett seinen Verwundungen. Die Agentur bestätigte seinen Tod.
Neben Schurawljow seien noch ein Fotokorrespondent von Ria Nowosti und zwei Mitarbeiter der kremlnahen Tageszeitung „Iswestija“ getroffen worden, hieß es weiter. Die Gruppe soll im Raum Pjatychatky südlich von Saporischschja unter Feuer geraten sein. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht.
Bei dem Angriff handle es sich um ein „abscheuliches und vorsätzliches Verbrechen“, das von der Ukraine und ihren westlichen Unterstützern begangen worden sei, erklärte am Samstag das Außenministerium in Moskau. Es kündigte eine „Antwort“ auf diesen Angriff an. (mit afp/dpa)