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Bewegung im MachtkampfMcCarthy zieht im zwölften Wahlgang Gegner auf seine Seite

Lesezeit 4 Minuten
Kevin McCarthy, Minderheitenführer des Repräsentantenhauses, spricht mit Journalisten während er zum Repräsentantenhaus geht.

Erstmals stimmten auch vereinzelt Gegner für McCarthy. Für den 57-Jährigen ist das ein Erfolg. Reichen tut es aber noch nicht.

Was hat McCarthy seinen parteiinternen Rebellen alles angeboten, damit diese für ihn stimmen? Darüber lässt sich nur spekulieren.

In dem historisch langen Machtkampf um das Spitzenamt im US-Parlament hat sich das Blatt für Kevin McCarthy gewendet. Der Republikaner schaffte es am Freitag, eine beachtliche Zahl seiner partinternen Gegner im zwölften Wahlgang auf seine Seite zu ziehen.

Zuvor war er bei mehr als zehn Wahlgängen gescheitert, weil ihm Rebellen vom rechten Rand die Gefolgschaft verwehrten. Dem 57-Jährigen fehlten nach der mündlichen Abstimmung zwar immer noch die erforderlichen Stimmen, um Vorsitzender des Repräsentantenhauses zu werden. Seine Beharrlichkeit könnte sich nun aber ausgezahlt haben.

McCarthy braucht die Stimmen seiner Parteikollegen

Es war nun das erste Mal in der mittlerweile vier Tage andauernden Abstimmung, dass einige seiner Gegner ihren Widerstand aufgaben. „Wir werden Fortschritte machen, wir werden Sie schockieren“, hatte McCarthy vor Beginn der Sitzung gesagt. Er hatte zuvor hinter den Kulissen mit den Rebellen verhandelt und offenbar neue weitgehende Zugeständnisse gemacht.

Der Republikaner war den radikalen Abgeordneten bereits zuvor weit entgegengekommen und hat sich auch erpressbar gemacht. Die Republikaner haben in der Kammer nur eine ganz knappe Mehrheit. Daher bräuchte McCarthy fast alle Stimmen seiner Parteikollegen, um auf den mächtigen Posten gewählt zu werden, der in der staatlichen Rangfolge in den USA auf Rang drei nach dem Präsidenten und dessen Vize folgt.

Gegner von McCarthy machen aus der Blockade eine Show

Die radikalen Parteirebellen, die in weiten Teilen glühende Anhänger des ehemaligen Präsidenten Donald Trump sind, fordern unter anderem die Änderung interner Verfahrensregeln im Kongress. Mit dieser Anpassung würde ihre Macht im Parlament gestärkt. „Vor allem aber scheinen McCarthys hartnäckigste Gegner darauf aus zu sein, ihn zu Fall zu bringen“, urteilte die „New York Times“.

Sie haben McCarthy in den vergangenen Tagen den Wahlsieg verwehrt und ihn damit öffentlich bloßgestellt. Viele von ihnen scheinen die Aufmerksamkeit zu genießen - sie tingeln durch die US-Talkshows und machen aus ihrer Blockadehaltung eine Show. Besonders bemerkenswert ist, dass Ex-Präsident Trump McCarthy unterstützt. Appelle seinerseits liefen allerdings bisher ins Leere. Das zeigt auch, wie zerrissen die republikanische Partei ist.

Kevin McCarthy: „Ich mag es, Geschichte zu schreiben“

Je länger sich der Machtkampf hinzieht, desto wahrscheinlicher ist es, dass McCarthy Unterstützung in den eigenen Reihen verliert. Dass der 57-Jährige Abgeordnete aus dem US-Bundesstaat Kalifornien es nun geschafft hat, Gegner auf seine Seite zu ziehen, dürfte die kritischen Stimmen vorerst besänftigen. Der republikanische Fraktionschef redete die interne Revolte gegen ihn immer wieder öffentlich klein und wies Vorwürfe zurück, dass ihn der Aufstand in den eigenen Reihen schwäche.

Mit Blick auf das historische Ausmaß des Dramas sagte er: „Ich mag es, Geschichte zu schreiben.“ Er halte schließlich auch schon den Rekord für die längste Rede im Repräsentantenhaus. Die aktuelle Abstimmung über den Spitzenposten gehört bereits jetzt zu den längsten in der US-Geschichte.

Seit dem 19. Jahrhundert haben die Abgeordneten im Repräsentantenhaus nicht mehr so viele Anläufe gebraucht, um einen neuen Vorsitzenden zu wählen wie derzeit. Mehr Wahlgänge gab es zuletzt nur 1859/1860. Damals wurde der Republikaner William Pennington erst im 44. Wahlgang zum Vorsitzenden der Kongresskammer gewählt. Das Prozedere dauerte damals mehrere Wochen.

Republiker übernahmen knappe Mehrheit

Das Repräsentantenhaus war am Dienstag zu seiner konstituierenden Sitzung nach der Parlamentswahl im November zusammengekommen. Die Republikaner übernahmen wieder die Kontrolle in der Kongresskammer, wenn auch nur mit ganz knapper Mehrheit. Doch anstatt ihre neue politische Stärke zu demonstrieren, stürzte die Partei die Kammer in Chaos und brachte die Arbeit des Parlaments zum Stillstand.

Denn bis der Vorsitz geklärt ist, geht im Repräsentantenhaus gar nichts: Die Kammer kann ihre Arbeit nicht aufnehmen. Nicht mal neue Abgeordnete können vereidigt werden. An gesetzgeberische Arbeit ist erst gar nicht zu denken. Die chaotischen Zustände in der US-amerikanischen Demokratie fallen ausgerechnet in eine Zeit, in der das Land an die beispiellose Attacke auf das US-Kapitol erinnert.

Der brutale Angriff auf den Parlamentssitz jährte sich am Freitag zum zweiten Mal. Anhänger Trumps hatten am 6. Januar 2021 gewaltsam das Kongressgebäude in der Hauptstadt Washington erstürmt. Dort war der Kongress damals zusammengekommen, um den Sieg des Demokraten Biden bei der Präsidentenwahl formal zu bestätigen. Trump hatte seine Anhänger zuvor bei einer Rede damit aufgewiegelt, er sei durch massiven Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden. Als Folge der Krawalle kamen fünf Menschen ums Leben. (dpa)