Üblicherweise haben Schutzsuchende in Europa das Recht, Asyl zu beantragen. Doch Großbritannien will dieses Recht soweit wie möglich einschränken. Die radikalen Pläne stoßen auf Entsetzen.
Entsetzen über GesetzentwurfGroßbritannien legt radikale Pläne für verschärftes Asylrecht vor
Die britische Regierung hat radikale Pläne für ein verschärftes Asylrecht vorgestellt. Das Vorhaben werde „ein für alle Mal die Kontrolle über unsere Grenzen zurückgewinnen“, sagte Premierminister Rishi Sunak am Dienstag - das war ein Versprechen der Brexit-Befürworter vor dem Austritt aus der Europäischen Union gewesen. Zugleich räumte Innenministerin Suella Braverman ein, dass die Pläne das internationale Recht dehnen würden.
Der Gesetzentwurf untersagt es illegal eingereisten Migranten, Asyl zu beantragen. Wer abgeschoben wird, dürfte demnach weder erneut ins Vereinigte Königreich einreisen noch jemals die britische Staatsbürgerschaft beantragen. „Dieses neue Gesetz wird ein klares Signal aussenden, dass jeder, der illegal in dieses Land kommt, schnell wieder fortgeschafft wird“, schrieb Sunak in der Tageszeitung „The Sun“.
Außerdem sollen die Pläne die Inhaftierung von Migranten bis zur ihrer Abschiebung in ein als sicher eingestuftes Drittland erleichtern. Die Möglichkeit, Berufung gegen eine Abschiebung einzulegen, wird eingeschränkt. „Der Premierminister und ich haben unermüdlich gearbeitet, um sicherzustellen, dass wir ein funktionierendes Gesetz haben - wir haben die Grenzen des internationalen Rechts gedehnt, um diese Krise zu lösen“, schrieb Braverman in einem Beitrag in der Zeitung „Telegraph“.
Vor dem Unterhaus räumte Braverman am Dienstag ein, keine „endgültige“ Aussage dazu machen zu können, ob ihr Gesetzentwurf die britische Menschenrechtsgesetzgebung respektiere. Sie teilte mit, dass Gespräche Großbritanniens mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) angestoßen worden seien. Sie sei „zuversichtlich, dass der Gesetzesvorschlag mit internationalem Recht vereinbar ist“. Menschenrechtsgruppen und die Opposition nenden das Vorhaben „undurchführbar“ und werfen der Regierung vor, schutzbedürftige Flüchtlinge zu Sündenböcken zu machen.
„Wir fragen uns, wie man in Großbritannien Asyl beantragen können soll, wenn man vor Verfolgung oder Krieg flieht, wenn man aus Afghanistan oder Syrien flieht und um sein Leben fürchtet?“, sagte Christina Marriott vom Britischen Roten Kreuz dem Sender Sky News. Die britische Regierung steht durch eine Rekordzahl über den Ärmelkanal einreisender Migranten seit Monaten politisch unter Druck.
Allein im vergangenen Jahr waren fast 45.000 Migranten illegal über den Ärmelkanal von Frankreich nach England gelangt - im Vergleich zu fast 30.000 im Jahr 2021. Seit Jahren versucht London, die illegale und oft auch gefährliche Einreise über den Ärmelkanal zu unterbinden. Unter dem früheren Premierminister Boris Johnson hatte Großbritannien ein umstrittenes Abkommen mit dem ostafrikanischen Ruanda geschlossen, um Asylsuchende dorthin auszufliegen. Dies sollte Menschen davon abschrecken, die Überfahrt über den Ärmelkanal zu unternehmen.
Die Umsetzung des Abkommens mit Ruanda war bisher aber gescheitert. So wurde ein für Juni 2022 geplanter Flug mit Migranten in das ostafrikanische Land nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kurzfristig gestrichen. Im Dezember urteilte dann der Londoner High Court, die Abschiebungen nach Ruanda seien rechtmäßig - doch ist das Vorhaben weiter Gegenstand von Berufungsverfahren. (afp)