Der russische Außenminister Sergej Lawrow bedient in einem Interview mit dem Trump-Vertrauten Tucker Carlson seine bewährte Kriegsrhetorik und spricht von „Oreschnik“ als Signal.
Interview mit Tucker CarlsonLawrow: „Wir hoffen, dass Oreschnik als Signal ernst genommen wurde“
Der frühere Fox-News-Moderator Tucker Carlson trifft in einem Interview auf der Plattform X auf den russischen Außenminister Sergeij Lawrow. Alleine das Setting sagt schon einiges aus. Das Gespräch bediente die Vermutung dann auch in bester Form.
Russland werde alle Mittel einsetzen, um eine Niederlage im Krieg gegen die Ukraine abzuwenden, war die Kernbotschaft von Lawrow. Die USA und ihre Verbündeten müssten verstehen, „dass wir bereit sind, jedes Mittel einzusetzen, damit ihnen nicht das gelingt, was sie als ‚strategische Niederlage Russlands‘ bezeichnen“, sagte Lawrow auf Englisch in dem auf der Plattform X veröffentlichten Interview des umstrittenen US-Journalisten Tucker Carlson.
„Sie kämpfen für den Erhalt der Hegemonie über die Welt in jedem Land, jeder Region, jedem Kontinent. Wir kämpfen für unsere legitimen Sicherheitsinteressen.“
Lawrow hoffe, dass die westlichen Länder Moskaus kürzliche Nutzung einer neuartigen Rakete in der Ukraine ernst genommen hätten: „Wir senden Signale, und wir hoffen, dass das letzte, vor ein paar Wochen, das Signal mit dem neuen Waffensystem namens Oreschnik, (...) ernst genommen wurde“.
Russland hatte vor zwei Wochen seine neue Hyperschallrakete Oreschnik auf die ukrainische Stadt Dnipro abgefeuert. Der russische Präsident Wladimir Putin drohte damit, die Waffe als Antwort auf die ukrainischen Angriffe auf russischem Territorium in der Hauptstadt Kiew einzusetzen.
Lawrow: Russland lasse die Situation nicht eskalieren
Lawrow beharrte nun darauf, dass Russland die Situation nicht eskalieren lassen und „jedes Missverständnis“ mit den USA und ihren Partnern vermeiden wolle. Er warnte zugleich, dass Moskau „weitere Botschaften senden“ werde, „wenn sie nicht die notwendigen Schlussfolgerungen“ ziehen. „Wir würden gerne normale Beziehungen zu all unseren Nachbarn haben, natürlich, aber generell zu allen Ländern und insbesondere zu einem großen Land wie den Vereinigten Staaten“, sagte Lawrow weiter. „Wir sehen keinen Grund, warum Russland und die USA nicht zum Wohle des Universums zusammenarbeiten sollten.“
Putin hatte erklärt, dass die Oreschnik-Rakete mit zehnfacher Schallgeschwindigkeit fliege und nicht abgefangen werden könne. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj bezeichnete den Angriff als „jüngsten Ausbruch russischen Wahnsinns“ und forderte angepasste Luftverteidigungssysteme, um der Bedrohung zu begegnen.
Offiziell befände sich Russland nicht im Krieg, doch manche würden den Zustand in der Ukraine als „hybriden Krieg“ bezeichnen, sagte Lawrow und fügte hinzu, er „würde es auch einen hybriden Krieg nennen“. Es sei offensichtlich, dass die Ukrainer ohne die „direkte“ militärische US-Beteiligung nicht das tun könnten, was sie mit modernen Waffen mit größerer Reichweite täten.
Tucker Carlson, ein Vertrauter Donald Trumps
Carlson, ein Vertrauter des designierten US-Präsidenten Donald Trump und ehemaliger Moderator des US-Nachrichtensenders Fox News, hatte im Februar bereits den russischen Präsidenten Wladimir Putin interviewt. Es war das erste Interview Putins mit einem westlichen Journalisten seit Beginn der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022. Darin stellte Carlson kaum harte Fragen und hörte dem Präsidenten über lange Strecken bei seinen Ausführungen und seiner Begründung für den Angriff auf die Ukraine zu.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte den Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar 2022 befohlen. Auf beiden Seiten sind seitdem Zehntausende, womöglich Hunderttausende Soldaten umgekommen. Genaue Zahlen sind nicht bekannt, weder die ukrainische noch die russische Armee wollen ihre Verluste offen einräumen.
Ein Ende des Kriegs ist nicht in Sicht. Unklar ist auch, wie der künftige US-Präsident Donald Trump mit dem Konflikt umgehen wird, wenn er am 20. Januar die Regierungsgeschäfte übernimmt. Er hat mehrfach angedeutet, die Unterstützung der USA für die Ukraine zurückzufahren.
Putin habe jüngst deutlich gemacht, „dass wir für jede Eventualität bereit sind. Aber wir bevorzugen eine friedliche Lösung durch Verhandlungen“, sagte Lawrow. Die westliche Auffassung, dass Russlands „rote Linien“ verschoben werden könnten, sei ein großer Fehler. Lawrow betonte, Russland wolle keinen Atomkrieg mit den USA und tue alles, um ihn zu verhindern. Die russische Militärdoktrin besage, dass es das Wichtigste sei, einen Atomkrieg zu vermeiden. (dpa, afp, tis)