Kaum war Kevin McCarthy abgewählt, brach der Machtkampf bei den Republikanern aus. Wer wird Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses?
Wer folgt auf McCarthy?Das sind die Anwärter auf den Chefposten im US-Kongress
Das Amt des Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses wird in den USA gerne als der schlimmste Job in Washington bezeichnet. Denn mit der Suche nach Mehrheiten in zersplitterten Fraktionen kann man es nie allen recht machen. Vor allem die knappe Mehrheit der Republikaner in der Kammer macht den Job schwierig. Dennoch bringt der Posten Prestige mit sich: Der oder die Vorsitzende kommt in der staatlichen Rangfolge an dritter Stelle nach dem Präsidenten und dessen Vize.
Für die Abstimmung im Repräsentantenhaus unter allen Abgeordneten hatte es bis Ende des Wochenendes noch keinen fixen Termin gegeben. Zur Vorbereitung planten die Republikaner laut „Washington Post“ ein geschlossenes vertrauliches Treffen der Parlamentarier am Montagabend (Ortszeit), ein Kandidatenforum am Dienstagnachmittag und eine interne Abstimmung Mittwochvormittag. Einige Republikaner haben direkt nach der historischen Abwahl von Kevin McCarthy vergangene Woche ihren Hut in den Ring geworfen. Anderen werden zumindest Ambitionen nachgesagt. Ein Überblick:
Vorsitz des US-Repräsentantenhauses: Trump könnte zeitweise übernehmen
Jim Jordan: Der 59 Jahre alte Getreue von Ex-Präsident Donald Trump aus Ohio gehört zum rechten Rand der Fraktion. Trotz Vorladung weigerte er sich, mit dem Ausschuss zur Untersuchung der Kapitol-Attacke vom 6. Januar 2021 zusammenarbeiten. Der Hardliner leitet mittlerweile den Justizausschuss, der sich mit Impeachment-Ermittlungen gegen US-Präsident Joe Biden beschäftigt. Jordans Aufstieg ist ein Zeichen dafür, wie sehr die Partei inzwischen von ihren extremen Rändern geprägt ist. Er war nach McCarthys Abwahl der Erste, der sich für den Posten ins Gespräch brachte. Trump selbst hat ihn bereits öffentlich unterstützt.
Steve Scalise: Der 58-Jährige war die bisherige republikanische Nummer zwei im US-Repräsentantenhaus. Der Abgeordnete aus Louisiana führt die Fraktion der Republikaner in der Kammer an. Aktuell ist er wegen Blutkrebs in Behandlung. Dennoch war er der Zweite, der nach McCarthys Abwahl ankündigte, ins Rennen um den Vorsitz einzusteigen. Scalise machte im Jahr 2002 mit einer Rede vor einer Gruppe weißer Rassisten Schlagzeilen, für die er sich später entschuldigte. Er hat ein klares Profil als Gegner von Abtreibungen und Rechten für sexuelle Minderheiten. Er gilt unter einigen Hardlinern der Partei aber trotzdem zu sehr als Teil des Washingtoner Establishments. Scalise war neben Jordan der einzige, der bis Montagvormittag öffentlich eine Kandidatur angekündigt hatte.
Donald Trump: Der Ex-Präsident kokettiert mit seinen Ambitionen für das Amt, hat sich aber noch nicht eindeutig festgelegt, ob er sich tatsächlich zur Wahl stellen lassen will – seine Unterstützung von Jordan deutet eher in eine andere Richtung. Trump sei von Vertretern der Partei gefragt worden, „für eine kurze Zeit“ zu übernehmen, sollte es keine Lösung geben, zitierte der Sender Fox News den Republikaner. Er soll auch darüber nachgedacht haben, das Kapitol zu besuchen - um seine Partei während der Suche nach einem geeigneten Kandidaten zu „vereinen“. Klar ist, dass der Präsidentschaftsbewerber im laufenden Wahlkampf maximale Aufmerksamkeit sucht.
Abgewählter Kevin McCarthy schließt Kandidatur nicht aus
Kevin McCarthy: In den Tagen nach seiner Abwahl war McCarthy deutlich: Er stehe nicht noch einmal für das Amt zur Verfügung, sagte er. Am Montag kam die vorsichtige Wende. In einer Radio-Talkshow sagte der 58-Jährige, dass er bereit stehe, falls die Abgeordneten es von ihm verlangten. Es brauche auch angesichts der Situation in Nahost schnell ein geeintes Auftreten, sagte McCarthy. Wie er die acht parteiinternen Abweichler umstimmen will, die für seine Absetzung sorgten, erklärte er nicht. Bei seiner Wahl im Januar hatte McCarthy 14 erfolglose Wahlgänge durchgehalten und erst im 15. Anlauf eine Mehrheit hinter sich bringen können.
Elise Stefanik: Die 39-Jährige aus dem US-Bundesstaat New York galt lange Zeit als junges Talent in ihrer Partei. Mittlerweile gehört sie der Parteiführung in ihrer Fraktion an. Nach ihrer Wahl in den Kongress im Jahr 2014 war sie damals mit 30 Jahren die jüngste Frau, die in die Parlamentskammer gewählt wurde. Einst zählte Stefanik zu den eher moderateren Mitgliedern der Partei. Das hat sich in den vergangenen Jahren komplett gewandelt. Stefanik tritt als glühende Trump-Anhängerin auf und vertritt offensiv dessen extreme Positionen.
Patrick McHenry: Der Abgeordnete hat nach McCarthys historischer Abwahl die Position des Interims-Vorsitzenden des Repräsentantenhauses übernommen. Der 47-Jährige sitzt bereits seit 2005 für den Bundesstaat North Carolina im Repräsentantenhaus. Besonders markant ist McHenrys Vorliebe für bunte Fliegen an seinem Hemdkragen. Er ist Vorsitzender des Finanzausschusses im Repräsentantenhaus. Nach der Wahlniederlage Trumps bei der Präsidentschaftswahl 2020 stimmte McHenry anders als viele seiner Parteikollegen nicht dafür, Wahlergebnisse in zwei Bundesstaaten zu kippen.