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Emotionaler Empfang in den USAFreigelassener US-Reporter trollt Putin zum Abschied mit einer Frage

Lesezeit 3 Minuten
Evan Gershkovich umarmt auf dem Flugfeld der Andrews Airforce Base seine Mutter Ella Milman. US-Präsident Joe Biden grinst im Hintergrund.

Evan Gershkovich umarmt auf dem Flugfeld der Andrews Airforce Base seine Mutter Ella Milman. US-Präsident Joe Biden grinst im Hintergrund.

Über eine Antwort des russischen Präsidenten war zunächst nichts bekannt. Die Begrüßungsszene mit Kamala Harris geht derweil viral.

Der im Rahmen eines Gefangenenaustausches aus Russland freigekommene US-Journalist Evan Gershkovich hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin einem Bericht zufolge kurz vor seiner Entlassung um ein Interview gebeten. Der 32-Jährige habe im Gefängnis ein offizielles Gnadengesuch an Putin ausfüllen müssen, berichtete das „Wall Street Journal“, für das Gershkovich arbeitet.

Das Formular habe auch ein leeres Feld für eigene Bemerkungen enthalten. Dieses habe Gershkovich nicht wie erwartet leer gelassen, sondern „in dem förmlichen Hochrussisch, das er sich in 16 Monaten Haft angeeignet hatte“ ausgefüllt.

Evan Gershkovich fragt Putin zum Abschied nach Interview

In der letzten Zeile habe er Putin dann einen Vorschlag gemacht: Wäre er nach seiner Freilassung bereit, sich für ein Interview zusammenzusetzen? Über eine Antwort des russischen Präsidenten war zunächst nichts bekannt. Der Russland-Korrespondent des „Wall Street Journal“ war Ende 2023 auf einer Reportage-Reise in Jekaterinburg am Ural vom russischen Geheimdienst FSB festgenommen worden.

Mitte Juli wurde er in einem umstrittenen Prozess wegen angeblicher Spionage zu 16 Jahren strenger Lagerhaft verurteilt. Das „Wall Street Journal“ wies die Anschuldigungen gegen Gershkovich zurück. Die US-Regierung forderte über Monate seine Freilassung.

Evan Gershkovich wurde zu 16 Jahren Straflager verurteilt

Am Donnerstag hatten Russland, Belarus und mehrere westliche Länder in einer beispiellosen Aktion unter Beteiligung des türkischen Geheimdienstes MIT auf dem Flughafen von Ankara insgesamt 26 Gefangene ausgetauscht.

02.08.2024, USA, San Antonio: Alsu Kurmasheva (Mitte l), Paul Whelan (M) und Evan Gershkovich (Mitte r) stehen mit Familienmitgliedern bei ihrer Ankunft auf dem Kelly Field, nachdem sie im Rahmen eines Gefangenenaustauschs von 24 Personen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten freigelassen wurden. Foto: Eric Gay/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Alsu Kurmasheva (Mitte l.), Paul Whelan (M.) und Evan Gershkovich (Mitte r.) stehen mit Familienmitgliedern bei ihrer Ankunft auf dem Kelly Field, nachdem sie im Rahmen eines Gefangenenaustauschs von 24 Personen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten freigelassen wurden.

Im Gegenzug für die Freilassung politischer Gefangener und Kremlkritiker ließen Deutschland, die USA und Partnerländer einen verurteilten Mörder und unter Spionageverdacht stehende Häftlinge aus Russland gehen.

Gefangenendeal mit Moskau: Emotionale Szenen auf dem Flugfeld

Gershkovich, der ehemalige US-Soldat Paul Whelan und die US-amerikanische Journalistin Alsu Kurmasheva kamen in der Nacht zu Freitag in den USA an, zuvor waren bereits 13 Personen in Köln gelandet. Nach der Landung der Rückkehrer kam es zu emotionalen Szenen auf der Andrews Airforce Base.

Noch auf dem Flugfeld herzte Gershkovich seine Angehörigen ausgiebig, nach dem er vom sichtlich gerührten US-Präsidenten an der Flugzeugtreppe begrüßt worden war.

Auch die amerikanische Vizepräsidentin Kamala Harris, die als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten gegen Donald Trump antreten wird, begrüßte den US-Journalisten, der dabei grinste und gestikulierte. Die Szene verbreitete sich daraufhin schnell in den sozialen Netzwerken.

Gershkovich nutzte die Gelegenheiten, um mit seinem ersten Statement auf die Lage der in Russland verbliebenen politischen Gefangenen hinzuweisen. „Ich denke, es wäre wichtig zu sehen, ob wir möglicherweise etwas für sie tun können. Darüber würde ich gerne in den nächsten Wochen und Monaten sprechen“, erklärte der Journalist.

Befreiter US-Soldat: Paul Whelan bekommt Anstecknadel von Joe Biden

Dem ehemaligen US-Soldaten Whelan, der ebenfalls in die Heimat zurückkehrte, übergab Biden seine Anstecknadel mit der US-Flagge zur Begrüßung. „Es ist schön nach Hause zu kommen“, sagte Whelan gegenüber Reportern. Realisiert habe er alles erst, als das Flugzeug über England geflogen sei. Nun wolle er sich von mehr als fünf Jahren „absoluten Unsinns“ der russischen Regierung erholen, erklärte Whelan.

Zuvor hatte der US-Präsident bereits im sozialen Netzwerk X ein Foto aus dem Flugzeug veröffentlicht, mit dem die befreiten Amerikaner nach Washington reisten – an Bord herrschte demnach ausgelassene Stimmung. (das/dpa)