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Verfassungsschutzpräsident Haldenwang„Kampf gegen Antisemitismus muss weitergehen“

Lesezeit 3 Minuten
Am 11. November sicherten Karnevalsgardisten symbolhaft die Kölner Synagoge in der Roonstraße.

Am 11. November sicherten Karnevalsgardisten symbolhaft die Kölner Synagoge in der Roonstraße.

Deutschlands oberster Verfassungsschützer fordert gesellschaftliches Engagement gegen Judenfeindlichkeit.

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, hat zu anhaltendem Engagement gegen den wachsenden Antisemitismus in Deutschland aufgerufen. „Der Kampf gegen Antisemitismus muss weiter fortgesetzt werden“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) im Anschluss an die jüngste Pressekonferenz zur Vorstellung eines Maßnahmenpakets gegen Rechtsextremismus.

„Alle Menschen sind dazu aufgerufen, sich daran in ihrem eigenen Umfeld zu beteiligen. Die Sicherheitsbehörden allein können dieses Gespenst nicht aus der Welt schaffen. Das muss überall dort passieren, wo Antisemitismus vorkommt – egal ob an Schulen, Universitäten oder in Sportvereinen. Überall, wo sich Antisemitismus zeigt, muss die Gesellschaft aufstehen und sagen: Da ist die rote Linie. Da ist Schluss“, so Haldenwang.

Haldenwang: „Beeindruckend, dass sich Millionen Menschen in Deutschland nicht mehr wegducken“

Der Verfassungsschützer fügte mit Blick auf den Terrorangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober hinzu, dieser sei insofern eine Zäsur gewesen, „als wir danach diese enorme Steigerung antisemitischer Straf- und Gewalttaten hatten. Das war Teil des Weckrufs für die schweigende Mehrheit dieser Gesellschaft, auf die Straße zu gehen und sich für die Demokratie insgesamt einzusetzen.“

Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV)

Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV).

Ein weiterer Teil des Weckrufs sei die Konferenz in Potsdam gewesen, bei der Rechtsextremisten über Pläne zur sogenannten „Remigration“ berieten. Der Verfassungsschutzpräsident betonte: „Es ist jedenfalls beeindruckend, dass sich Millionen Menschen in Deutschland nicht mehr wegducken, sondern ihre Position auf der Straße jetzt offen zeigen.“

Insbesondere die Freie Universität Berlin (FU) stand in letzter Zeit wegen antisemitischer Vorfälle im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Anfang Februar wurde der jüdische FU-Student Lahav Shapira von einem pro-palästinensischen Kommilitonen so schwer verprügelt, dass er mit Knochenbrüchen ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Die Tat fand zwar nicht an der Universität statt, steht aber mutmaßlich im Zusammenhang mit israelfeindlichen und teilweise antisemitischen Protestaktionen an der Hochschule.

Hochschulgesetz könnte verschärft werden

Bereits im Dezember vergangenen Jahres hatte das studentische „Palästinakomitee“ der FU gemeinsam mit pro-palästinensischen und linksradikalen Gruppen einen Hörsaal besetzt. Dabei kam es nicht nur zu antisemitischen Äußerungen, sondern auch zu einem Handgemenge mit jüdischen Studierenden, die den Hörsaal betreten und dort Plakate zum Gedenken an von der Hamas entführte israelische Geiseln aufhängen wollten. Teilnehmer der Hörsaalbesetzung versuchten, dies zu verhindern und bedrängten die jüdischen Studierenden, darunter auch den später angegriffenen Lahav Shapira.

Etwa eine Woche nach dem Angriff auf Shapira fand erneut eine antiisraelische Kundgebung vor der Mensa der FU statt. Aufgerufen hatte nicht nur das „Palästinakomitee“, sondern auch kommunistische Gruppen, darunter die Organisation „Young Struggle“, die vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet und als europäischer Jugendverband der türkischen „Marxistischen Leninistischen Kommunistischen Partei“ (MLKP) bezeichnet wird. Auf der Kundgebung wurde beklagt, dass die Universität im Dezember ihren Hörsaal von der Polizei räumen ließ und pro-palästinensische Studierende deshalb Repressionen ausgesetzt seien.

Der Berliner Senat will unterdessen das Berliner Hochschulgesetz verschärfen, um in Fällen wie dem Angriff auf Lahav Shapira die Möglichkeit zu schaffen, Täter zu exmatrikulieren. Bis 2021 war dies in Berlin möglich, nach einer Gesetzesänderung können die Berliner Hochschulen derzeit maximal ein dreimonatiges Hausverbot aussprechen.