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Vorwahlen in South CarolinaBiden schaltet in Wahlkampf-Modus – Schwarze Wählerschaft ist enttäuscht

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Columbia, South Carolina: Joe Biden, bei einem Gottesdienst in der St. John Baptist Church.

Columbia, South Carolina: Joe Biden, bei einem Gottesdienst in der St. John Baptist Church.

Der US-Präsident geht auf Tuchfühlung in South Carolina – dort stehen in der kommenden Woche die ersten Vorwahlen der Demokraten an.

Es wirkt, als müsse der Redner erst ein bisschen Rost abschleifen. In gemessenem Tempo ist er zu dem hölzernen Rednerpult mit dem Präsidentenwappen geschritten, das seine Helfer kurz zuvor anstelle eines Plexiglasgestells auf die Bühne gewuchtet haben. Joe Biden beginnt mit der Begrüßung der Honoratioren, sein Vortrag ist nuschelig, und eine Anekdote über einen befreundeten Senator kann man kaum verstehen.

Erst nach einigen Minuten schaltet der 81-Jährige in den Wahlkampfmodus hoch: „Ihr seid der Grund, weshalb ich Präsident bin und Donald Trump ein geschlagener Ex-Präsident.“ Die Zuschauer jubeln.

Das Publikumslob ist keinesfalls übertrieben. Vor genau vier Jahren schien Bidens Bewerbung um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten schon gelaufen, als er in den Südstaat South Carolina reiste, um dort für sich zu werben. Aus den Vorwahlen in Iowa und New Hampshire war er als trauriger Dritter hervorgegangen. Er brauchte dringend einen Erfolg.

Tatsächlich bescherten ihm die zu zwei Dritteln schwarzen Demokraten-Wähler in South Carolina einen triumphalen Sieg. Es war die Kehrtwende in dem Rennen, das mit dem Einzug ins Weiße Haus endete.

US-Wahlen: Primaries in South Carolina

Auf einen ähnlichen Mobilisierungsschub hofft der von schlechten Umfragewerten geplagte Politiker auch am nächsten Samstag, wenn in South Carolina erneut die Primaries stattfinden. Es ist die erste Vorwahl der Demokraten, nachdem Biden die traditionelle Abfolge geändert hat.

Nach seiner Landung in Columbia legt er auf der Fahrt zu einem Spendendinner mit Südstaaten-Soulfood erst noch einen Stopp im Barber-Shop Regal Lounge ein. Dezent bittet der Secret Service den Friseur, das Messer beiseitezulegen, bevor der Präsident händeschüttelnd durch den Salon läuft und Small Talk mit den afroamerikanischen Kunden hat. Am folgenden Sonntag wird Biden in einer Baptistenkirche reden.

Joe Biden ist nach eigener Aussage „noch nicht fertig“

Doch die fernsehgerecht inszenierten Bilder können nicht darüber hinwegtäuschen: Bei den Vorwahlen muss Biden weniger die Konkurrenz seiner beiden Herausforderer – der esoterischen Buchautorin Marianne Williamson und des Kongressabgeordneten Dean Phillips – fürchten, als den mangelnden Enthusiasmus seiner Basis. Gefährlich ist vor allem die Enttäuschung der schwarzen Wählenden, von denen laut Umfragen inzwischen jeder Vierte für Donald Trump stimmen will – dreimal soviel wie 2020.

„Four more years!“, skandieren die Gäste beim Spendendinner. Doch der chancenlose Herausforderer Phillips, der nur im Vorprogramm sprechen darf, betätigt sich als Kassandra: „Ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, dass es nicht gut aussieht.“ Selbst der ebenso mächtige wie populäre schwarze Parlamentarier Jim Clyburn hat vor wenigen Tagen eingeräumt, dass er „sehr besorgt“ über die Wahlbeteiligung der Afroamerikaner sei.

Biden nutzt seine Rede zunächst zu einer längeren Erfolgsbilanz. Dann ruft er kämpferisch „Ich bin noch nicht fertig!“ in den Saal.

Die Außenpolitik ist offiziell kein Thema an diesem Abend. Trotzdem bekommt man eine Vorstellung davon, welche Risiken hier für Biden liegen. Dreimal wird der Präsident von Zwischenrufern unterbrochen, die einen Waffenstillstand in Gaza fordern und ihn der Mitverantwortung für einen „Völkermord“ bezichtigen. Die Störer werden schnell aus dem Raum gedrängt. Die massive Unzufriedenheit unter jüngeren Demokraten-Wähler mit Bidens israelfreundlicher Politik ist so einfach nicht aus der Welt zu schaffen.